Hans-Jürgen Hennig

Zwei gegen Ragnarøk


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bei ihm sitzen und dich wieder angrinsen. Außerdem will ich dir noch sagen, dass ich, trotz der bösen Folgen, stolz auf dich bin.“

      „Wieso, flunkerst du jetzt?“

      „Nein Hilda, ich meine das ernst. Wir sollten dich wohl fortan lieber Thurid24 nennen. Mit dem Hammer in der Hand warst du eine fürchterliche Kriegerin und hättest Thor alle Ehre gemacht, wenn er dich so gesehen hätte. Ich habe noch nie eine Frau so überlegen mit einem Hammer kämpfen sehen. Arnor ist mindestens einen Kopf größer als du und wiegt das Doppelte. Mit seiner Kraft könnte er dich unangespitzt in den Boden rammen, aber er kann sie noch nicht bewusst nutzen, aber du deine Kraft und deine Schnelligkeit schon.

      Hättest du ihn nicht so arg verletzt, dann hätte ich dort gleich Beifall geklatscht. Tochter, du warst großartig, nur deinen Zorn musst du besser beherrschen lernen. Obwohl es gerade dein Zorn war, der dich zu so einer fürchterlichen Kriegerin werden ließ.“

      Hilda schaute nun vom ihrem Trinkbecher auf und ihr Gesicht bekam langsam wieder Farbe.

      „Meinst du das im Ernst, darf ich jetzt wirklich Thurid heißen? Ich glaube, mir gefällt dieser Name. Ich gehe auch gleich zu Arnor und werde ihn bitten, mir nicht mehr böse zu sein.“

      Plötzlich verdüsterte sich Hildas Mine wieder und sie platzte heraus: „Aber er darf nie wieder Strumpfhilda zu mir sagen!“

      Da musste Ernir plötzlich laut loslachen und lachte so, dass der ganze Tisch wackelte. Mutter Hilda fiel in das Lachen ein und schließlich auch Thurid.

      „Ja“, rief Hilda, ich will Thurid sein, wie Thor, der es im Kampf mit jedem Gegner aufnehmen kann.

      Vom Lachen abgelenkt, bekamen sie nicht mit, dass Sölvi plötzlich im Raum stand und ganz verdutzt fragte: „Worüber lacht ihr denn so verrückt? Das war ja schon zehn Schritte vor eurer Hütte zu hören.“

      Er schaute fragend von Einem zum Anderen: „Hilda, du sollst zu Alvitur kommen, er will mit dir reden.“

      Mit einem schelmischen Lächeln fragte Mutter Hilda: „Ich soll zu Alvitur kommen? Was will er denn von mir?“

      „Nicht du, die kleine Hilda soll kommen“, dabei schaute er Hilda ernst an.

      Ernir lachte wieder und Hilda-Thurid sagte fröhlich: „Hier gibt es nur noch eine Hilda und das ist meine Mutter. Ich bin jetzt ab sofort Thurid“ – und sie reckte dabei ihre Brust und hob den Kopf.

      Sölvi starrte entgeistert auf die drei am Tisch. „Habt ihr auch etwas mit dem Hammer auf den Kopf bekommen? Warum veräppelt ihr mich?“

      Ernir wischte sich über den Mund, weil er vor lauter Lachen gesabbert hatte und sagte dann zu Sölvi: „Niemand veräppelt dich, Sölvi, aber Hilda war mit dem Hammer vorhin wirklich eine überragende Kämpferin, so wie Thor. Du weißt doch sicher, dass man auch seinen Namen ändern kann. Aus Hilda ist nun Thurid geworden.

      Du hast es doch miterlebt, dass sie einen Gegner, der einen Kopf größer ist, als sie und viel schwerer, zu Boden geschickt hat.“

      Sölvi nickte überrascht. „Ja, das stimmt. Das hätte ich vorher nie für möglich gehalten“ – und an Thurid gewandt: „Bist jetzt wirkliche eine Thurid?“

      „Ja, ich will jetzt für immer Thurid heißen.“

      Sölvi schaute die neue Thurid mit seinen sanften Augen an, dass sie leicht rot wurde. „Thurid, dann komm.“

      Er drehte sich auf der Stelle um und ging.

      Thurid war sich nicht schlüssig, wie sie sich jetzt fühlen sollte, aber sie stand auf und folgte ihm.

      Ernir und Hilda sahen sich an und Hilda fragte: „Was war denn das eben?“

      Auf dem Weg zu Alviturs Hütte schaute Thurid unentwegt nur nach unten und lächelte ganz fein. Jetzt sah sie wieder die Gänseblümchen im Gras und dachte an Arnor.

      Sölvi dagegen sah die ganze Zeit die neue Thurid von der Seite her an und fand sie unheimlich schön.

      In der Kochstelle von Alviturs Hütte loderte, ein ziemlich großes Feuer und auch ein paar Öllampen verbreiteten ihre warmes Licht. Alvitur saß mit Fifilla an seinem Tisch und beide tranken gemütlich Kräutertee.

      Thurid glaubte ihren Augen nicht zu trauen, denn Arnor saß grinsend auf Alviturs Fellen, auch einen Teebecher in der rechten Hand und ließ es sich schmecken.

      Als Thurid in fragend anschaute, grinste er noch breiter.

      Sölvi schob sie von hinten und drückte sie sanft zu Arnors Lager.

      Thurid wusste auch warum.

      Sie holte tief Luft, setzte sich seitlich auf den Rand. Etwas zögerlich und mit heiserer Stimme flüsterte sie: „Arnor, bitte sei mir nicht mehr böse. Ich wollte dich wirklich nicht so schlimm verletzen. Meine Wut war aber plötzlich so groß, dass ich nicht mehr richtig denken konnte. Ich wollte nur noch draufhauen.

      Es tut mir so leid, dass dein Arm gebrochen ist. Schmerzt es noch sehr?“

      Dann schaute sie ihn mit bittendem Blick an.

      Als ihn Thurid mit ihren großen Augen ansah, wurde Arnor plötzlich verlegen und lief rot an. Er wollte ihr die Hand reichen, aber da er nur eine Hand benutzen konnte und in der war ja der Trinkbecher, hielt er ihr den Becher hin.

      Thurid war in diesem Moment auch nicht ganz geistesgegenwärtig. Sie nahm den Becher und trank aus ihm.

      Sölvi im Hintergrund begriff das kleine Missverständnis und kicherte leise.

      Auch Alvitur verzog seine Mundwinkel, dass es schon fast wie ein Lächeln aussah.

      Da begriff Thurid. Sie stellte den Becher ab und nahm Arnors Hand.

      Alvitur räusperte sich. „Wie ich sehe, hast du nicht nur Kampfkraft, sondern auch ein Gewissen, das dich mit Recht geplagt hat. Aber du hast grade menschliche Größe gezeigt. Du hast hier niemandem eine Schuld untergeschoben, sondern die Hand gereicht, ohne zu zögern. Das war gut, aber ich habe auch nichts anderes von dir erwartet. Über den bösen Unfall brauchen wir also nicht mehr reden.“

      Thurid fiel ein großer Stein vom Herzen und in ihr Gesicht kam wieder ihr jungenhafte, freimütige Lächeln, das Sölvi so liebte.

      Dann klopfte Alvitur mit seinem Becher auf den Tisch. „Lasst uns jetzt von etwas Ernstem reden.

      Ich hätte es nicht vorhersagen können, aber das was heute geschehen ist, verwundert mich nicht wirklich, wenn ich an unser letztes langes Gespräch denke, indem ich dir von den Nornen und ihrer Prophezeiung gesprochen habe.

      Schau nicht so ängstlich auf Arnor. Er wird schweigen, und du kannst dir sicher sein, dass er ab heute zu denen gehört, die immer an deiner Seite stehen werden.

      Ich habe lange über die Worte der Nornen nachgedacht. Du weißt ja inzwischen auch über die Bedeutung eines Verses Bescheid. Stimmt das?“

      „Ja, Alvitur. Ich weiß, du meinst das mit dem eigenen Blut. Falki ist damit gemeint. Aber Sölvi ist darauf gekommen, nicht ich, doch ich habe es gleich verstanden.“

      „Das dachte ich mir schon. Sölvi, ich bin stolz auf dich“, bemerkte Alvitur. Er war nie leichtfertig mit seinem Lob, und man sah Sölvi an, dass er sich darüber sehr freute.

      „Nun noch mal zu der Prophezeiung, zu dem einen Vers:

       … Für die Götter 1000 Jahre

       begleiten sie drei Augenpaare …

      Ich denke nun, dass ich weiß, wie das gemeint ist. Die drei Augenpaare, das sind drei Götter, unsere Götter, Odin, Freyja und Thor. Deine Kampfkraft mit dem Hammer kommt nicht so einfach aus dem Nichts. Du hast doch nie mit einem Hammer das Kämpfen geübt. Nun ist es mir sonnenklar, dass drei Götter dich mit besonderen Eigenschaften ausgestattet haben. Odin und Freyja ahnte ich schon lange, aber seit heute weiß ich, dass auch Thor zu