wurde mir klar, wie tief das Internet bis in alle Altersschichten eingedrungen war, wie einfach jeder damit umgehen kann und was es alles leistet.
Einige Jahre später, die Eltern hatten inzwischen einen Tablet-PC, kam Nico – nun bereits auf dem Gymnasium – auf mich zu und sagte:
Opa, du hast doch viel mit Computern gearbeitet. Kannst du mir nicht mal erklären, wie das Internet funktioniert?
Nun, Nico, das Internet ist zunächst einmal ein großes Netz, mit dessen Hilfe du nahezu alles an Informationen aus allen Computern auf der Welt holen kannst. Du kannst surfen und mit allen möglichen Leuten kommunizieren. Da gibt es Hardware, das sind Millionen Router, Clients und Server, die durch ein die ganze Welt verbindendes Netz aus Kupfer- und Glasfaserkabeln verkoppelt sind, erweitert um Erdfunkstrecken und Satellitenfunkstrecken. Es gibt eine mehrschichtige Software, die Datenpakete automatisch vom Sender zum Empfänger schickt. Und es gibt unzählige durch »Hyperlinks« verknüpfte Informationsfelder.
Das versteht doch kein Mensch, Opa! Das sieht nach einer Definition im Lexikon aus. Ich möchte wissen, wie das wirklich funktioniert, was dahinter steckt. Wie geht das mit den Computern, wer ist der Google, wieso klappt das in einem so großen Netz über die ganze Welt? Warum geht das alles so schnell und wer bezahlt diese ganze Entwicklung? Und das möchte ich bitte in einer Sprache erklärt bekommen, die ich auch verstehe.
Mir wurde klar: Ich muss mein in Jahren erworbenes Wissen über all diese Dinge strukturieren und so darstellen, dass ohne große Vorkenntnisse Schritt für Schritt in diese phantastische Internet-Welt spaziert werden kann. Also verabredete ich mit meinem Enkel, dass bei jedem Treffen ein Kapitel dieses umfangreichen Themas behandelt werde.
Nebenbei empfand ich diese Lehraufgabe als eine schöne Möglichkeit, vieles von dem zusammenzutragen, was ich in langer Berufstätigkeit gelernt, erarbeitet und angewendet habe. Also sollten diese Informationsrunden auch ein wenig Autobiographisches enthalten und dem Enkel sowie der übrigen Familie einen kleinen Einblick darin geben, was mich an meinem Beruf so fasziniert hat.
Also Nico, es geht los. Wir sprechen über Netze. Wie sind die aufgebaut, wie kommt man über sie überall hin und wie kommt man in sie hinein? Da sich im Netz Millionen von Computern befinden, muss ich dir erklären, was ein Computer eigentlich ist, wie er funktioniert und wie er sich im Netz verhält. Da das alles mit Strom läuft, müssen wir auch lernen, wie der Strom sich die vielen Informationen schnappt und überall hin- und herschickt und wie das mit den Speichern ist.
Danach kommen wir in unser eigentliches Thema. Wie findet man im Internet alles, was man sucht? Damit wir uns in den vielen Texten, Bildern und der Musik zurechtfinden, müssen wir lernen, wie die Verbindungen aufgebaut werden und mit welchen Techniken wir es dabei zu tun haben.
Das geht bis zu den sogenannten Suchmaschinen. Das Internet erstreckt sich über die ganze Welt, also muss man eine gemeinsame Sprache finden, damit sich diese unterschiedlichen Techniken verstehen.
Wie in der Diplomatie, also im Umgang der Nationen untereinander, Regeln gelten, die man Protokolle nennt, so gibt es auch technische Protokolle oder Vereinbarungen für das Zusammenwirken der Netz- und Computertechnik. Die Grundprinzipien dazu musst du kennen, wenn du die Basis des Internets verstehen willst.
Wir haben jetzt für viele Monate unser Programm. Du stellst die Fragen und ich versuche, sie zu beantworten.
1.1. TELEFONNETZE
Opa, ich kann etwas Englisch: Internet heißt doch Netz, nicht wahr?
Nicht ganz richtig, Nico. Man versteht unter Internet noch viel mehr, nämlich neben dem technischen Netz noch die Methoden oder Anwendungen, mit denen man in den Netzen herumreisen kann. Vielleicht hast du schon einmal vom WWW, dem World Wide Web, gehört oder bei Papa E-Mails gelesen. Das gehört auch dazu und ist Gegenstand des zweiten Teils unseres Gespräches.
Na klar, habe ich davon gehört. Papa und Mama reden dauernd darüber. Immer müssen sie erst ihre E-Mails lesen, bevor der Tag richtig beginnt. Wie das alles im Kern funktioniert, das mir zu erklären, dazu fehlt Ihnen die Zeit. Möglicherweise wissen sie es nicht einmal genau.
Deswegen sitzen wir zusammen, Opas haben für ihre Enkel immer Zeit. Also, es geht los mit dem Netz, das wir auch von der Spinne kennen. Viele Ecken und Enden sind miteinander verbunden; wichtig ist dabei, dass man mindestens auf zwei Wegen von einem zum anderen Punkt kommt. Es könnte ja mal eine Verbindung, also ein Knoten oder eine Leitung gestört oder kaputt sein.
Das ist doch nichts Besonderes, das gibt es mit dem Telefonnetz schon lange. Damit kann ich in der ganzen Welt herumtelefonieren und das heute ohne Leitung, denn wir sprechen meistens inzwischen mit dem Handy.
Richtig, Nico, das Telefonnetz ist die Basis für alles, was wir besprechen werden, was uns zum Verständnis des Internets führt. Sicher weißt du, dass jeder Telefonanschluss eine Nummer hat und auch eine Vorwahlnummer für die Orte und zusätzlich für die Länder. Diese Nummern führen zu sogenannten Vermittlungsstellen. Die stellen die Weichen, wohin die Verbindung geschaltet werden soll. Als man noch nicht die Techniken für das Schalten hatte, machte dies das »Fräulein vom Amt«. Früher hat man die Telefonscheibe gedreht, dann wusste der Strom, welche Zahl man wollte. Heute tippt man die Ziffern ein. Das ergibt unterschiedliche Stromsignale, die als Zahlen verstanden werden und die Schaltung aufbauen.
Wie kann denn aus der Sprache beim Telefonieren Strom werden?
Die Sprache wird beim Telefonieren in unterschiedliche Stromsignale übersetzt. Du weißt sicher, dass die Sprache Schallwellen sind, also Druckwellen in der Luft. Diese Druckwellen bringen beim Auftreffen auf das Trommelfell oder die Membran eines Mikrofons Schwingungen hervor. Das Mikrofon erzeugt einen Stromfluss, dessen Spannungsschwankungen den Druckschwankungen der Schallwellen entsprechen. Dieses Wellenmuster kann auch, wie du sicher schon erlebt hast, auf einem Tonband oder in Tonrillen gespeichert werden. Wenn man mehrere tausend Mal pro Sekunde diese Spannungen misst, und diesen Messwerten eine Zahl zuordnet, dann hat man Töne in Zahlen ausgedrückt. Ein Bild zeigt dir, wie das in etwa aussieht.
Abb. 1 Digitalisierung
Ich habe mal vom digitalen Telefonieren gehört, ist das etwas anderes?
Nein, das ist genau das, was ich gerade beschrieben habe. Diese Stromschwankungen werden im Telefonhörer wieder in die Sprache zurückversetzt. Man baute sozusagen kleinste Stufen für die Lautstärke und die Tonhöhe, für die man Zahlen definierte. Zahl oder Stelle heißt im Englischen digit. Daher kommt der Begriff digital, wenn es nicht stufenlos, sondern in durch Zahlen gesetzte Schritte rauf und runter geht. Ansonsten nennt man die Signale analog.
Und was ist analog?
Analog ist die Eigenschaft einer Sache, sich im Hinblick auf die Größe oder Stärke nicht schrittweise, sondern kontinuierlich zu verändern. Zur Verdeutlichung nimm eine Tür. Analog ist sie »ein wenig« oder »fast halb« auf oder »nahezu« geschlossen. Ein anderes Beispiel ist der Dimmer, dessen Einstellung sich stufenlos ändern lässt. Neulich habe ich einen anderen Vergleich gelesen: Analog ist wie ein Wasserstrahl, mit kontinuierlichen Schwingungen, digital wie ein Maschinengewehr, das einzelne Impulse erzeugt. Digital kann man nur sagen, die Tür ist offen oder geschlossen. Diese digitalen Zustände sind eindeutig definiert, deswegen kann man sie mit Zahlen belegen. Offen oder geschlossen kann man auch mit nur zwei Zahlen belegen, zum Beispiel mit 0 oder 1. Auf diese Art der Darstellung kommen wir zurück, wenn wir uns mit den Computern beschäftigen.
Du hast früher erzählt, dass ihr in eurer Firma bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, also vor vierzig Jahren Datenfernverarbeitung betrieben habt, als man noch nicht digital telefonieren konnte. Wie habt ihr denn das hingekriegt?
Das