der DDR nicht ohne Konsequenzen veröffentlichen können.
Die jüngeren Ereignisse im Irak haben den Ausschlag zur Entscheidung gegeben, diesen Roman zu überarbeiten und noch einmal an das Land zu erinnern, von dem ich die heiligsten Stätten, die kulturhistorisch wichtigsten Kleinode, die wundervollen Städte mit ihrem pulsierenden Leben und vor allem, die unvergleichlichen Basare, noch unzerstört gesehen hatte.
Landschaften von unbarmherziger Kargheit oder von außerordentlicher Schönheit, spiegelklare Seen, mächtige Berge, saftige Wiesen, gnadenlose Wüsten oder fruchtbare Oasen und das Leben an den Flüssen Euphrat und Tigris, geben ein Bild von dem Land wieder, das als die Wiege der Menschheit galt. Der Garten Eden, Quelle des menschlichen Lebens, so sagt die Legende, befindet sich tief im Süden des Landes bei Quarna, nahe Basra, am Persischen Golf.
Ich schloss Bekanntschaften mit ganz besonderen Menschen, Mohammed, ein weiser Mann aus Ägypten etwa, der mich in der arabischen Sprache unterrichtete und mir, nach neununddreißig Jahren der Flucht, als ersten Europäer, seine bewegende Lebensgeschichte erzählte. Oder Sadir, ein Kurde, den ich mit Stolz als Freund bezeichnen darf. Durch ihn lernte ich Land und Leute in einer unvergleichlichen Weise kennen, die in dieser Komplexität, jedem Tourist verschlossen blieb und es eröffnete sich für mich eine Betrachtungsweise der politischen und humanitären Gegensätze, die ich ohne meinen Freund Sadir nicht kennengelernt hätte.
Noch immer leiden die Menschen im Irak unter der politisch unsicheren Situation, unter Terroranschlägen und Unterdrückung durch die Aggressoren des sogenannten Islamischen Staates (IS).
Meine Gedanken sind sehr oft bei diesen Menschen und ich hoffe, dass dieses Land sehr bald zur Ruhe kommt und Normalität im Irak einzieht.
AUF DEM WEG NACH BAGDAD
Ein kühler, regnerischer Frühlingstag bestätigte mir die Richtigkeit meiner Entscheidung, für ein paar Jahre als Monteur in das Land zu reisen, welches ich bisher nur als Kind aus dem Märchenbuch „Geschichten aus 1001 Nacht“ kannte. Später erfuhr ich im Geschichtsunterricht mehr, als wir über das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak, sprachen. Ein Land voller kulturhistorischer Schätze, in dem Hitze und Sonnenschein keinesfalls als Mangelerscheinungen galten.
Ein Buch aus meinen Jugendtagen, in dem die Erlebnisse und Abenteuer eines deutschen Monteurs in einem arabischen Land beschrieben wurden, hatte damals in mir ein unstillbares Fernweh ausgelöst, das ich viele Jahre in mir trug, ohne Hoffnung, dass diese Sehnsüchte irgendwann Realität werden könnten.
Noch weniger ahnte ich, dass ich selbst einmal so aufregende Abenteuer erleben würde, die sich lohnen würden, sie in geeigneter Form wiederzugeben. Und nicht genug, dass diese Erlebnisse jetzt tatsächlich in einem Buch Platz finden, begleiten mich diese Erinnerungen an meine, zum Teil lebensgefährlichen Abenteuer, bis heute. Sie haben über drei Jahrzehnte meines Lebens geprägt.
Am Tag meiner Ausreise in den Irak hoffte ich, Abenteuer zu erleben, ähnlich, wie ich sie in meinen Büchern gelesen hatte.
Dass meine Erlebnisse diese noch übertreffen würden, hätte ich nie geahnt.
Es war Mittwoch, der achtundzwanzigste April 1982 und der Geburtstag jenes Mannes, in dessen Land ich flog – Saddam Hussein, Präsident des Irak und Herrscher über sagenhafte Schätze, Ölvorkommen und ungeahnte kulturhistorische Reichtümer.
Seit Wochen hatte ich dieses Ereignis geplant, hatte jede mögliche Literatur studiert und versucht, mich so gut wie möglich auf die kommende Zeit einzustellen.
Hätte ich zu diesem Zeitpunkt jedoch gewusst, wie viele Abenteuer ich erleben würde, zum Teil unter größter Lebensgefahr, ich glaube, dass ich dann meine Entscheidung, in dieses Land zu reisen, doch noch einmal reiflich überdacht hätte.
Zu jenem Zeitpunkt war ich jedoch optimistisch und freute mich auf die kommende Zeit. Zugleich war ich aber auch ein wenig aufgeregt, allein so eine weite Reise zu unternehmen, ohne einen Bekannten, Freund oder Kollegen und unsicher, ob ich die an mich gestellten Erwartungen in einem mir unbekannten Terrain auch wirklich erfüllen könnte.
Auf dem Flughafen angekommen, suchte ich erst einmal den Treffpunkt, an dem sich alle Kollegen einfinden sollten.
Das war nicht allzu schwer, denn mir fiel gleich eine größere Gruppe Männer auf, die sich lautstark unterhielten, lachten, und sich quer durch die Empfangshalle zotige Worte zuriefen. Ich gesellte mich also zu dieser Gruppe, stellte mich abwartend an die Seite und ging dann gemeinsam mit ihnen zur Abfertigung.
Dort wartete bereits der Verantwortliche, der diesen wilden Haufen ziemlich schnell zur Ruhe brachte, denn er wusste, dass die Männer mit ihrem Auftreten eigentlich nur die Situation der Abwesenheit von Familie, Frau oder Freundin überspielen wollten, von denen wir immerhin für zehn bis zwölf Wochen getrennt waren.
Nach der Abfertigung fanden sich die Kollegen im Aufenthaltsraum wieder. Dort wurden unsere Namen verlesen und jeder bekam fünfzehn US-Dollar Handgeld. Wir warteten auf den Abflug und ich stellte erstaunt fest, dass das Bier in Strömen floss und auch dem Hochprozentigen mit Eifer zugesprochen wurde.
Irgendwie hatte ich die mir gepriesene Elite unseres Landes anders vorgestellt, als mir bei meiner Bewerbung eröffnet wurde, dass nur auserwählte, verlässliche und moralisch einwandfreie Leute die Möglichkeit bekamen, unser Land im Irak zu vertreten.
Vielleicht würde ich mein Vorurteil jedoch bald revidieren können, wenn ich diese Männer besser kennengelernt hatte.
Auch ich bestellte mir ein Bier und obwohl ich mir eigentlich bereits vor Monaten das Rauchen abgewöhnt hatte, kaufte ich mir Zigaretten und zündete mir eine an, um die Nervosität zu überspielen.
Ein Kollege kam an meinen Tisch und gab mir ein paar wertvolle Tipps und Verhaltensmaßregeln, da er in mir sofort den Neuling erkannt hatte.
Eine dieser Regeln davon war, niemals ohne Schnaps anzureisen, da die Kollegen immer auf eine Einreisefeier warteten. Ich wollte natürlich unter keinen Umständen unangenehm auffallen und kaufte von meinen fünfzehn Dollar einen Liter Dujardin, den ich im Handgepäck verstaute.
Endlich wurde unser Flug aufgerufen. Es war inzwischen kurz nach siebzehn Uhr und ich erfuhr, dass die Flüge in den Irak immer erst gegen Abend stattfanden, weil die Flugzeuge die irakische Grenze nur bei Dunkelheit überfliegen durften. Eine Sicherheitsmaßnahme, seitdem am zweiundzwanzigsten September 1980 der irakisch-iranische Krieg ausgebrochen war, die verhindern sollte, dass die Maschinen von feindlichen Jägern beschossen wurden.
Außerdem mussten vor dem Überfliegen der irakischen Grenze die Fenster verdunkelt werden.
Zum ersten Mal wurde mir ein wenig mulmig, aber da die Stimmung an Bord sehr aufgekratzt war, beruhigte ich mich wieder und wartete auf den Start.
Als die Maschine auf das Flugfeld rollte, schaute ich mich verstohlen um und wurde Sekunden später durch den Schub der Turbinen in die Polster gedrückt.
Innerhalb weniger Sekunden stieg der Jet steil in den Himmel und neigte sich dann zur Seite, so dass ich auf Berlin schauen konnte. Wir durchbrachen die Wolkendecke und ich war begeistert, dass darüber der herrlichste Sonnenschein zu sehen war.
Bei diesem Anblick fiel mir ein, dass schon ein bekannter deutscher Liedermacher in einem seiner Songs zwar nicht den grandiosen Sonnenschein beschrieb, jedoch die Freiheit, die über den Wolken wohl grenzenlos sein müsse, und ich konnte dem nur beipflichten.
Ich genoss den Flug und es dauerte gar nicht lange, da wurden Speisen und Getränke serviert, ein wenig später rollten die Stewardessen gar ihre schmalen Wagen durch den Gang und boten zollfreie Waren an.
Vom Flugkapitän kam irgendwann über den Bordfunk die Aufforderung, unsere Fenster zu verdunkeln. Während des Fluges erfuhr ich von einem Monteur, dass an jenem Tag, zum Geburtstag des Präsidenten Saddam Husseins, zum ersten Mal der Airport in Bagdad angeflogen wurde, ein bejahrter Flughafen zwar, doch ein neuer befand sich bereits kurz vor seiner Vollendung.
Bisher waren die Maschinen