an Rhein und Ruhr verband, war seit dem 7. Juli 1945 unterbrochen und endete auf östlicher Seite in Ellrich und auf westlicher Seite in Walkenried. Dazwischen lag für die Grenzgänger eine Strecke von vier bis fünf Kilometern, die meistens mit umfangreichem Gepäck unter Umgehung der Grenzwachen zu Fuß durch die Wälder und Felder zurückgelegt werden mussten. Auf den Bahnhöfen Ellrich oder Walkenried erreichten die Grenzgänger dann die immer überfüllten Züge in Richtung ihres Reisezieles. Der Weg von einem Bahnhof zum anderen war nicht ungefährlich. Die sowjetischen Grenzwachen machten bei Fluchtversuchen rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch. Im Grenzgebiet gestellte Frauen wurden oftmals von den sowjetischen Soldaten vergewaltigt, Grenzgänger festgenommen und ausgeraubt. Aber auch sonst drohte den Grenzgängern der Diebstahl oder der Raub ihrer Habseligkeiten und sogar Mord durch andere Grenzgänger. Die von britischen Soldaten festgenommenen Grenzgänger wurden meistens zurückgeschickt oder auch den deutschen Gerichten übergeben. Da die Militärstreifen beider Seiten nicht in der Lage waren, den Personen- und insbesondere den Warenverkehr über die Demarkationslinie nur annähernd einzudämmen, wurden schon ab 1946 Deutsche zur Grenzüberwachung herangezogen. Vorrangiges Ziel auf beiden Seiten war es, den illegalen Warenverkehr zu unterbinden. Die über den persönlichen Bedarf hinausgehenden Waren wurden beschlagnahmt und der örtlichen Versorgung zugeführt. Die Postendichte auf östlicher Seite wurde ständig erhöht, so dass der Grenzgängerverkehr allmählich abnahm und dann 1952 mit der Einführung des Grenzregimes der DDR nahezu zum Stillstand kam. Von da an erreichte die Demarkationslinie eine neue Qualität mit ihrem von DDR-Seite betriebenen pioniermäßigen Ausbau mit Zäunen, Türmen und Minenfeldern, die das Überschreiten der Grenze nahezu vollständig verhinderten. Bis zur Grenzöffnung im November 1989 wurden die Sperranlagen von DDR-Seite ständig perfektioniert. Durchbrüche gelangten nur noch unter höchster Lebensgefahr. Versuche, die DDR illegal zu verlassen, wurden entsprechend den Grenzgesetzen der DDR streng geahndet.
Auf westlicher Seite wurden die Maßnahmen der DDR an der Grenze von den dafür eingesetzten Zollbeamten, deren Aufgabe, den Warenverkehr zu überwachen, weggefallen war, ständig genauestens verfolgt und registriert. Die hoheitliche Sicherung der Grenze zur DDR oblag dem Bundesgrenzschutz.
Das Anliegen des Verfassers ist es, die Ereignisse an der Demarkationslinie von deren Entstehung an bis zu ihrer Aufhebung möglichst genau und umfassend zu dokumentieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass die in den ersten Nachkriegsjahren erfolgten Ereignisse dabei einen größeren Raum einnehmen als die nach der Einführung des DDR-Grenzregimes, wo vorrangig nur spektakuläre Fluchten Gegenstand der Dokumentation wurden. Umgekehrt ist die Ausbeute an aktuellen Fotos und Dokumenten aus den ersten Jahren der Grenze deutlich geringer als aus späteren Jahren, unter anderem, weil noch vor der Wiedervereinigung in größerem Umfang Bild- und Aktendokumentationen von DDR-Seite vernichtet wurden. Trotzdem lässt sich aus den in Archiven lagernden Unterlagen und aus Zeitzeugenberichten ein weitgehend aussagefähiges Bild der Ereignisse an der innerdeutschen Grenze zeichnen. Der Verfasser hat sich dabei auf das räumlich begrenzte Gebiet des Südharzes konzentriert, weil nur so eine eingehendere Darstellung der Auswirkungen der Trennungslinie auf das Leben der Menschen im Grenzgebiet möglich ist.
Das Jahr 1945
Der vom nazistischen Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg war trotz des Durchhaltewillens der deutschen Wehrmacht an der Front und in der Heimat nicht mehr zu gewinnen. Die alliierten Streitkräfte drangen vom Osten und Westen in das Kernland vor. Aus den Ostgebieten flohen Millionen Menschen vor der gefürchteten „Roten Armee“ und suchten in den ländlichen Gebieten des verbliebenen Reiches Zuflucht. Die Städte lagen nach den Bombenangriffen der Alliierten in Trümmern. Dort, wo der Luftkrieg nicht hingekommen war, mussten die Bewohner zusammenrücken, um den Flüchtlingen aus dem Osten und den Bombengeschädigten aus den zerstörten Städten die dringend benötigen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Auf engstem Raum wohnten oftmals mehrere Familien unter einem Dach. Dazu kam neben der Sorge um die Männer an der Front und dem Verbleib von Familienangehörigen der Hunger. Die Versorgungslage war vielerorts prekär und von den zuständigen Behörden nur schwer zu bewältigen. Hotels, Schulen und wenig genutzte größere Gebäude waren zu Lazaretten umfunktioniert oder dienten Wehrwirtschaftsbetrieben als Ausweichquartiere.
Im Südharz ging in den ersten Apriltagen des Jahres 1945 der Krieg zu Ende. Amerikanische Einheiten der 104. Infanteriedivision eroberten, zum Teil ohne Feindberührung mit den Resten der deutschen Wehrmacht, nacheinander die Ortschaften südlich des Harzes, nachdem es in Bad Lauterberg noch zu schweren, für die Amerikaner verlustreichen Kämpfen gekommen war. Bad Sachsa wurde am 12. April von amerikanischen Einheiten kampflos besetzt.1
Die amerikanischen Einheiten stießen in schnellem Tempo weiter nach Osten vor und trafen am 25. April 1945 an der Elbe in der Nähe von Torgau auf die von Osten angerückte „Rote Armee“.
Das zerstörte Nordhausen (Foto: W. Steinmann, Nordhausen)
In den von den US-Truppen besetzten Ortschaften übernahmen amerikanische Offiziere die Verwaltung und setzten als Erstes NS-unbelastete Personen als Bürgermeister ein. Auf östlicher Seite gingen die Sowjets wesentlich radikaler vor. Aus den örtlichen Behörden, die dem jeweiligen Ortskommandanten unterstanden, wurden die früheren Mitarbeiter oft verhaftet und ihre Positionen vorwiegend mit Mitgliedern und Sympathisanten der ehemaligen kommunistischen Partei besetzt.
Anfang Juli räumten die amerikanischen Streitkräfte, den mit den Sowjets und den Briten getroffenen Vereinbarungen folgend, die von ihnen besetzten Gebiete in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen. Sowjetische, aber auch britische Einheiten nahmen die ihnen zugesprochenen Interessengebiete zügig in Besitz.
Britische Militäreinheiten quartierten sich in den grenznahen Orten ihres Interessengebietes überwiegend in beschlagnahmten Hotels ein; so in Walkenried im „Hotel Klosterschänke“ und in Bad Sachsa im „Hotel Schützenhaus“. In Tettenborn fand eine britische Einheit Unterkunft im Gebäude der ehemaligen Molkerei an der Straße nach Mackenrode. In Bad Sachsa wurde die „B“-companie des Ist. Bn. The Manchester Regiment stationiert. In allen Orten wurden britische Orts- bzw. Stadtkommandanten eingesetzt. Vom Kreiskommandanten in Osterode wurde für die deutsche Bevölkerung zunächst eine Ausgangssperre von 22.30 bis 4.00 Uhr angeordnet, die jedoch am 1. April 1946 wieder aufgehoben wurde. Nachtausweise für die Sperrzeit erhielten nur Ärzte und Krankenschwestern.
Auch auf östlicher Seite quartierten sich in den grenznahen Orten sowjetische Kommandos ein.
Durch den kommissarischen Landrat wurde für den Kreis Grafschaft Hohenstein in Nordhausen eine Ausgangssperre von 21.00 bis 5.00 Uhr festgesetzt.
Obwohl das besetzte Deutschland nach den Beschlüssen der Besatzungsmächte durch den Alliierten Kontrollrat regiert werden sollte, baute die Sowjetunion von Anfang an in ihrer Besatzungszone zielgerichtet ein eigenes politisches System nach ihrem Vorbild auf. Die Strukturen von staatlicher Administration und Gesellschaft wurden von Grund auf verändert. So wurden auf Weisung der SMAD („Sowjetische Militäradministration“) in der sowjetischen Zone im September 1945 die Bodenreform, im Oktober 1945 die Industriereform durchgeführt. 1946 folgte die Reform des Erziehungswesens. Bereits im Juni 1945 hatte die SMAD in ihrer Zone elf Zentralverwaltungen aufgebaut, die nach deren Weisungen arbeiteten und Keimzellen einer deutschen Zentralregierung werden sollten. Die entscheidenden Positionen wurden mit Angehörigen der kommunistischen Partei besetzt. Mit der Säuberung der staatlichen Institutionen und infolge der durchgeführten Reformen verloren viele Menschen ihre bisherige Existenzgrundlage. Zahlreiche Menschen verschwanden oft auf Jahre in den Lagern des sowjetischen Geheimdienstes in der Sowjetunion, aber auch in „Sonderlagern“ auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone. Jahrelang mussten die meisten ohne Kontakt zu ihren Familien dort ausharren. Viele kamen nie mehr zurück. Wer sich der Verhaftung rechtzeitig entziehen konnte, suchte in die Westzonen zu entkommen.
Bad Sachsa zwischen Hoffen und Bangen
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