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Herbert Günther
Der Versteckspieler
Die Lebensgeschichte des Wilhelm Busch
»Der Versteckspieler« erschien 1991
beim Union Verlag, Fellbach,
und 2002 bei Beltz & Gelberg, Weinheim.
© 2011 zu Klampen Verlag • Röse 21 • D-31832 Springe
[email protected] • www.zuklampen.de
Umschlag: »In Zeiten wie diesen« – Büro für Kommunikation, Konzept & Kreation, Hannover
ISBN 978-3-86674-132-4
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über «http://dnb.d-nb.de» abrufbar.
»Kein Ding sieht so aus, wie es ist.
Am wenigsten der Mensch,
dieser lederne Sack voller Kniffe und Pfiffe.«
Wilhelm Busch
Feldweg bei Wiedensahl. Zeichnung von Wilhelm Busch
Was weiß ich denn noch aus meinem dritten Jahr?
Knecht Heinrich macht schöne Flöten für mich und spielt selber auf der Maultrommel, und im Garten ist das Gras fast so hoch wie ich, und die Erbsen sind noch höher; und hinter dem strohgedeckten Hause, neben dem Brunnen, stand ein Kübel voll Wasser, und ich sah mein Schwesterchen drin liegen wie ein Bild unter Glas und Rahmen, und als die Mutter kam, war sie kaum noch ins Leben zu bringen.
Wilhelm Busch, Von mir über mich
Inhalt
IV. Im Haus der besseren Leute
Quellen- und Literaturverzeichnis
I
Draußen vorm Dorf
Auf dem Weg von der Schule ist auf einmal Krischan neben ihm. Sie schlendern um den Teich in der Mitte des Dorfes, beäugen sich misstrauisch aus den Augenwinkeln. Endlich rückt Krischan raus mit der Sprache.
»Ihr habt doch Pulver in eurem Laden?«
»Was für Pulver?«, fragt Wilhelm.
»Peng!«, macht Krischan und lacht. Er zieht einen großen verrosteten Kirchenschlüssel hervor und hält ihn Wilhelm unter die Nase. Der Schlüssel ist mehr als doppelt so lang wie seine Hand und innen hohl.
»Da«, sagt Krischan und zeigt auf ein fingerkuppengroßes Rostloch am Schlüsselhals. »Blei ist schon drin. Brauch nur noch das Pulver. Und dann …« Er bläst die Backen auf. »Pamm! … Peng! … Bum!« Krischan explodiert förmlich vor Wilhelms Augen. Sein Grinsen wirkt ansteckend.
»Und wenn wer was merkt?«, fragt Wilhelm.
»Pah«, macht Krischan und sieht ihn verächtlich an.
Schon ist Wilhelm wieder der brave Kaufmannssohn, der er nicht sein will. Er weiß, wo Pulver zu finden ist.
»Wann denn?«, fragt er und hat sich noch längst nicht entschieden.
»Heute Nachmittag«, sagt Krischan. »Draußen im Wald. Du kommst mit mir mit.«
Dieser letzte Satz gibt den Ausschlag. Wilhelm nickt.
»Das gibt einen Knall, das hören sie bis Loccum rüber!«
Bloß nicht, denkt Wilhelm. Aber standhaft bleibt er diesmal dann doch.
Eine halbe Stunde später schleicht er auf den Speicher und füllt aus dem steinernen Krug eine Tüte mit Pulver ab.
Am Nachmittag wartet er draußen vorm Dorf auf Krischan. Endlich kommt er über den Grasweg zwischen den Ackerstreifen. Er führt die beiden Kühe des Küsters am Strick, eine schwarze und eine braune. Schon von weitem winkt er herüber und johlt. Muss er so einen Spektakel machen, ärgert sich Wilhelm.
Aber je weiter sie sich dann vom Dorf entfernen, je kleiner das Elternhaus hinter ihnen wird, umso höher steigt seine Erwartung. Er spürt eine kribblige Vorfreude auf Weißnichtwas, nicht nur auf den Knall. Im Tempo gemächlicher Kuhschritte nähern sie sich dem Wald.
Barfuß, mit mehrfach geflickter Hose, zerrissenem Hemd, kräftigen Armen, mit rundem, offenem Gesicht, so gehört Krischan hierher in Wiesen und Wald wie die Ähre zum Halm. Krischan sagt Ja oder Nein, entweder ist man sein Freund oder man prügelt sich mit ihm. Alles »vielleicht« oder »weiß nicht« gilt nicht für Krischan.
Tatsächlich ist der Knall so mächtig, wie er es noch nie vorher