Pete Hackett

Trevellian und die Organ-Mafia: Action Krimi


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      7

      Nach dem Mord an Benito LaVega veröffentlichte Miguel Santana in dem Blatt, für das er arbeitete, einen Bericht über den organisierten, illegalen Organhandel in Bogota.

      Er prangerte die menschenunwürdigen sozialen Verhältnisse an, verurteilte in seinem Artikel die unzulänglichen Ermittlungen der Polizei, stellte einige Hypothesen auf, die unter anderem den Einsatz so mancher Sozialdienste in Frage stellten und rückte einige Einrichtungen – ohne natürlich Namen zu nennen –, dieser Organisationen in ein denkbar schlechtes Licht. Er schrieb von verbrecherischem Eigennutz ...

      Als er eines Abends in seine Wohnung zurückkehrte, wurde er erwartet.

      Zwei Männer hatten sich Zutritt zu seinem Appartement im Norden der Stadt verschafft. Einer bedrohte ihn mit einem Revolver. Und er ließ keinen Zweifel daran offen, dass er eiskalt abdrücken würde, wenn Miguel Santana auch nur falsch Luft holte.

      „Du bist also dieser Schmierfink von El Tiempo“, raunzte ihn der andere an, also jener, der keine Pistole hielt.

      „Ja, ich arbeite als Journalist ...“

      Der Bursche schlug zu. Er hämmerte seine Faust mitten in Miguel Santanas Gesicht. Sofort schoss aus dessen Nase das Blut, rann über seine Lippen und sein Kinn und tropfte auf den Fußboden. Vor den Augen des Zeitungsmannes schien der Raum zu explodieren. Der jähe Schmerz entriss ihm einen Aufschrei, in seine Augen schossen Tränen und das Gesicht mit dem brutalen Zug um den dünnlippigen Mund war nur noch wie durch wallende Nebelschleier für Santana zu erkennen.

      Der nächste Schlag traf ihn in den Magen. Er beugte sich unwillkürlich nach vorn, hinein in das hochzuckende Knie des Schlägers. Es klatschte grässlich. Santana gurgelte und stöhnte. Er wankte zurück, hob die Hände, um sein Gesicht zu schützen. Er spürte Angst, Übelkeit und Schmerz und fühlte die Betäubung, die sein Bewusstsein erlahmen ließ.

      Ein Tritt in den Unterleib ließ seinen Mund weit aufklaffen, er konnte nur noch röcheln. Er sank gegen die Wand, hatte das Empfinden, in seinem Körper loderte ein heißes Feuer in die Höhe, der Inhalt seines Magens kam hoch, er übergab sich und fiel vor Schwäche nach dem Tritt auf die Knie, die Hände vor dem Leib verkrampft.

      „Du solltest dir diese Lektion zu Herzen nehmen, Schmierfink!“

      Die Stimme erreichte sein Gehör wie aus weiter Ferne. Er hatte gegen seine große Not anzukämpfen, sein Bewusstsein wies Lücken auf, er erfasste die Worte verstandesmäßig gar nicht mehr.

      „Du hast nämlich ein heißes Eisen angefasst!“

      Er hatte das Empfinden, dass die Worte wie Klumpen flüssigen Bleis auf ihn hinunter tropften.

      „Wenn wir wieder kommen müssen, weil du mit deinem Drang zum Schreiben bei einer Reihe von Leuten ins Fettnäpfchen trittst, kommst du nicht mehr mit einer blutenden Nase weg. Dann stanzen wir dir mit einer Pistolenkugel ein kleines, rundes Loch zwischen die Augenbrauen.“

      Der Sprecher schlug zu. Er knallte Miguel Santana die Faust aufs Ohr.

      Santana kippte zur Seite und blieb verkrümmt liegen. Sein leises Wimmern entlockte den beiden rabiaten Gangstern nicht die geringste Gemütsregung.

      „Ich hoffe, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt, Schmierfink“, zischte der Schläger und trat Santana noch einmal brutal in die Seite.

      Dann verschwanden die beiden.

      8

      Vier Wochen waren vergangen.

      Der Chef rief uns zu sich. Mit uns meine ich die G-men Milo Tucker und Jesse Trevellian, meine Wenigkeit also.

      Der Spezial Agent in Charge, kurz SAC, saß hinter seinem Schreibtisch und forderte uns auf, nachdem er unseren Morgengruß erwidert hatte, Platz zu nehmen.

      „Sie machen kein besonders spaßiges Gesicht, Chef“, gab Milo etwas respektlos, wie ich fand, zum Besten.

      Mr. McKee verzog den Mund. „Es besteht auch nicht der geringste Grund für mich, spaßig auszusehen“, versetzte Mr. McKee ernst. „Seht euch mal das an.“

      Er hielt uns die New York Times hin, die auf die Hälfte zusammengefaltet vor ihm auf dem Schreibtisch lag.

      In dem Moment schaute Mandy zur Tür herein. „Kaffee, Gentleman?“, fragte sie lächelnd.

      „Natürlich, Mandy“, brummte Mr. McKee. Grimmig fügte er hinzu: „Ohne dass sie Ihren Kaffee bekommen haben, bringe ich die beiden doch nicht wieder los.“

      Wir schauten ihn verblüfft an. Er sah zwar nicht wie ein Spaßvogel aus, aber was er eben von sich gegeben hatte, beinhaltete nach unserem Empfinden doch ein hohes Maß an Humor.

      „Hah!“, blaffte Milo.

      Mandy verschwand.

      „Spaß beiseite“, knurrte der Chef. „Schaut euch mal den Artikel an. Es gibt schätzungsweise Arbeit, Jungs.“

      „Aha, darum wollen Sie uns so schnell wie möglich loswerden“, schmollte Milo. „Sie können es nicht sehen, wenn wir mal einen Gang zurückschalten.“

      Meine Augen erfassten die Überschrift, die als fette Schlagzeile zuoberst auf der Seite stand: Texanischer Ölmagnat in New York nach Herztransplantation gestorben. Und in kleinen Buchstaben stand darunter: Herkunft des Spenderherzens unbekannt. Organ-Mafia am Werk?

      Ich schaute, wer den Artikel verfasst hatte. Die Initialen L.H. standen darunter. L für Lew, H für Harper.

      Ich las. Der texanische Ölmillionär – Multimillionär – hieß Tom J. Glansing. Er wurde im Saint Luke‘s and Roosevelt Hospital Center von einem Arzt namens Dick Svenson betreut, und dieser konnte im Interview nichts weiter berichten, als dass die Operation drei Wochen vorher in Bogota durchgeführt worden war. Er, der Arzt, sei der Meinung gewesen, die Herkunft des Spenderherzens sei dokumentiert und legal.

      „Die Transplantation des körperfremden Organs hat im Körper des Millionärs immunologische Abwehrreaktionen ausgelöst und das eingepflanzte Herz abgestoßen“, stand da noch zu lesen und natürlich eine Menge mehr an medizinischem Fachchinesisch.

      Dann folgten Ausführungen zum illegalen Geschäft mit menschlichen Organen, und dass insbesondere in den Ländern der dritten Welt ein schwunghafter Handel mit Nieren, Herzen, Augenhornhäuten und so weiter betrieben wird.

      Ich reichte die Zeitung Milo.

      Als auch der den Bericht gelesen hatte und das Gesicht hob, sagte Mr. McKee: „Es gibt Gesetze und Vorschriften, die das Verfahren bei einer Organtransplantation bis ins kleinste Detail regeln. Diese Regeln gelten im Großen und Ganzen weltweit. So darf die Transplantation bestimmter Organe nur in dafür zugelassenen Transplantationszentren vorgenommen werden. Sie ist nur zulässig, wenn die Organe durch eine vom Gesetz legalisierte Stelle vermittelt wurden. Es gibt Koordinierungsstellen für die Entnahme, und es muss gewährleistet