Horst Rittenbruch

Opa, wie funktioniert das Internet?


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nach und nach mit den externen Netzen verbunden. Kein Nutzer will lange Wartezeiten, alle wollen unabhängig von der Entfernung in der ganzen Welt überall herumspringen. Wir haben schon gelernt, dass es immer mehrere Wege geben muss, weil es bei jeder Technik manchmal Ausfälle gibt. Natürlich müssen auch die Computer, die du besuchst, einen Ersatz – technisch sagen wir ein Backup – in Gang setzen, wenn sie mal nicht mehr funktionieren.

      Ich erinnere mich, dass du mal erzählt hast, dass ihr in eurem Rechenzentrum zwei Großrechner und auch zwei Netzrechner für die Steuerung der Leitungen hattet. Wenn der Strom ausfällt, läuft aber trotzdem nichts und dann?

      Dann haben wir eine kurze Zeit mit großen Batterien weiter gearbeitet, die automatisch den Strom lieferten, so lange, bis wir unser Notstromaggregat angeworfen hatten. Die wichtigen Rechner im Netz müssen alle so abgesichert sein. Deswegen sind in den letzten Jahren riesige Rechenzentren entstanden. Wenn bei dir zu Hause der Computer kaputt ist, ist das vielleicht nicht ganz so schlimm. Oder doch? Inzwischen hat man sogar durch Gerichte festgestellt, dass das Internet zum täglichen Leben gehört.

      Ein Ausfall kann zu Ansprüchen an den Netzbetreiber führen. Nun haben die Ingenieure bei der Telekom und den anderen Netzanbietern noch ein Riesenproblem. Sie wissen niemals, wie viele Daten durch das Netz jagen und wie viele oder wie starke (dicke) Leitungen benötigt werden und wie sie überall eventuell eine Ersatzleitung zur Verfügung stellen können. Bei der zu Anfang erwähnten Leitungsvermittlung wird zwischen den Teilnehmern eine Leitung geschaltet und bleibt solange bestehen, bis das Telefonat oder auch die früher übliche blockweise Datenübertragung beendet ist. Dabei gibt es ja auch nur kurze Sprechpausen. Bei der Datenkommunikation ist das völlig anders. Es gibt mal eine riesige Datenmenge, dann wieder nur sehr wenige Übertragungen. Die Leitungen wären möglicherweise ganz schlecht ausgelastet oder überlastet. Es gibt eventuell riesige Stauprobleme.

       Dann bräuchte man, könnte ich mir denken, so etwas wie ein Verkehrsleitsystem.

      Richtig, Nico. Es kommt aber noch ein anderes Moment hinzu. Die ersten Rechnernetze entstanden in den USA zwischen den Computern in den Universitäten im Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Darin sollte natürlich keiner lauschen, also arbeitete man zusätzlich an Verschlüsselungssystemen. Und so ging 1969 eine erste Lösung dieser Probleme in Betrieb, die man »Arpanet« nannte und die heute als Keimzelle für das Internet gilt. Ingenieure sind oft sehr erfinderisch. Herausgekommen ist eine tolle Lösung, die man Paketvermittlung nennt.

       Macht man dabei aus all den Daten etwa Pakete?

      So ist es. Diese Technik ist im Kern sehr kompliziert, im Prinzip ähnelt sie der Paketauslieferung der Post, daher auch der Name. Die Post muss in Deutschland täglich mehrere Millionen Pakete über das ganze Land verteilen und bündelt sie in den einzelnen Regionen nach Transportrichtungen. Dann werden die Pakete mit großen Lkws in die über das ganze Land verteilte Unterzentren transportiert, dies zumeist über die schnellen Autobahnen. Wenn die Autobahn wegen eines Unfalls gesperrt ist, gibt es, wie du bestimmt schon erlebt hast, eine Umleitung. Das geht häufig über kleine Straßen, die auch anschließend benutzt werden müssen, wenn die Pakete in die kleinen Orte und in die Straßen gebracht werden müssen. Dazu werden die Pakete neu sortiert und mit kleineren Auslieferungswagen zur endgültigen Adresse gebracht. Also: In den großen und kleinen Verteilstellen werden die Adressen (meistens natürlich technisch) gelesen und die Pakete über Sortiermaschinen und Förderbänder auf die bereitstehenden Lkws transportiert. Dieses wird heute natürlich alles über Computerprogramme gesteuert, ich habe viel damit zu tun gehabt.

      Diese Verfahren haben sich die Netzingenieure und Telekomexperten als Vorlage genommen und sich überlegt, wie man die zu transportierenden Daten in Pakete, also in kleine Abschnitte aufteilen kann und mit welchen Steuerungsprogrammen die Teildaten, also die Pakete durch das Netz gejagt und wie sie wieder zusammengesetzt werden können.

       Gibt es im Netz auch Zwischenlager oder Unterzentren wie im Paketdienst?

      Gibt es. Die Datenpakete werden unabhängig voneinander über ganz verschiedene Zwischenstationen zum Empfänger geleitet. Bei jedem Stopp wird die Empfängeradresse des Paketes gelesen und mithilfe einer Routingtabelle geprüft, auf welcher Strecke das Paket die nächste Station am schnellsten erreichen kann.

       Opa, das ist sicher wieder die gleiche Logik wie beim Navisystem, nicht wahr?

      Genau. Die Paketvermittlung benutzt also keine fest geschalteten Leitungen wie wir das früher bei stark benutzten Wegen gemacht haben. Sie sucht sich immer neue freie Wege. Das geht auch deswegen so gut, weil die Datenautobahnen mehrere Übertragungen gleichzeitig bewerkstelligen können.

      Es ist klar, dass all diese Pakete Absender und Adresse benötigen, damit sie im Ankunftsort wieder zusammengesetzt werden können und, falls ein Fehler auftritt, zurück zum Absender geleitet werden können. In diesem Fall wird ein neuer Absendeversuch gestartet. Wenn eine Leitung die vielen Datenpakete nicht mehr schafft, errechnet ein Computer eine Umleitung, also eine neue Route. Daher heißen diese speziellen Computer auch Router. Sie befinden sich in den Knoten.

       Das klingt sehr einfach, wenngleich ich ahne, dass dahinter sehr ausgeklügelte Programme stehen. Die vielen Computer und die Netze sind nicht alle gleich, wenn ich zum Beispiel an japanische Entwicklungen denke, wie kriegt man das denn übereinander, das heißt, wie verstehen sich die unterschiedlichen Techniken?

      Nico, erinnerst du dich an die Diplomatie und deren Protokolle? Es ist äußerst mühsam, die vielen Techniker in den vielen Ländern zusammenzubringen, damit sie sich auf einheitliche Verfahren einigen. Techniker sind keine Politiker, also kriegen sie eine Lösung der Probleme über die Grenzen hinweg besser und schneller zustande. Ein internationales Protokoll für Datenpaketnetze ist nach langen Diskussionen in den Organisationen der Internationalen Fernmeldeunion unter der Leitung der UNO entstanden. Das war im Jahre 1976.

       Und wer betreibt das riesige Netz? Ist das die Telekom?

      Zum Teil schon. Die Telekom betreibt ein großes eigenes Netz, das wiederum nur ein Teil des riesigen Internets ist. Das Netz der Netze, das ist ja das Internet, wie du weißt, wird von keiner eigenen Organisation betrieben. Nur die Standards werden von privaten Gruppen gesetzt. Du kannst das auch so formulieren: Das Internet ist ein Chaos ohne eigene Verwaltung und funktioniert trotzdem. Es ist ein sich selbst organisierendes System oder ein freiwilliger Zusammenschluss unterschiedlicher Netzwerke von Firmen, Behörden, Instituten, Telekomunternehmen, Informationsdiensten und sonstigen Organen. Es ist dies die reinste Form elektronischer Demokratie.

       Also läuft das ohne Mitwirken der Politik?

      Im Prinzip schon. Wir werden später über das Schützen der vielen Daten sprechen, die überall im Netz herumschwirren. Da ist die Politik gefordert. Kehren wir nun zurück zum Telefonnetz.

      Wie alle Telefone eine Nummer haben, gilt das dann natürlich auch für alle Computer, wenn sie sich im Netz befinden, wie wir schon gehört haben. Diese Nummer ist natürlich ziemlich lang, weil es eben Millionen Computer und noch vielmehr Kleincomputer, also Handys oder Tablet-PCs in der Welt gibt.

      Opa, du hast doch einmal erzählt, dass du die Uni gewechselt hast, weil es in der neuen Uni einen Computer gab. Waren denn damals die Computer ganz seltene Exemplare?

      Das war in der Tat so, Nico. Anfang der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts glaubte man sogar, dass es auf der ganzen Welt nur eine Handvoll Computer geben wird. Zehn bis zwanzig Jahre später hatten dann doch viele Hochschulen einen Computer. Das waren riesige Schränke mit gewaltigen Klimaanlagen, weil der Strom die damaligen Bauteile so sehr erhitzte. Einer der ersten großen Universalcomputer mit dem Namen ENIAC aus dem Jahre 1947 war dreißig Meter lang und hatte einen Stromverbrauch wie heute 15 000 PCs. Er bestand aus 17 000 Röhren. Wenn wir also heute feststellen, dass es Milliarden Computer gibt, muss man sagen: Das war damals eine gewaltige Fehleinschätzung.

      Damit man mit diesen Computeradressen überhaupt umgehen kann, gibt es dafür Namen, die man sich viel besser merken kann, die es natürlich auch nur einmal geben darf. Man nennt diesen Namen auch Internetadresse, beispielsweise