ein Posaunenchor.
Die Stadt hatte 1945 Glück. Im „Endkampf“ des totalen Krieges, den Nazideutschland vom Zaune gebrochen hatte und der nach Deutschland zurückgekehrt war, wurde sie von einigen vernünftigen und mutigen Deutschen kampflos an die Sowjetarmee übergeben. Folglich schlug ihr der Krieg fast keine sichtbaren Wunden. In diesem Zusammenhang soll sie den Beinamen „Goldene Stadt“ erhalten haben. Wir gewannen den Eindruck, dass es sich um eine „gemütliche Stadt“ handelt. Dies ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass in Döbeln offensichtlich schon kurz nach 18:00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden. Wenige Einheimische auf den Straßen, Touristen waren überhaupt nicht zu sehen. Aber wir fanden zum Glück noch ein „Chinesisches Restaurant“, das für uns ein magenfüllendes Abendbrot bereithielt.
Wir waren die einzigen Gäste, das Essen restaurant-chinesisch, die Abschluss-Schnäpse „auf Kosten des Hauses“. Wie üblich handelte es sich dabei nicht um Schnaps, sondern um ein Zuckerwässerchen. Das Gespräch mit der hübschen Besitzerin des Etablissements interessant und sehr freundlich. Sie erzählte uns ein wenig von ihren Geschäftssorgen und auch von Integrationsproblemen der Vietnamesen im Geschäftsleben von Döbeln.
Auf dem kurzen Weg ins Hotel freute ich mich noch einmal über das liebevoll erhaltene bzw. wiederhergestellte kleinbucklige Kopfsteinpflaster auf den Plätzen und in den Gassen. Sogar die schmalen Gleise der Döbelner Pferdebahn gibt es noch. Die traditionsreiche Bahn fährt aber nur noch auf Bestellung. Für Touristen, für Besucher der Stadt, für Hochzeitsgesellschaften oder einfach für neugierige Leute, die mal mit einer alten Straßenbahn fahren wollen.
Jetzt lege ich den Kugelschreiber gleich aus der Hand. Wie schon oft in Hotel- oder Pensionszimmer erlebt: Das Licht zum Schreiben zu dürftig, der Bildschirm des Fernsehgeräts für altersmüde Augen zu klein. Folglich: Ab ins Bett!
Ach so: Anne und ich, wir haben uns hier in Döbeln noch neue Anoraks gekauft. Die erste Jacke, welche mir angeboten worden war, konnte und wollte ich nicht mit 350 Euro bezahlen. So exklusiv kann und muss die Ausrüstung ja nicht sein! Aber wir haben doch zwei ordentliche Anoraks erworben. Unsere alten Jacken, sauber und für normalen Gebrauch noch funktionsfähig, brachten wir zur freundlichen Leiterin der Touristinformation. Sie versprach uns, diese an eine soziale Kleidersammelstelle weiterzugeben. Jetzt aber endgültig: Ruhe im Schiff!
Die Wanderung
Wegweiser des Zschopautalweges
Markierungszeichen des Zschopautal-Wanderwegs weißes Rechteck mit rotem Querbalken
Wanderweg – Skizze siehe: folgende Seiten
10. September
1. ETAPPE
Döbeln – Technitz – Waldheim – Burg Kriebnitzstein – Falkenhain am Kriebnitzstausee
22 Kilometer
Obwohl uns kein nächtlicher Großstadtlärm störte, schliefen wir unruhig. Startfieber? Vorfreude!
Beim Frühstück im Hotelrestaurant großes Gewimmel. Eine dänische Reisegruppe beherrschte das Revier. Die Verabschiedung von der Hotelchefin von unserer Seite aus betont sachlich, da wir am Vorabend von ihr unhöflich behandelt worden waren. Die uns zahlenmäßig überlegene Touristenschar hatte sie überfordert, so dass wir bei ihr kein Abendbrot bekamen.
Als wir lostrabten, lag Döbeln noch in völliger Morgenruhe. Sehr verschlafene Sonnabendmorgenstimmung in der Kleinstadt. Eine ältere Frau, welche die Straße fegte, romantisierte das Bild. Eine andere etwa Gleichaltrige, die aus dem Fenster nach dem neuen Tag Ausschau hielt, fehlte ebenfalls nicht im Bild. Dagegen waren Kirchgänger, wie man für eine Kleinstadt annehmen müsste, noch nicht zu sehen. War es zu früh, oder war dies dem „atheistischen Osten“ geschuldet, wie in den westlichen Bundesländern immer wieder mehr oder weniger vorwurfsvoll festgestellt wird? Es stimmt schon: Auch nach unseren Wanderbeobachtungen sind zum Beispiel in süddeutschen Städten zur Sonnabendmorgenzeit oder des Sonntags die Kirchgänger von der Zahl her deutlich sichtbar auf dem Weg in die Gotteshäuser.
Um Kräfte zu sparen, hatten wir uns entschlossen, die langweiligen Straßenkilometer bis zum „scharfen Start“ direkt am Zusammenfluss von Zschopau und Mulde nicht zu laufen. Das erwies sich im Verlaufe des Wandertages als richtig, da sich die erste Etappe als unerwartet anspruchsvoll und lang präsentierte. An der Busendhaltestelle bis auf uns und ein Mädchen keine wartenden Fahrgäste. Wir stiegen als einzige in den vierrädrigen Vertreter des öffentlichen Nahverkehrs ein. Das sollte sich als ein kleiner Vorteil erweisen.
Durch die Busfahrt kamen wir noch zu einer kleinen interessanten Rundfahrt um Döbeln. Über die Hügel führt die Linie fast rund um die Stadt. So erschloss sich uns der Reiz ihrer Lage zwischen den Ausläufern des Erzgebirges und an den Ufern der Mulde. Als Zugabe erklärte der freundliche Busfahrer einiges zu den Stadt- und Landschaftsbildern. Wir bedankten uns beim Verabschieden.
Technitz – ebenfalls verschlafener Ort, wenngleich deutlich kleiner und dörflicher als das benachbarte Döbeln. Nach zwei oder drei Landstraßenkilometern standen wir am „scharfen Start“ unserer Wanderung. Wir sahen die Zschopau in die größere Freiberger Mulde „aufgehen“. Hier von der Mündung des erzgebirgischen Flusses wollen wir bis zu seiner Quelle wandern. Das sollen laut Wanderheftangaben genau 137 Kilometer sein. Die ersten etwa 22 Kilometer sind wir heute gewandert. Beweisfotos unseres Startstandpunktes sowie unseres Etappenzieleinlaufs wurden mit der kleinen Digitalkamera „geschossen“.
Am Anfang der ersten Etappe liefen wir einige Zeit auf einer kleinen Landstraße oberhalb des Flusses. Wir hatten Mühe, die Wandermarkierung zu finden. Endlich entdeckte Anne das rote Band auf dem etwa 20 x 30 Zentimeter großen weißen Viereck. Diesmal an einem in den Wiesenboden eingerammten Holzpfosten. Rotes Band – das Zeichen für einen Hauptwanderweg. Im Gebirge markiert es meistens den Kammweg. Das eigentliche Zschopautal-Logo soll eine stilisierte grüne Burg zeigen. Wir haben es heute noch nicht entdeckt.
Nach einer längeren Wiesenüberquerung gelangten wir endlich an den Fluss. Hier strömt er ruhig in seinem Lauf, aber sehr kräftig. Wir liefen in typischer Flussauenlandschaft: verwachsene Uferränder, feuchte und zum Teil sumpfige Wiesenstellen, sich dem Wasser zuneigende Bäume. Sogar die Bissspuren fleißiger Biber an Baumstämmen entdeckten wir. Die Sonne malte kräftig mit an diesem interessanten Landschaftsbild. Weiße Wolken am blauen Himmel rundeten das Postkartenmotiv ab. „Klärchen“ machte uns aber bald mit sommerhaften Temperaturen zu schaffen. In einer Kleingartensiedlung, durch die unser Weg führte, mussten wir um neues und frisches Wasser für unsere Trinkflaschen bitten. Die Bitte wurde uns, wenn auch mit erstaunten Blicken, gewährt. Anne stellte fest, dass die Spenderfrau nicht das Wasser aus dem Hahn hatte ablaufen lassen, bis es eine kühle Temperatur erreichte. Unaufmerksamkeit oder Sparsamkeit?
In der Nähe des Ortes Limmritz das erste Eisenbahnviadukt, das wir auf unserer Wanderung sahen. Ein kühnes Bauwerk wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, welches da immer noch den Fluss überspannt. Feine Handwerkerarbeit die Brücke – Stein auf Stein gemauert und nicht aus langweiligen großen Betonteilen zusammengesteckt, wie das in heutigen Zeiten üblich ist.
Zusätzlicher Schaueffekt: Eine zweite Brücke spannte sich in der Spiegelung auf der Wasseroberfläche über den Fluss. Allerdings auf dem Kopf