Pete Hackett

Trevellian und die Organ-Mafia: Action Krimi


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löschen können.“

      „Langsam nimmt es einen Umfang an, Herrero“, knurrte der Arzt, „der die Polizei zwingt, der Sache auf den Grund zu gehen. Da nützt es auch nichts, dass ...“

      „Es gibt eben viele reiche Americanos, die kaputte Herzen, Nieren und Lungen haben. Wir leben doch gut davon. Und nach den Hungerleidern, die wir zu Organspendern machen, kräht kein Hahn. Sie kriegen es doch nicht mit der Angst, Doktor?“

      „Was heißt hier Angst? Sorgen werde ich mir wohl machen dürfen?“

      „Bleiben Sie nur schön bei der Stange. Sie stecken genauso tief drin wie wir.“

      „Ich weiß.“

      „Bueno. Also dann, bis zum nächsten Mal. Spielen Sie jetzt weiter den Engel der Armen und Entrechteten, Doktor.“

      Pepe Herrero verließ die Praxis.

      Von einer Telefonzelle aus rief er einen seiner Komplicen an. Er studierte die Liste der Kandidaten, die ihm der Arzt ausgehändigt hatte, während das Freizeichen tutete. Dann hatte er seinen Mann an der Strippe.

      „Pass auf, Paco. Der Name ist Benito LaVega. Er wohnt in der Barackensiedlung San Louise.“

      „Ich kenne das Elendsviertel. Alles klar. Wann?“

      „Am siebten.“

      „In Ordnung. Übergabe wie immer?“

      „Si.“

      6

      Benito LaVega lag in seiner Behausung auf einer alten, fleckigen Matratze, aus der an manchen Stellen ganze Büschel von Seegras quollen.

      Die Behausung war aus Brettern, Wellblech, zerrissenen Zeltplanen und Teerpappe inmitten der Obdachlosensiedlung errichtet. Ein Stall, in dem sich wahrscheinlich nicht einmal Ziegen und Schafe wohlgefühlt hätten.

      Benito döste vor sich hin. Das war sein Tagesablauf. Arbeit bekam er nirgends. Radio oder TV besaß er nicht. Für ein Hobby fehlte ihm das Geld. Also döste er.

      Als zwei Männer seine Hütte betraten, schreckte er hoch. Betroffen starrte er zu den beiden gutgekleideten Kerlen in die Höhe. Sie trugen schwarze Sonnenbrillen. Benitos Lider zuckten. Schließlich prägte nur noch Misstrauen seine eingefallenen Züge.

      Sie grinsten ihn an.

      Benito LaVega stemmte sich auf die Ellenbogen hoch. „Wer sind Sie, Señores?“

      „Bist du Benito LaVega?“, fragte der eine fast freundlich.

      Der Mann auf der Matratze nickte.

      „Gut, Benito. Du suchst einen Job. Wir haben einen. Kannst du einen Lastwagen fahren?“

      „Sicher.“

      „Prächtig. Du wirst bei uns Lastwagenfahrer. Fernverkehr. Das heißt, du wirst viel unterwegs sein und kaum noch nach Hause kommen.“

      „Nach Hause“, entrang es sich Benito LaVega verächtlich. Er rappelte sich auf die Beine. „Nennt ihr das ein Zuhause? Wenn ich Geld verdiene, kehre ich nie wieder hierher zurück.“

      „Du wirst Geld verdienen. Gutes Geld. Komm.“

      Er folgte ihnen zu einem Mitsubishi-Jeep. Ein dritter Mann erwartete sie. Er saß auf der Rückbank. Benito LaVega setzte sich neben ihn. Der Bursche nickte ihm freundlich zu.

      Benito LaVega blickte nicht mehr zurück.

      Er war sich sicher, dass er nie wieder hierher zurückkehren würde.

      Der Grund dafür aber war nicht der, den ihm die beiden freundlichen Kerle in den teuren Anzügen genannt hatten.

      Das allerdings ahnte Benito LaVega nicht.

      Sie fuhren mit ihm in die Stadt. Es ging durch verwinkelte Gassen, schließlich rollte der Jeep in einen Hinterhof. Das Gebäude, zu dem er gehörte, sah heruntergekommen und verwahrlost aus. Es war einstöckig, die Fenster waren zum Teil eingeschlagen und verdreckt.

      Benito LaVega schaute überrascht auf das abgewirtschaftete Haus. Nirgendwo sah er ein Firmenschild. In dem Hinterhof wuchs an den Mauern, die ihn eingrenzten, kniehoch das Unkraut. Das Gebäude machte den Eindruck, als sei es seit Jahren unbewohnt.

      „Was ist das? Das ist doch keine Firma.“ Die jähe Furcht kam wie ein Schwall eiskalten Wassers. „Heilige Jungfrau, ihr ...“

      Der Bursche neben ihm hatte plötzlich eine Pistole in der Faust. Die Kerle auf den Vordersitzen sprangen aus dem Jeep. Einer riss die Tür auf. „Aussteigen!“, tönte er barsch.

      „Was – wollt – ihr von mir?“, stammelte Benito.

      „Du hast wohl was an den Ohren“, grunzte der neben ihm auf dem Rücksitz und stieß ihn mit der Waffe an. „Raus mit dir!“

      Dem Burschen an der Tür ging es zu langsam. Er packte Benito am Arm und zerrte ihn brutal ins Freie. Benito stolperte und stürzte. Das Stöhnen, das sich in seiner Brust hochkämpfte, erstarb in der Kehle. Die Angst lähmte seinen Verstand.

      Aber instinktiv gehorchte er einem der ältesten Prinzipien der Menschheit – dem Selbsterhaltungstrieb. Er schnellte hoch, warf sich gegen einen der Kerle und brachte ihn zum Straucheln. Dem anderen, der ihn mit beiden Armen umklammern wollte, drosch er die Faust mitten ins Gesicht. Dann wirbelte er herum und floh in Richtung Einfahrt.

      Aber da sprang der mit der Pistole aus dem Fahrzeug. Er kam hinten um den Jeep herum, in dem Moment, als Benito den Wagen passierte. Der Kerl stellte Benito ein Bein. Benito hob regelrecht ab. Krachend landete er auf dem Bauch. Sein Gesicht knallte seitlich auf das Pflaster. Ein Stöhnen brach sich Bahn aus seinem weit aufgerissenen Mund.

      Im nächsten Moment umringten ihn seine Kidnapper. Er bekam einen schmerzhaften Tritt in die Seite. Es war jener Bursche, dem er die Faust ins Gesicht schlug und der aus der Nase blutete. Der andere riss ihn zurück. „Hör auf!“ zischte er. „Er muss unversehrt sein.“

      Der mit der blutenden Nase beruhigte sich. Mit dem Handrücken wischte er sich das Blut ab. „Dreckiger Bastard“, knirschte er zwischen den Zähnen.

      Sie zerrten Benito auf die Beine und bugsierten ihn zwischen sich her zum Haus. Die Haustür war zerkratzt, der Lack blätterte von ihr ab, das Holz zeigte Moderflecken. Einer hatte einen Schlüssel. Benito wurde ins Obergeschoss dirigiert und in einen kleinen, fensterlosen Raum mit einer Entlüftungsanlage gestoßen, die wohl längst außer Betrieb war. Die Luft hier war muffig und roch nach Fäulnis. Ein Rohrstumpf, der aus dem Boden ragte und ein verschraubter Wasseranschluss in der Wand zeugten davon, dass sich in diesem winzigen Raum früher einmal eine Toilette befunden hatte.

      Sie fesselten Benitos Hände und Füße und knebelten ihn.

      Dann ließen sie ihn allein. Finsternis umgab ihn in seinem engen Gefängnis. Die Angst zerfraß ihn. Er zerrte an seinen Fesseln, versuchte, den Knebel auszustoßen. Benito schaffte es nicht. In sein Bewusstsein senkte sich die namenlose Panik ...