unauffällig platzierte Protokollant hatte mitgeschrieben.
»Wird King die partielle Gedächtnisstörung überwinden? Wie urteilen Sie als Arzt, Mr Sligh?«
»Kann sein oder auch nicht.«
»Ich habe die Akte dieses Vorbestraften studiert. Er nutzt die Möglichkeit der Aussageverweigerung in nahezu allen seinen Verfahren. Ich halte seinen Gedächtnisschwund nur für eine neue Form der alten Taktik.«
Sligh zuckte die Achseln.
»Sie haben ihn operiert. Woher rührte der Zusammenbruch?«
»Offenbar vernachlässigte sehr üble Verbiegungen, die er beim Einsinken in einen Sumpf in Kanada erlitten hatte. Das Röntgenbild von damals liegt vor. Ich habe es mir kommen lassen.«
»Hm. Hm. Sie können mir also tatsächlich nicht weiterhelfen, Dr. Sligh?«
»Leider nicht. Da ich auch gar nicht weiß, worauf Sie eigentlich hinauswollen.«
»Das weiß ich im Augenblick selbst noch nicht genau, Dr. Sligh. Ihnen als Arzt werden auch schon solche Situationen begegnet sein. Sie finden Symptome, die nicht normal sind, und suchen weiter, um ein vollständigeres Bild zu gewinnen und die Krankheit zu diagnostizieren.«
»So fassen Sie das auf.«
»Ja.«
Sligh konnte gehen.
Er bedauerte, nicht erfahren zu haben, welche Symptome für nicht normale Zustände Mr Crawford außer dem verwunderlichen Zettel gefunden hatte.
Crawford las das Protokoll durch und wartete auf den nächsten der Vorgeladenen, in einer halben Stunde. Er wollte zunächst mit jedem allein sprechen. Vielleicht kam er doch ein Stück weiter und konnte Richter Elgin über Anhaltspunkte für einen Haftbefehl berichten. Das Verhalten Slighs hatte nicht viel, aber doch einen neuen Verdacht ergeben.
Queenie King, die Frau des Joe King, trat ein. Crawford beobachtete sie, wie sie von der Tür hin zu dem Stuhl ging, den Crawfords Handbewegung ihr anbot, und er betrachtete sie noch einige Zeit, ehe er zu fragen begann.
Die junge Indianerin war einfach angezogen. Sie bewegte und hielt sich, wie es schien, ohne Verlegenheit. Im Internat von Weißen erzogen, nicht dumm, harmonisch gewachsen, erotisch, urteilte Crawford nach den Akten und seinem Eindruck. Er war nüchtern gestimmt. Auch Mrs King wurde zum ersten Mal in der Sache vernommen.
»Mrs King, wollen Sie aussagen?«
»Ja.«
»Wann ist Ihr Mann an jenem Oktobertag von zu Hause weggefahren?«
»Morgens früh.«
»Was hatte er vor?«
»Er sagte mir nicht, wohin er fahren wollte.«
»Merkwürdig, nicht?«
»Nein, wie gewohnt.«
»Was nahmen Sie an?«
»New City.«
»Was könnte er dort vorgehabt haben?«
»Seine Schwester zu besuchen, seinen Bekannten Russell oder den Viehhändler Krader aufzusuchen, sein Jagdgewehr von Krause abzuholen – er hat dieses Jagdgewehr nach Hause mitgebracht. Die Waffe ist überprüft worden. Es waren Schüsse daraus abgegeben worden, vermutlich Probeschüsse. – Mehr weiß ich nicht zu sagen.«
»Bekannt. Aus seinen Pistolen waren auch Schüsse abgegeben worden.«
Queenie King schwieg.
»Das wissen Sie doch.«
»Nein.«
Crawford überlegte. Die überprüften beiden Pistolen waren sehr sorgfältig gereinigt gewesen.
»Wieviele Pistolen besitzt Ihr Mann?«
»Zwei.«
»Was vermuteten Sie, als Ihr Mann bei der Rückkehr zusammenbrach?«
»Nichts. Ich war nur darum besorgt, ihn so rasch wie möglich in das Hospital zu bringen.«
»Sie müssen sich doch etwas gedacht haben.«
»Ich war vom Schreck überwältigt.«
»Ihr Mann ist tätowiert.«
Queenie King feuchtete ihre trocken werdenden Lippen an, ehe sie antwortete.
»Ja. Er ist tätowiert.«
»Seit wann?«
»Er war es, als wir heirateten.«
»Was bedeuten die Zeichen?«
»Ich weiß nicht, was sie für meinen Mann bedeuten. Es sind aber Kultzeichen unseres Stammes.«
»Sie haben Ihren Mann nie gefragt?«
»Nein, nie.«
»Soll ich Ihnen das glauben?«
»Ja.«
»Wissen Sie, dass die Mitglieder mancher Gangs sich tätowieren lassen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Sie haben sich doch von Ihrem Mann mehr als einmal über seine Gangsterzeit berichten lassen. Seine Vergangenheit ist Ihnen bekannt.«
»Sie sind falsch unterrichtet worden, Sheriff.«
»Meinen Sie?«
Crawford beendete das Verhör.
Queenie King verließ den Raum. Sie hatte nicht gelogen; und sie spielte weder mit Befürchtungen noch mit Vermutungen, solange ihr Mann nicht selbst sprechen würde.
Als anschließend William Krause mit seinem indianischen Adoptivsohn Freddy Krause vor Crawford stand, schickte Crawford das Kind und auch den Protokollanten hinaus.
»Unter vier Augen, Krause: Wer ist am 23. Oktober außer Joe King bei Ihnen gewesen?«
Krause, der sich einen Bart hatte wachsen lassen, sah verändert aus, aber er antwortete das gleiche, was er bei der ersten Befragung geantwortet hatte: »Elisha Field war bei mir.«
»Der Wirt?«
»Ja.«
»Was wollte er?«
»Brachte ein Gewehr. Nicht kaputt, aber zum Überholen reif.«
»Sein eigenes?«
»Weiß ich nicht. Brachte es eben. Berief sich auf die Namen und Empfehlungen alter Kundschaft von mir. Er selbst war ja neu.«
»Wann kam er zu Ihnen?«
»Kann ich nicht genau sagen. Aber es war schon dunkel.«
»Spätnachts?«
»Nein, am Abend, aber nach Einbruch der Dunkelheit.«
»Blieb lange?«
»Ging sofort wieder.«
»Sie haben die Waffe in Ordnung gebracht?«
»Ja, gleich.«
»Arbeiten Sie immer so pünktlich und schnell?«
»Meistens. Bei neuen Kunden jedenfalls.«
Crawford lächelte. »Wann kam King?«
»’ne Stunde oder so später.«
»Was wollte er?«
»Sein Jagdgewehr abholen und vielleicht nach meinem Jungen sehen und vielleicht mich besuchen.«
»Sie kennen sich gut?«
»Wir unterhalten uns ganz gern. Er versteht noch was von meinem Fach und ist durch Freddy nun auch mit mir verwandt.«
»Aha. Und wie lange blieb er?«
»Ja, wohl länger, als er erst gedacht hatte. Ich hatte sein Gewehr noch nicht fertig.«
»Also