Erhard Heckmann

Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt


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sofort einige Pferde und schickte die die restlichen zur Auktion. Unter ihnen Fohlen, 31 Stuten und neun Deckhengste. Ben Brush, Delhi, Peter Pan, Colin, Celt und Sweep gehörten dazu. Peter Pan wurde auf H. P. Withneys Gestüt erfolgreich, und auch Sweep machte weitere Karriere, während sich auf den Weiden von Castleton bald Traber und Turnierpferde tummelten.

      R. A. ALEXANDER

      war ein anderer Züchter, der mit teuren Ankäufen eine ähnlich kraftvolle Zucht aufbauen konnte, wie die von Keene. Für den Hengst Lexington gab Alexander damals mit 15.000 Dollar eine ähnlich gewaltige Summe aus, wie es die 37.500 Guineas bedeuteten, die Edmond Blanc ausgab, der etwa fünfzig Jahre nach ihm das Zeitliche segnete. Zunächst aber hatte im Dezember 1899 der Duke of Westminster diese Welt verlassen, sodass dessen im Training befindlichen Pferde im März 1900 versteigert wurden. Und zu diesen zählte auch das letzte großartige Rennpferd des Dukes, der Triple Crown-Sieger von 1999, Flying Fox, für den der Franzose jenen Preis – damals Weltrekord für ein im Ring verkauftes Pferd – auf den Tisch legte. Flying Fox zeugte Ajax (Französisches Derby; Großer Preis von Paris), dieser an Teddy (führender Hengst in Frankreich) den Vater von Sir Gallahad III und Bull Dog, der Vater von Bull Lea und Gaga wurde, die dem großen Tom Fool das Leben schenkte.

      Dass Lexington in Alexanders Besitz kam war Zufall, denn der Amerikaner traf bei seiner Europareise 1855, die der Suche nach hervorragenden Stuten und dem „besten Hengst der Welt“ galt, zufällig auf seinen Landsmann Richard Ten Broeck. Und dieser beantwortete ihm die Frage nach dem Hengst mit dem Satz „das beste Pferd der Welt steht nicht in England, sondern ganz in der Nähe von Woodburn“. Das war Robert A. Alexanders 2.000-Acker großer Besitz in Kentucky, und der Hengst hieß Lexington. Der damals Fünfjährige hatte den großen Vier-Meilen-Champion Boston zum Vater, der 3 x 3 auf Dimoed, Englands ersten Derbysieger, ingezogen war. Bosten (Timoleon) verlor zwar sein erstes Rennen, gewann jedoch in den folgenden fünf Jahren 36 von 37 Starts und insgesamt 40 von 45 Versuchen. Dreißig seiner Erfolge errang er in Vier-Meilen-Stechen, und zur Gesamtbilanz gehören noch drei Platzierungen und die Gesamtgewinnsumme von 51.700 Dollar. Im Gestüt stand er von 1841 bis 1843 an der Spitze der Beschäler. Sieben Jahre später war er tot.

      Und Bostons Urgroßvater Diomed wurde gewissermaßen nicht nur das Stammpferd der amerikanischen Vollblutzucht, sondern auch die Traber der USA verdanken diesem Vererber sehr viel. Für den extrem hohen Preis, den Alexander für Diomeds Ururenkel Lexington gezahlt hatte, musste er zunächst viel Spott ertragen, denn seine Erwerbung war schon fast blind, und Lexingtons älteste Nachkommen erst Absetzer.

       Der 1833 geborene Boston war Amerikas erstes großes Rennpferd (Foto nach einem Gemälde von Edward Troye)

      Während des Bürgerkrieges (1861-65) war auch der „Randstaat“ Kentucky betroffen, und die großen Farmen und Gestüte wurden von beiden Parteien beraubt, denn auch die Army brauchte Pferde, Futter und Lebensmittel für die Truppen. Nach dem Krieg kam ein Agent Alexanders mit 200.000 Dollar Preisgeld zurück, denn er hatte dessen Rennpferde während dieser Zeit in Kanada betreut und gestartet. „You have saved Woodburn“, soll der Züchter damals zu seinem Freund gesagt haben.

      Lexington, der auch im hohen Alter von 25 Jahren noch seine Durchschlagskraft behalten und u. a. den Champion Duke of Magenta und vier weitere gute Sieger gezeugt hatte, hinterließ 533 Fohlen, die aus insgesamt 963 Paarungen entstanden. Und das war zu einer Zeit, als die Befruchtungsrate noch ziemlich niedrig war, weil moderne wissenschaftliche Erkenntnisse fehlten. Der gewaltige Einfluss dieses Hengstes zeigt sich auch in der Tatsache, dass er von 1861 bis 1874 die Liste der erfolgreichsten Deckhengste Amerikas in ununterbrochener Folge anführte, und zwei weitere Beschäler-Championate nach seinem Tod noch hinzukamen. Selbst der große Deckhengst Glencoe, der als Fünfjähriger 1836 aus England importiert wurde und die Herod-Hengstlinie vertrat, kam nur auf acht dieser Titel. Doch es waren die Töchter Lexingtons, die Alexander aufkaufte wo immer es ging, die die Mütter von vielen der besten Nachkommen Lexingtons wurden. Man muss auch davon ausgehen, dass dieser Hengst noch besser war, als es seine Erfolge zeigen, denn als Lexington zur Kriegszeit auf der Höhe seiner Gestütskarriere war, wurden von seinen 218 Paarungen, die seine Jahrgänge drei bis fünf ausmachten, nur 24 Sieger registriert. Und das läßt zumindest vermuten, dass etliche seiner Söhne und Töchter in den Krieg ziehen mussten, statt die Rennbahn zu betreten. Bedenkt man, dass England/Irlands bester Hengst des 19. Jahrhunderts, der große St. Simon, nur neunmal an der der Spitze der Beschäler stand und seine gezeugte Qualität im Alter erheblich nachließ (den letzten klassischen Sieger zeugte er mit 15 Jahren), und in Italien Havresac insgesamt auf elf Deckhengst-Championate kam (10 davon in Folge), dann erscheint Lexingtons Leistung in noch viel hellerem Licht.

      Insgesamt wurde Lexington Vater von 12 Champions: Idlewild (1857) kaufte Alexander für seine Stutenherde; Kentucky gewann 21 von 23 Rennen; Asteroid und Norfolk wurden 1861 beide zu Woodburn gezogen und blieben ungeschlagen. Letzterer zählte zu seinen fünf Erfolgen auch das Jersey Derby, während Asteroid (12 Siege) als Dreijähriger während des Amerikanischen Bürgerkrieges bei einem Überfall auf das Gestüt in die Hände der verbündeten Aufständigen fiel, jedoch durch einen befreundeten Major für 250 Dollar wieder ausgelöst werden konnte, weil sein Reiter den Wert des Pferdes nicht kannte. Die 1865 auf eigener Scholle gezogenen General Duke (18 Siege; Belmont Stakes) und Vauxhall (Vierjährig Champion Handicapper) gingen Harry Bassett (1868) voraus, der als Zwei- und Dreijähriger der Champion war, die Belmont Stakes gewann und ein Jahr später in Handicap-Rennen dominierte. Den 14-fachen Sieger Tom Bowling (1870) zog Henry Prince McGrath, und Acrobat (1871) wechselte beim Woodburn Yearling Sale für 2.000 Dollar den Besitzer. Die letzten drei dieser Champions, Tom Ochiltree (1872; Preakness Stakes, 21 Siege), Sultana (Champion-Dreijährige 1876) und Belmont Stakes-Sieger Duke of Magenta (1875) wuchsen wieder auf Alexanders Gestüt auf und trugen die Farben ihres Züchters. Und einen solchen Rekord erreichte im 19. Jahrhundert kein anderer Hengst!

      Lexington war nicht das erste großartige Rennpferd amerikanischer Zucht, aber seine Gesamtleistung für diese war außergewöhnlich. Seine Töchter wurden von den Züchtern sehr begehrt, und der Erfolg dieser arbeitete in vielen Fällen gegen die Söhne Lexingtons, denn dessen erfolgreiche Renn- und Zuchtstuten waren keine geeigneten Partnerinnen für seine Söhne.

      Lexingtons Stallgefährte zu Woodborn war Australian (1858), ein Sohn des großen Triple Crown-Siegers West Australien, den ein Mr. A. Keene Richards als Absetzer mit seiner Mutter aus England importiert hatte. Damals hörte der kleine Hengst, dessen spätere Rennleistungen eher bescheiden waren, noch auf den Namen Millington. Als ihn Alexander 1861 kaufte, taufte er ihn auch gleichzeitig auf Australian um. Dieser Kauf passte eigentlich nicht zu den übrigen Entscheidungen des Gestüsbesitzers, doch wurden Vermutungen überliefert, dass Alexander einem in Kentucky lebenden Südstaatenverfechter und Freund, der damals als reichster Mann Kentucks galt, wohl einen Gefallen tun wollte. Mit der Stationierung des Hengstes zu Woodburn war eine Konfiszierung durch die Nordstaaten-Armee ausgeschlossen, sollte sie nach Kentucky kommen.

      Australian war aber auch nobel gezogen, und in seinem Pedigree fanden sich ebenfalls zwei Kreuzungen des englischen Derbysiegers von 1815, Whisker (Waxy). Dieser war 3 x 4 auf Herod und 4 x 4 auf den Flying Childers Enkel Snap (1750) ingezogenen, und von seinen Nachkommen wurden einige Töchter sehr gute Zuchtstuten.

      Der Dritte Duke of Grafton, der drei Derby-Sieger besaß, war 1811 gestorben. Sein Sohn, unterstütz durch das Fachwissen seines Bruders Lord Henry Fitzroy und die Kunst des großen Trainers Robson, gewann zwar nur ein Derby (Whistler, der mit kurzem Kopf siegte), doch letztendlich übertraf er die Erfolge seines Vaters. Innerhalb von neun Jahren gewann er die 2000 Guineas fünfmal, die Oaks siebenmal und die 1000 Guineas achtmal.

      So schwach auch die Leistungen Australians auf der Rennbahn waren, im Gestüt zeugte er eine lange Reihe hochklassiger Pferde, gilt als Begründer der Fair Play-Hengstlinie und führte sechsmal die Stallions seiner Wahlheimat an, ehe er 1879 starb. Zu denen, die die amerikanische Vollblutzucht am stärksten beeinflussten, zählte u. a. der 1876 aus der Lexington-Tochter Aerolite von Alexander gezogene Champion und Belmont Stakes-Sieger Spendthrift. Dieser führte