als Gruppenpionierleiter gewinnen, was erfolglos blieb.
Die „Pionierarbeit an der Schule mit Leben erfüllen“ – das war von nun an eine vordringliche Arbeit der Lehrer. Wir wurden also eingespannt und sollten „freiwillig“ den Hauptteil der so genannten „Pionierarbeit“ leisten.
Der eingesetzte Pionierleiter an der Schule war verantwortlich, das Leitungsgremium der „Pionierfreundschaft“ (der ganzen Schule) sowie die Gruppenpionierleiter anzuleiten und die gesamte „Pionierarbeit“ an der Schule programmatisch zu steuern und zu kontrollieren. Er zählte mit zum „Pädagogischen Rat“, wie man die Lehrerkonferenz bald großsprecherisch nannte. So waren wir Lehrer auch dem Pionierleiter gegenüber verpflichtet oder mussten uns mit diesem arrangieren.
Aufmarsch am 1. Mai 1952 oder 1953 in Gotha.
Mehrmals hatten wir einen jungen Mann als hauptamtlichen Pionierleiter an der Schule, zeitweise auch ein junge Frau. Sie wechselten öfter. Meistens versuchte sich der Pionierleiter an die Lehrer anzupassen, war bestrebt, sich mit uns kollegial zu verständigen und uns für die kooperative Mitarbeit zu gewinnen. Ich erinnere mich an zwei dieser Pionierleiter, mit denen wir Lehrer/innen gut zurechtkamen, weil sie nicht wie sture Politfunktionäre auftraten, sondern bemüht waren, vernünftig und nutzbringend die Freizeitgestaltung der Kinder zu fördern und mit uns zusammenzuarbeiten. Eine bei uns eingesetzte Pionierleiterin war völlig unfähig und musste bald abgelöst werden. Einen Pionierleiter wurden wir los, nachdem er mit seiner Pionierkasse nicht korrekt umgegangen war. Von einer anderen strammen Pionierleiterin hielten wir uns möglichst fern, weil sie sich überzogen politisch und autoritär ins Zeug legte.
Manche Lehrer/innen glaubten sich anfangs wehren zu können gegen die ihnen auferlegte „berufsfremde“ Tätigkeit in einer politischen Kinderorganisation. Sie verwiesen auf ältere Jugendliche, auf Oberschüler oder Studenten, die als Gruppenpionierleiter viel besser geeignet seien. Andere fügten sich und führten ihren „Pionierauftrag“ formal aus, ohne viel zu bewirken. Einige standen mit Überzeugung zu ihrer neuen Aufgabe.
Schulveranstaltung zum Tag des Kindes 1953.
Abgesehen von meiner Abneigung gegen diese hinzugekommene „Pflicht“, sah ich mich im Widerspruch. Zum einen war ich wie andere geneigt, mitzuhelfen, für die Kinder eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu gestalten. Doch die ideologische Ausrichtung und der rituelle Kult des „Pionierlebens“ mit militanten „Fahnenappellen“ und „feierlich“ aufgezogenen Pionierveranstaltungen stießen mich ab. Da stiegen in mir Bilder auf von einst erlebtem patriotischen, „zackigen“ Gehabe, und bei öffentlichen Pionieraufmärschen mit Fanfaren und Spielmannszug zum Tag der Republik hörte ich wieder den schmetternden Klang der Hitlerjugendfanfaren …!
Zur „Pionierarbeit“ zählte man auch geforderte oder freiwillige Sondereinsätze von Schülern außerhalb des Unterrichts, die von den Lehrern organisiert bzw. geleitet werden mussten. Manche dieser Einsätze hatten wenigstens einen Sinn: wie Altstoffsammlungen an der Schule, Pflegearbeiten im Schulgelände oder Erntehilfe in benachbarten Dörfern. Dass wir helfen sollten, auf den Feldern der Bauern die Kartoffelkäfer abzusammeln, konnte man für nützlich ansehen. Aber wenn dann zur Motivierung der Kinder ein Feindbild herhalten sollte, indem man erklärte, die „klassenfeindlichen, westdeutschen und amerikanischen Imperialisten“ hätten die Kartoffelkäfer über unseren Feldern abgeworfen, dann war das gemeinnützige Tun schon wieder politischpropagandistisch entwertet und nicht mehr glaubhaft ….
Abgesehen von einigen Höhepunkten und interessanten schulischen Veranstaltungen, lief die „Pionierarbeit“ an der Schule, aus meiner Sicht gesehen, ziemlich formal ab oder pflichtgemäß diszipliniert; und als „Erziehungsträger“ (!) kam der Pionier-Verband nur schwer ins Laufen.
Mit meiner Klasse 1953 …
… und unterwegs 1954.
Die „Ferienaktion“
Zu dem umfassenden Aufgabenbereich des Lehrers gehörte auch seine Mitwirkung bei der Organisation und Gestaltung der 1950 staatlich eingeführten „Ferienaktion für Kinder“. Unter dem Motto „Frohe Ferientage für alle Kinder“ wurde als Erstes verfügt, dass jede Grundschule (Kl. 1 – 8) während der Sommerferien in zwei Durchgängen von je drei Wochen so genannte Örtliche Ferienspiele an der Schule bzw. an einem örtlichen Ferienstützpunkt durchzuführen habe.
Sport und Spiele, interessante Gruppenbeschäftigung und von zentraler Stelle vorgegebene Veranstaltungen wie Kinobesuch, Informations- oder politische Gedenkstunden waren vorgesehen und erwünscht. In den folgenden Jahren wurde die ideologische Erziehung der teilnehmenden Kinder stärker betont. Parteifunktionäre forderten, dass die „ideologische Erziehungsarbeit“ in den langen Sommerferien nicht zum Erliegen kommen dürfe und daher während der „Ferienaktion“ weitergeführt werden müsse.
Zum Stützpunkt der Örtlichen Ferienspiele unserer Löfflerschule war seit 1951 der Bereich der Ausflugsgaststätte „Berggarten“ auf dem Kranberg nahe der Stadt bestimmt worden. Der Gaststättenwirt G. und seine Frau, denen man die verordneten Ferienspiele einfach vor die Nase gesetzt hatte, sahen sich wohl anfangs eher gezwungen und geschäftlich belastet. Sie mussten als Gastgeber der Ferienspiele ihr Gartenlokal zur Verfügung stellen. Und zur Mittagszeit, wenn hier das von der Zentralküche angelieferte Mittagessen für etwa 150 bis 200 Kinder ausgegeben und eingenommen wurde, sahen sich wohl private Gäste des Gasthauses am Rande des Geschehens eher benachteiligt.
Die meisten unserer jungen Lehrerinnen und Lehrer waren während ihrer Sommerferien (!) für je einen Durchgang als Gruppenleiter/in eingesetzt. Jede/r bekam eine Gruppe von Mädchen und Jungen, etwa 20, mit denen er über einen Zeitraum von drei Wochen, wochentags von 9.00 bis 16.00 Uhr, die Ferienspiele zu betreiben hatte. Alle Gruppen trafen sich am Morgen auf vereinbartem Platz und zogen gemeinsam hinauf in den Kranberg, wo im Wirtshausgarten der Gaststätte „Berggarten“ das allgemeine Tagesprogramm durch die Lagerleitung bekannt gegeben wurde. Danach begaben sich die einzelnen Gruppen (12 bis 15 etwa) zu ihren Gruppenplätzen am Rande der Spielwiese oberhalb des Gartenlokals.
Abgesehen von festgelegten Veranstaltungen, war es den Gruppenleitern überlassen, das Tagesprogramm der Gruppe nach eigenen Vorstellungen und nach den Bedürfnissen der Kinder zu gestalten. Wichtig für die Kinder war ihr fester Lagerplatz am Rand der großen Spielwiese, halb im Gebüsch. Es machte ihnen Spaß, ihren selbst ausgesuchten Platz durch Gezweig abzugrenzen und mit trockenem Gras und mitgebrachten Decken behaglich zu gestalten. Mancher brachte eine alte Zeltplane mit, die als Schutzdach gegen Regen aufgehängt wurde. Von diesen Gruppen-Lagerplätzen aus wurden unter Anleitung des Gruppenleiters alle ausgedachten Unternehmungen in Gang gesetzt. Neben einfachem Versteckspiel, Geländespiel oder Schnitzeljagd im nahen Wald, naturkundlichen Kleinexkursionen oder x-beliebigen Entdeckungsgängen, lustigen Unterhaltungsspielen im Lager und vor allem Sportspielen auf der großen Wiese wurden alle möglichen Beschäftigungen genutzt. Manchmal meldete sich eine Gruppe ab, um in ein Schwimmbad zu fahren oder einen ganztägigen Ausflug zu unternehmen. Geschickte Gruppenleiter förderten die Ideen- und Entdeckungslust der Kinder.
Die von der städtischen Leitung der Ferienspiele angesetzten zentralen Veranstaltungen für Ferienspiellager mussten in unserem Tagesprogramm berücksichtigt werden. Sie brachten gelegentlich auch gewünschte, vertretbare Abwechslung in den Tagesablauf. Meistens waren es Filmvorführungen im Kino der Stadt oder Vorträge in unserem Stützpunkt „Berggarten“. Man schickte uns z. B. einen Förster, der über das Leben im Walde und vom Naturschutz erzählte, oder einen „Arbeiterveteran“,