immer noch, als würde ein übergewichtiger Mops nach einem Marathonlauf eine Sauerstoffmaske benötigen.
Auch Dupree sprang nun auf und starrte alarmiert auf den rot angelaufenen Blake, dem das Lachen vergangen war. Es wäre Ironie des Schicksals, wenn er an einem Keks, der eigentlich Glück bringen sollte, erstickte.
„Kennst du den Heimlich-Griff?“
„Sehe ich so aus?“, bellte Brian zurück.
Eddie dagegen war die Ruhe in Person, hatte seine Frühlingsrollen fest im Griff und verfolgte beglückt das Spiel, da die Knicks nun in Führung lagen. Dupree wusste, dass Eddie ein paar Scheinchen auf die Heim-Mannschaft gesetzt hatte.
„Verdammt, Blake“, schimpfte Brian und schlug seinem Mitspieler heftig auf den Rücken. „Wehe, wenn du hier krepierst!“
Dupree konnte beinahe die Rippen des Erstickenden brechen hören, als Brian ihn mit Schlägen malträtierte. „Schlag etwas tiefer“, schlug er vor und warf einen erschrockenen Blick auf den Runningback.
„Tu doch was, Brian!“
„Was denn?“, fragte Brian seine Frau halb panisch, und halb verärgert.
Von der Couch kam ein desinteressiertes Seufzen Eddies. „Luftröhrenschnitt?“
Blake quiekte erschrocken auf und grunzte dabei. Gerade in diesem Moment verpasste ihm Brian einen harschen Schlag aufs Schulterblatt und konnte genauso wie Dupree und Teddy mitansehen, wie ein Stück Glückskeks aus seinem Rachen sprang, durch die Luft segelte und am Bildschirm des Breitbildfernsehers landete, auf dem er kleben blieb. Wie in Zeitlupe löste sich das angesabberte Keksstück und rutschte den Bildschirm hinunter, wobei es eine unschöne Spur hinterließ, bei deren Anblick Dupree am liebsten gewürgt hätte, da es ihn an die Spur einer Schnecke erinnerte. Wenn man mit fünf Jahren von den Nachbarskindern gezwungen wurde, eine lebendige Schnecke zu essen, bekam man zwangsläufig einen Würgereflex, sobald man an Schnecken dachte. Bis heute konnte Dupree nicht einmal in einer Bäckerei Mohnschnecken bestellen, ohne sich übergeben zu wollen.
„Na, toll“, beschwerte sich Eddie, der verpasst hatte, wie einem Knicksspieler ein phänomenaler Wurf gelungen war. „Vielen Dank, O’Neill.“
„Hey“, krächzte Blake und keuchte dabei auf.
„Blake, das hat mich gerade fünf Jahre meines Lebens gekostet“, beklagte sich Teddy und ließ sich aufgebracht auf die Couch sinken. „Weißt du eigentlich, wie viel dein neuer Vertrag gekostet ...?“
„Wer ist denn jetzt unsensibel?“, ächzte Blake und schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft, während er seinen Hals abtastete und sich nach vorne gebeugt hatte.
„Beruhigt euch“, Brian hielt ihm eine Flasche Wasser entgegen. „Vielleicht war dir das eine Lehre, nicht immer wie ein Schwein zu essen.“
Bevor das Thema zurück auf Sarah Matthews kommen konnte, verabschiedete sich Dupree von der Truppe und wurde von Teddy zur Tür gebracht. Sie küsste ihn auf die Wange und verschwand wieder im Loft, doch er hatte gesehen, dass sie eine Grimasse geschnitten hatte. Er konnte es ihr nicht versehen, schließlich hatte sie einen langen Arbeitstag hinter sich und musste nun den Chaoten Blake sowie Eddie beherbergen, anstatt sich ins Bett zu legen. Er dagegen machte sich auf den Heimweg und verließ Brooklyn, um nach East Harlem zu fahren.
In seiner Wohnung zog er sich bequeme Kleidung an und schlüpfte in eine Jogginghose sowie in ein weiches Sweatshirt, das ihm seine Schwester zu Weihnachten geschenkt hatte, bevor er sich eine warme Milch machte. Da er in den nächsten Tagen kaum zu Hause sein würde, öffnete er nicht einen neuen Milchkarton, sondern gab etwas Wasser hinzu, um die bereits angebrochene Milch zu verdünnen. Auch wenn er mittlerweile genug Geld verdiente, um eine eigene Molkerei zu kaufen, ließen sich zweiundzwanzig Jahre hartes Sparen nicht so einfach abstellen. Als Kind hatte er davon geträumt, ein eigenes Bett zu haben und endlich ein Glas Vollmilch zu trinken, die vorher nicht verdünnt wurde, damit jeder seiner Geschwister etwas davon hatte.
Er leistete sich kaum eine Verschwendung, fuhr keinen teuren Sportwagen, sondern hatte sich einen verlässlichen Kombi gekauft, er gab kein Geld für Luxusgüter oder Designerkleidung aus, sondern lebte im Vergleich zu anderen reichen Sportlern relativ bescheiden. Den einzigen Luxus, den er sich geleistet hatte, waren Zahnverblendungen aus Brillanten, die er sich nach seiner Vertragsunterzeichnung bei den Titans gegönnt hatte. Bereits vor Jahren hatte er Rapper im Fernsehen betrachtet – jedenfalls dann, wenn seine Mama nicht aufpasste, da sie grundsätzlich keine Musiksender erlaubte – und hatte sich geschworen, es den bewundernswerten Musikern nachzumachen, die es geschafft hatten, berühmt zu werden, obwohl sie Afroamerikaner waren und aus ärmlichen Verhältnissen stammten. Für Dupree waren die verblendeten Zahnreihen ein Zeichen gewesen, dass er es geschafft hatte. Zwar verdünnte er seine Milch noch, um keinen neuen Karton aufzumachen, den er hätte wegschmeißen müssen, aber durch die verzierten Zähne zeigte er, dass er nicht mehr der arme Junge aus Alabama war, der sich mit zwei Brüdern ein Bett teilen musste.
Gähnend ging er ins Wohnzimmer und sah, dass sein Anrufbeantworter blinkte. Ein Blick auf die Nummer sagte ihm, dass seine Mutter angerufen hatte, was ihn nicht wunderte. Sie rief täglich an. Lächelnd drückte er auf die erste Kurzwahltaste, um sie zurückzurufen. Da ihr Sohn in New York wohnte, mehrere Flugstunden von ihr entfernt, hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, täglich nachzuforschen, ob es ihm auch gut ging. Dupree vermisste seine Familie, auch wenn es mittlerweile nicht mehr so schlimm war wie in seiner Anfangszeit. Während des Colleges hatte er nicht oft anrufen können, da es einfach zu teuer gewesen war, daher genoss er es nun, sich stundenlang die Probleme seiner Geschwister anhören zu können, ohne an die Telefonrechnung zu denken. Sein Leben lang war er der große Bruder gewesen und konnte sich nur schwer damit abfinden, nicht mehr immer zur Stelle zu sein, wenn seine Geschwister ihn brauchten.
Heute ging nicht sofort seine Mutter an den Hörer, sondern die Stimme seines Bruders Gideon war zu hören, der gerade im letzten Highschooljahr war und ständig die Schule schmeißen wollte, um zu Dupree nach New York zu ziehen. Auch jetzt lamentierte er ewig herum, bis ihm seine Mutter den Hörer wegnahm und vernehmlich seufzte.
„Der Junge bringt mich noch um den Verstand.“
„Er ist jung, Mama ...“
„Ich weiß, aber du warst nicht so in dem Alter.“
Dupree schwieg und setzte sich in seinen Sessel. In Gideons Alter hatte Dupree zwei Nebenjobs gehabt und für den Abschluss gelernt, um die Stipendiumsbedingungen für das College zu erfüllen. Gideon musste das glücklicherweise nicht.
„Wirst du denn in diesem Jahr zu Thanksgiving nach Hause kommen?“
„Ich weiß es noch nicht, Mama. Vermutlich werden wir kurz darauf ein Spiel haben. Dann werde ich nicht kommen können.“
Wieder ertönte ein Seufzen. „Es ist nicht dasselbe, wenn du nicht dabei bist.“
„Ich weiß, Mama.“ Lächelnd lehnte er sich zurück. „Geht es euch allen denn gut?“
„Sehr gut. Wenn du zu Thanksgiving nicht herkommen kannst, solltest du vielleicht die Nichte von Reverend Sanderson einladen. Sie studiert in New York und wird sich sicher freuen, bei dir eingeladen zu werden. Wie ich höre, besucht sie eine bezaubernde Gemeinde in Queens.“
Dupree presste die Lippen aufeinander, fiel seiner Mutter jedoch nicht ins Wort. Sie fand, dass er mit sechsundzwanzig Jahren endlich eine Frau finden sollte, um diese zu heiraten und sesshaft zu werden. In der Welt, in der er lebte, war man mit sechsundzwanzig unglaublich jung, um zu heiraten. In der Gemeinde seiner Mutter feierten Sechsundzwanzigjährige nicht selten ihren achten Hochzeitstag. Stets blendete er dieses Thema aus, wenn seine Mutter ihm ins Gewissen redete, weil er ihr nicht erklären konnte, wie schwer es ihm fiel, eine Frau kennenzulernen. Schon immer hatte er Probleme gehabt, ein Mädchen anzusprechen, geschweige denn, sie um eine Verabredung zu bitten. Als bekannter Footballspieler war es noch sehr viel komplizierter, jemanden kennenzulernen.
Während seine Mutter über den Kirchenbasar sprach, blätterte Dupree in dem Buch herum,