Hans-Jürgen Hennig

Zwei gegen Ragnarøk


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entgegen.

      „Meine kleine Hilda, was ist denn mit dir los? Wo bist du denn reingefallen?“

      Sie drückte ihre Tochter an sich, als sie sah, wie jämmerlich Hilda dreinschaute. Die Tränen hatten helle Spuren in ihrem schlammbeschmierten Gesicht hinterlassen und sie schluchzte immer noch.

      „Was hast du denn angestellt? Hast du dir wehgetan?“

      Da mischte sich Gerda ein: „Das ist alles nicht so schlimm. Sie ist von der großen Eiche gefallen, in die Schweinesuhle, mitten zwischen die Schweine.“

      Dann erzählte sie Hildas Mutter ganz kurz, was geschehen war und dass das halbe Dorf über Hildas Unglück amüsiert hatte.

      Die anderen Frauen hatten mit ihren Arbeiten aufgehört, kamen neugierig näher und machten große Ohren, damit ihnen der neuste Dorfklatsch ja nicht entginge.

      Mutter Hilda kniete sich vor ihrer Tochter nieder und drückte sie an ihre Brust: „Nun wird alles wieder gut, meine kleine Sonne. Du kannst gleich wieder lachen. Wir werden dich hier gemeinsam saubermachen und du wirst wieder wie neu aussehen.“

      Sie nahm Hildas Gesicht in ihre Hände und küsste die Tochter auf den verschmierten Mund. Da musste selbst Hilda lachen, als sie sah, dass nun auch ihre Mutter ein dreckiges Gesicht hatte.

      Gerda stand lächelnd daneben und rief den anderen Frauen zu: „Macht mal Feuer unter dem großen Kessel und tüchtig viel Wasser rein. Den großen Holzbottich braucht ja wohl heute niemand, dann packen wir Hilda rein und machen aus ihr ein neues Mädchen.“

      Ein paar Frauen stimmten freudig zu; das war ja etwas Abwechslung und Gerda klatschte vor Freude in die Hände. „Ja, Mädels, jetzt wird es lustig!“

      Mutter Hilda beruhigte ihr Töchterchen und begann, ihr behutsam, die bemodderte Kleidung auszuziehen. Gerda und die anderen Frauen füllten einen Kessel und schoben einen riesigen Holzbottich, der immer für den Badespaß benutzt wurde, in die Nähe des großen Feuers.

      Eine der Frauen kam mit einem Fell und hängte es Hilda um die Schultern. Sie tätschelte Hildas Wange und sagte: „Hildchen, hier, nimm, damit du nicht frierst, bis das Wasser warm ist.“

      Elfa setzte sich neben Hilda und lachte sie an: „Wenn du mich lässt, komme ich mit in den Bottich. Ich bade so gerne.“

      In der Vorfreude auf das gemeinsame Bad begann Hildas Gesicht wieder zu strahlen und alles Leid war vergessen. Sie freute sich jetzt richtig auf den Badespaß, weil es mit Elfa zusammen viel lustiger war, als alleine in dem Bottich abgeschrubbt zu werden.

      Plötzlich stand auch Kibba, die kleine Schwester vom dicken Arnor bei ihnen und grinste über das ganze Gesicht. „Ich habe gehört, dass heute gebadet wird. Da will ich auch mitmachen.“

      Hilda guckte verwundert. „Spricht sich das im ganzen Dorf herum, wenn ich mal baden muss? Kibba, du bist ja gar nicht dreckig“

      Kibba lachte laut auf: „Das kann ich aber ganz schnell machen. Ich kann mich so schnell dreckig machen, so schnell kannst du gar nicht gucken. Meine Mutter sagt das jedenfalls immer. Schau mal!“, und sie wischte mit beiden Händen über den Fußboden und anschließend schmierte sie sich den Dreck ins Gesicht.

      Die umstehenden Frauen kreischten laut auf und Kibbas Mutter, Birta, rief: „So, so, sag ich das immer?“, dann prustete sie auch laut los, bis sie sich an ihrem eigenen Lachen verschluckte.

      Hildas Mutter rief: „Na dann Mädels, zieht mal die Sachen aus. Wir schrubben euch gemeinsam durch, bis ihr wie Silberstücke glänzt“ – und sie hielt dabei eine dicke Wurzelbürste hoch.

      Hilda war froh, dass sich ihr Ärger und die Pein in dieser fröhlichen Runde wie in Luft auflösten und freute sich jetzt richtig auf das Bad.

      Gerda rief: „Wir haben genug warmes Wasser. Es kann losgehen!“

      Die Frauen gossen heißes und kaltes Wasser in den Bottich, bis die richtige Badetemperatur erreicht war. Als die Mädchen dabei waren, hinein zu klettern, rief plötzlich Fifillas Stimme vom Eingang her:

      „Mädels, wartet einen Moment. Ich habe gehört, was hier los ist, und da will ich doch meiner kleinen Freundin etwas bringen, dass ihr den Badespaß noch angenehmer macht. Hier sind ein paar Blüten und Kräuter für einen guten Badeaufguss. Wenn ihr nachher durch das Dorf lauft, werdet ihr duften, dass die Leute denken, der Frühling sei zurückgekehrt.“

      Alle schauten neugierig zu Fifilla, die mit einem geheimnisvollen Lächeln, aus einem Beutel zwei Hände voll getrockneter Kräuter in einen Eimer tat und sie dann mit heißem Wasser übergoss. Mit dem aufwallenden Dampf strömte ein süßer Duft von Blüten und Sommerkräutern durch das Haus, der allen Nasen schmeichelte.

      Ein mehrstimmiges „Aaaah“ – und „Hmmm“, kam aus den Frauenmündern.

      Hildas Mutter rief lachend: „He, wie wäre es denn, wenn wir noch einen Bottich aufstellen? In diesem Duft würde ich auch gerne baden. Gerda, du auch?“

      „Ja, und ich auch, ich auch“, riefen plötzlich die Frauen begeistert.

      Fifilla lachte: „Mädels, dann macht mal rasch noch Wasser warm, holt noch einen Bottich und ein paar von euch können doch auch noch den Trog von der Schmiede herholen. Beeilt euch, dann haben wir alle unseren Badespaß.

      Verschieben wir einfach den Badetag mal auf heute.“

      „Oh ja, das wird lustig. Wer holt mit mir den Trog von der Schmiede?“, rief Gerda.

      Hilda verfolgte das Geschehen um sie herum mit wachsendem Interesse. Die Frauen waren ja ganz aus dem Häuschen. Sie und ihre zwei Freundinnen war plötzlich nicht mehr der Mittelpunkt, aber hier bahnte sich ein großer Badespaß an und es würde dann bestimmt noch viel lustiger werden. Die Frauen lachten, scherzten und manche sprangen herum, wie junge Mädels. Alle waren sie mit Begeisterung dabei, das gemeinsame Bad herzurichten. Die Frauen waren froh über diese willkommene Abwechslung von der alltäglichen Arbeit.

      „Fifilla, hast du auch noch genug von deinen Wunderkräutern für uns alle?“, rief eine der Frauen.

      „Ja, Birta. Ich ahnte doch, dass ihr so eine Gelegenheit nicht auslassen würdet und ich habe vorsorglich genügend von der Kräutermischung eingepackt. Damit ihr auch die Haare wieder glänzend bekommt, habe ich noch etwas anderes mitgebracht. Hier schaut mal, gute Seife, nach meinem Geheimrezept. Wenn ihr nachher duftet wie Freya, werden sich eure Männer aber heute Abend freuen.“

      „Na dann freue ich mich aber auch“, lachte Gerda und stellte den Trog ab, den sie mit anderen Frauen von der Schmiede geholt hatte. Sie rieb sich vor Freude die Hände und fragte: „Ist schon genug Wasser warm?“

      Durch die begeisterten Frauen entstand, im Langhaus, ein richtig aufgeregtes Gewusel. Zwei kamen mit einem Tragejoch, an dem je zwei Eimern mit Wasser hingen und Rannveig rief: „Das reicht jetzt.“ Sie klatschte in die Hände und rief: „Fein, dann stinke ich endlich mal nicht mehr nach Gerberei!“

      Im großen Kessel begann das heiße Wasser zu dampfen und die Schwaden zogen wie Nebel durchs Langhaus. Mutter Hilda legte noch ausreichend Holz nach, damit es rundum schön warm wurde und begann heißes Wasser in die bereitgestellten Badebottiche zu schöpfen. Fifilla bereitete noch für jedes Badefass einen Aufguss aus ihren Kräutern und der Blumenduft, zog mit den Dampfschwaden bis in jeden Winkel des Hauses. Die Frauen machten jetzt allesamt genießerische und verträumte Gesichter. Die drei Mädchen saßen vergnügt im duftenden Wasser und Mutter Hilda schrubbelte ihre Tochter sorgfältig sauber. Klein Hilda genoss die Wärme des Wassers, den wunderbaren Duft und sie begann Elfa und Kibba mit Wasser zu bespritzen. Der aufsteigende Duft von Fifillas Kräutermischung war einfach himmlisch und das Gekicher der drei Mädchen steckte nun auch die Frauen an. In kurzer Zeit war das ganze Haus mit fröhlichen Stimmen, dem Lachen der Frauen, Wassergeplätscher und dem süßen Duft von Sommerblüten erfüllt.

      Zur gleichen Zeit waren die Männer und ein paar Jungen zum Fischfang auf dem Fjord unterwegs. Bei tief hängenden Wolken, kaltem Seewind und Nieselregen, waren sie jetzt