Hans-Jürgen Hennig

Zwei gegen Ragnarøk


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hat nicht nur Freya ihre Hand im Spiel. Schau dort!“ – und sie deutete, ganz aufgeregt, auf die Giebelbalken von Ernirs Hütte.

      Jetzt blieb Alvitur überrascht stehen und flüsterte: „Fifilla, deine Worte sind wahr“ – und mit heiserer Stimme ergänzte er: „Ich glaube, dass ich am ganzen Körper Gänsehaut habe.“

      Er sah hoch zu den beiden Raben und als ob sie ihn zuriefen, sich zu beeilen, krächzten sie: „Arr, arr!“

      Alvitur drückte ganz fest Fifillas Hand und flüsterte: „Fifilla, das sind keine gewöhnlichen Raben. Sieh, wie groß sie sind, das sind Odins Raben.

      Freya und Odin, sie sind hier, sie sind anwesend und das heißt, dass hier ein besonderes Kind geboren wird. Dann haben sie dir diesen merkwürdigen Traum geschickt. Komm, meine gute Fifilla und lass es uns vollenden. Noch nie habe ich die Götter so deutlich gespürt, wie jetzt.“

      Die Geburt verlief trotz der göttlichen Vorzeichen ganz normal, nur der junge Vater, Ernir, hatte Mühe seinen kleinen Sohn ruhig zu halten, der ganz aufgeregt schien und alles sehen wollte. Ernir war offensichtlich etwas überfordert, aber Fifilla hatte viel Geduld mit ihm und riet ihm endlich, zu Birta zu gehen, der Frau von ihrem Schmied. Ernir harrte aber am Lager seiner Frau aus und streichelte unentwegt ihre Hand.

      Als Fifilla ihn nach dem Namen seiner eben geborenen Tochter fragte, antwortete er, als ob es das Normalste der Welt wäre, dass sie auch Hilda heißen sollte, so wie ihre Mutter.

      Wieder zurück in seiner Hütte, dachte Alvitur, zusammen mit Fifilla, lange darüber nach, welches Geheimnis sich wohl hinter dem großen Interesse der Götter, an der Geburt eines kleinen Mädchens, verborgen sein könnte. Irgendwann, nach längerem, gemeinsamen Grübeln, meinte Alvitur: „Mir fällt nichts wirklich Schlüssiges ein, aber ich habe mich eben an diesen merkwürdigen Traum auf der Nebelinsel erinnert.“

      Fifilla schaute ihn aufmerksam an. „Sag, was hast du damals geträumt, etwas Schreckliches?“

      Alviturs Gesicht spiegelten die düsteren Erinnerungen wieder, als er antwortete: „Leif hatte damals fast den gleichen Traum; uns waren die Nornen erschienen und sie haben mir eine Weissagung zugeraunt, eine sehr merkwürdige, in Reimen und Leif wurde fast verrückt in dieser Nacht.“

      Er kramte kurz in seiner Kiste und legte ein Stück Birkenrinde auf den Tisch, das mit Runenschrift beschrieben war. Die Erinnerung an dasaufgeschriebene Erlebnis ließ seine Stimme kratzig klingen, als er las:

       »Djarfur, Djarfur, sei Alvitur,

       zeige zweien einen Weg,

       unendlich Zeit, ihr Privileg.

       Für die Götter 1000 Jahre,

       begleiten sie drei Augenpaare.

       Der Erste ihnen Zeit bemisst,

       damit ihn Fenriswolf nicht frisst.

       Kraft schöpfen aus dem eig’nen Blut.

       Es stirbt zu viel ohn’ der zwei Mut.

       Mit gleichem Namen sei ein Kind,

       das sie zu ihrem Ende find’«

      Trotz gemeinsamen Grübelns, entdeckten sie keinen wirklich verbindenden Sinn zur heutigen Geburt, außer dass Djarfur nun wirklich Alvitur hieß.

      „Fifilla, ich sehe noch keinen wirklichen Zusammenhang und doch bin ich mir Sicher, dass es da einen gibt. Wenn dir dazu irgendetwas einfallen sollte, sag es mir.“

      Sonst schien ihnen, aus der heutigen Sicht nichts, von Bedeutung zu sein, außer dass er von einem Händler aus Hjemma, heute früh, erfahren hatte, dass Olaf Tryggvason König von Norwegen geworden war.

      Zu Fifilla sagte er: „Leif und ich, wir kennen diesen Hund. Der Tryggvason ist früher, mit Leuten wie uns auf Wikingfahrt gegangen und jetzt ist er dabei unsere Götter zu verraten.“

      „Wie meinst du das? Warum sollte er das tun?“, fragte Fifilla.

      „Ich denke, dass ihm klar geworden ist, dass er mit dem neuen Gott und den Kirchenfürsten an seiner Seite, noch mehr Macht erlangen kann. Damals hat er seine Zukunft noch aus Krähenknochen gelesenen und jetzt tauft er die Leute mit dem Schwert, im Namen des neuen Gottes. Aber zum Glück liegen wir hier weit ab von ihm, und ich glaube kaum, dass er hier so bald auftauchen wird. Der weiß ja, zum Glück, nicht einmal, dass es unser Björkendal überhaupt gibt.“

      Wochen später, als sich an den Apfelbäumen schon viele winzige Äpfelchen andeuteten und der Sommer noch einmal seine schönste Seite zeigte, ging Alvitur mit dem jungen Leifur durch den Apfelhain. In Alviturs Kopf kreisten viele Gedanken um die Zukunft Björkendals und er wusste, dass es nicht so leicht werden würde, alle Leute für seine Pläne zu gewinnen.

      Leifur war ihr Töpfer, hatte geschickte Hände und Alvitur hatte ein paar hervorragende Krüge bei ihm gesehen, die ihn auf eine gute Idee brachten.

      „Alvitur, warum hast mich hierher geführt? Ich kenne doch die Apfelbäume, oder willst du ein Geheimnis mit mir bereden?“

      „Du triffst den Nagel auf den Kopf“, meinte Alvitur nun in einem etwas geheimnisvollen Ton. „Ja, es ist etwas sehr Wichtiges und es sollte möglichst noch unter uns bleiben, denn ich habe etwas vor, das unserem Dorf viel Gutes bringen kann und du sollst mir dabei helfen.“

      Leifur war nun wirklich gespannt, was Alvitur mit ihm vorhatte und er schaute neugierig.

      „Ich habe bei dir sehr gute Krüge gesehen, die du getöpfert hast. Kannst du auch Krüge herstellen, die viel größer sind und ich meine, wirklich richtig große Krüge?“

      Leifur nickte. „Kann ich, aber dazu brauche ich auch sehr viel Ton. Wenn du dafür sorgst, dass ich genügend Ton bekomme, dann könnte ich dir Krüge machen, wo ein halber Ochse reinpassen würde.“

      „Hmm“, machte Alvitur, „irgendwie werden wir das mit dem Ton schon hinbekommen, aber ich meine wirklich große Krüge, wo ein Fjerding11 reinpasst.“

      Leifur grübelte und kratzte sich den Kopf. „Hm, das ist wirklich nicht einfach, da muss ich mir erst noch etwas bauen, eine größere Töpferscheibe. Kannst du Egill, sagen, dass er mir dabei helfen soll? Aber wozu denn so viele große Krüge?“

      Alvitur griff in einen Apfelbaum und bog einen Zweig herunter. Er deutete lächelnd auf die kleinen Äpfelchen am Zweig. „Schau, diese kleinen Dinger sind ein Schatz, wenn wir sie richtig nutzen.“

      „Äpfel, ein Schatz?“, fragte Leifur ungläubig.

      „Damit wir diesen Schatz nutzen können, brauchen wir viele von diesen großen Krügen“, fuhr Alvitur fort.

      „Wenn ihr mich nun schon zum Dorfältesten gewählt habt, dann will ich auch etwas für unser Dorf tun. Sag allen, dass wir am Tag nach dem nächsten Vollmond ein Thing abhalten werden, auf dem Platz unter der großen Eiche. Wir werden dann auch über die Äpfel reden, aber vor allem darüber, wie wir hier in Zukunft leben wollen.“

      Der Ruf zum Thing, beschäftigte die Björkendaler schon seit Tagen und immer wenn sich zwei irgendwo begegneten, tauschten sie Gedanken darüber aus. Seit vielen Jahren war in Björkendal kein Thing mehr abgehalten worden und nun warteten alle mit Spannung darauf. Egill meinte, das letzte Thing habe stattgefunden, als sie damals beschlossen hatten, wie Erik der Rote, neues Land zu suchen und viele danach aus Björkendal weggegangen sind. Das aber war bestimmt schon mehr als fünfzehn Jahre her.

      Am Tage des Things lag Spannung in der Luft und als die Sonne hinter den Bergen verschwand, standen alle Männer von Björkendal unter der großen Eiche versammelt. Sie waren voller Erwartung gekommen, denn für die meisten von ihnen, war es das erste Thing, an dem sie als Männer teilnahmen. Alvitur hatte sie erwartet und ein großen Holzhaufen aufgeschichtet und als die Spannung das Geraune ersterben ließ, winkte er Steinar heran und bat ihn das Feuer