Alexander Frey

Italien - Gefangen in Land und Liebe


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mussten auf die andere Seite. Keiner von uns wollte in einem Gefangenen-Camp landen. Aber selbst um uns darüber Gedanken zu machen, hatten wir jetzt keine Zeit.

      Ein am Ufer treibendes Schlauchboot der deutschen Wehrmacht löste für den Moment unsere brennendsten Probleme.

      War es wirklich ein Wunder oder ein ganz gewöhnlicher Zufall? Fritz, der seine Augen überall zu haben schien, hatte es als erster entdeckt.

      „Jungs, da, das ist die Rettung“, rief er uns zu und wies auf das Boot.

      Die Freude war unbeschreiblich.

      Sofort stürzte sich ein guter Schwimmer in die eiskalten Fluten und riskierte für uns sein Leben. Nur mit äußerster Anstrengung erreichte er das Boot. Ein zweiter folgte und mit vereinten Kräften zogen sie das kostbare Stück an Land.

      „Jungs, Ihr seid großartig“, empfing sie Fritz.

      „Schon gut, dafür darfst Du bei der nächsten Gelegenheit eine Runde schmeißen“, bekam er zur Antwort.

      „Geht in Ordnung!“

      Es handelte sich um ein größeres Schlauchboot, in dem gut sechs Mann Platz hatten. Unser Optimismus bekam aber schnell wieder einen Dämpfer. Eine Kammer des Bootes war nicht mehr ganz dicht und nicht ausreichend mit Luft gefüllt, außerdem fehlten die Ruder. Zum Glück fanden wir an den brennenden Fahrzeugen einige Spaten, diese benutzten wir als Paddel.

      „Los, das kriegen wir schon hin“, rief ich meinen Kameraden zu. Wir machten so gut es ging das Boot wieder flott. Jeder versuchte sich nützlich zu machen, wo er nur konnte.

      „Jungs, Ihr müsst gegen den Strom rudern, sonst kommen wir nie rüber“, spornte ich die Kumpels an. „Immer schräg zum Strom, wegen der Drift.“

      Unter meiner Anleitung besetzten wir das Boot und versuchten vorsichtig, mit gemeinsamen Schlägen, das andere Ufer zu erreichen.

      Da die meisten Kameraden, die im Boot saßen, nicht im Schlauchbootfahren ausgebildet waren, drehten wir uns zunächst einige Male im Kreis. Schließlich, mit viel Geduld und kräftigen Kommandos von mir und Brandner, kamen wir dann doch gut auf der anderen Seite an.

      Diese erste Überfahrt verlief sogar besser als erwartet.

      Aber wir mussten wieder zurück. Auf der anderen Seite warteten die Kameraden. Paul Brandner erklärte sich bereit, nochmal mit mir nach drüben zu rudern.

      Auch diese Fahrt verlief recht gut. Obwohl die Luft schon in größeren Mengen entwichen war, kamen wir ohne Schaden und besondere Schwierigkeiten hin und zurück.

      Aber wir wollten alles oder nichts.

      Also ging die Fahrt nochmals an das südliche Ufer. Dort warteten noch immer einige Landser.

      Inzwischen war es schon so hell, dass wir befürchten mussten, von den Jagdbombern entdeckt und angegriffen zu werden. Die Überquerungen wurden immer schwieriger. Bei den letzten beiden Überfahrten hockten oder saßen wir schon zum Teil bis zu den Knöcheln im Wasser. Doch wen störte das? Die Hauptsache war, gerettet zu sein.

      Verliefen die ersten Überfahrten auch relativ schweigsam, so waren wir während der letzten, in dem Bewusstsein, auch den letzten Mann gerettet zu haben, um so ausgelassener und beredter.

      Es wurden schon wieder die ersten Witze gemacht und von einer besseren Zukunft geträumt.

      Das Resultat unserer Übersetzung: 14 Soldaten und drei schöne Fahrräder, die wir drüben am Fluss gefunden hatten.

      Glücklich darüber, dass wir alle das Nordufer erreicht hatten, stürzten wir uns sofort in das nächste Haus, nur wenige Meter vom Fluss entfernt.

      An einem offenem Kamin trockneten wir die nassen Sachen und nahmen ein wenig Milch und Weißbrot zu uns, das uns von den verschüchterten italienischen Frauen angeboten wurde.

      Für den Moment waren wir in Sicherheit. Die Gefahr aber, von den Amerikanern erwischt zu werden, bestand weiterhin. Wir gönnten uns keine Ruhe. Nach eingehender Lagebesprechung kamen wir überein, uns zu trennen und in kleineren Gruppen zu je drei oder vier Mann zu versuchen, uns durchzuschlagen. So rechneten wir uns die größeren Chancen aus.

      Fritz Kohen und Paul Brandner, der mir schon bei der Überquerung des Pos geholfen hatte, und ich bildeten eine Gruppe.

      Paul war es ja, der sich freiwillig bereit erklärt hatte, mit mir und dem Schlauchboot zurückzufahren. Er hatte auch den Einfall mit dem Bierfass. Mit ihm zusammen hatte ich dann auch noch die Fahrräder geholt.

      Noch am Vormittag setzten wir drei unsere Tour fort.

      Auf den schönen italienischen Rennern strampelten wir auf der Straße in Richtung Ostiglia. Anschließend ging es in Richtung Verona.

      Wir waren bester Laune. Es war ein herrlicher Morgen. Eine betörend angenehme Stille. Die schöne italienische Landschaft und strahlender Sonnenschein.

      Plötzlich, nach wenigen Kilometern, wurden wir schon wieder aufgehalten. Vor uns stellte sich ein Mann in den Weg.

      „Was will denn der Kerl?“ rief ich meinen Kameraden zu, in der Annahme, es handele sich um einen italienischen Bauern.

      „Keine Sorge“, erwiderte Paul, „der kann uns nicht gefährlich werden, den fahren wir einfach um.“

      „Denkste“, rief Fritz, „habt Ihr denn Tomaten auf den Augen?“

      Da hatten wir unseren Irrtum auch schon erkannt.

      Ein deutscher Major in Ausgehuniform verstellte uns den Weg und beendete so unsere Fahrt. Er wollte uns in die Abfangstellung stecken.

      Es gab keine Möglichkeit, diesem Befehl nicht zu folgen. Wir stiegen von unseren Fahrrädern ab. Dann mussten wir Dienstgrad, Einheit und unser Ziel angeben. Den Dienstgrad konnte man wegen unserer Fallschirmjägermontur nicht erkennen. Wo die Reste unserer Einheit waren, das wusste allein der liebe Gott.

      Jeder musste versuchen, die Einheit in den Alpen wieder zu erreichen. Dort sollte eine neue Stellung bezogen werden.

      „Sie werden mir folgen, meine Herren“, befahl der Major. „Unsere Truppen sammeln sich in den Alpen zum endgültigen ...“ Das ging schief. Mit ohrenbetäubendem Lärm heran jagende, tieffliegende Jagdbomber warfen den Herrn Major zu Boden. Wir benutzten diese Gelegenheit, sprangen auf unsere Fahrräder und fuhren in Richtung Verona davon.

      „Halt, stehen bleiben!“ tönte es hinter uns her. „Ich bringe Euch vors Kriegsgericht! Befehlsverweigerung! Unerlaubtes Entfernen von der Truppe! Ihr könnt mich doch nicht allein lassen! Stehen bleiben!“

      Alles Geschrei nützte nichts mehr. Wir hörten ihn kaum noch. Da war uns doch das eigene Hemd am nächsten. Wir waren Fallschirmjäger und wollten uns nicht von einem Major von der Wehrmacht in seine Einheit stopfen lassen.

      Heilfroh, dem Major so glimpflich entwischt zu sein, strampelten wir weiter.

      „War das vielleicht eine Pfeife“, konnte Fritz sich nicht enthalten zu bemerken.

      „Kein Wunder, wenn bei denen lauter solche Typen sind, dass sie eine Pleite nach der anderen erleben.“

      „Nun, wir waren auch nicht gerade nett zu ihm“, gab Paul zu.

      „Du hast Recht“, stimmte ich Paul bei. „Ein bisschen mehr Haltung hätte der kleine Fritz schon annehmen können.“

      „Natürlich, ich merk´s mir, schließlich bin ich noch dafür verantwortlich, wenn wir den Endsieg verpassen.“

      „Genug davon“, unterbrach ich das leichte Geplauder. „Endsieg hin, Endsieg her, ich schlage vor, wir machen uns in Richtung Mantua auf. Ich möchte mich da vor allem nochmals richtig verabschieden. Das ist doch nur zu verständlich.“

      „Warum nicht?“ stimmten die Kameraden zu.

      Nach ca. 12 Kilometern mussten wir erneut unsere Richtung