links am nächsten Schlitten festgebunden. Sobald jemand mehrere Schritte abwich, war für ihn nicht mehr erkennbar, wo er sich befand. In dieser Situation sehnten sie die Pausen herbei. Wie lange kämpften sie sich schon durch den Nebel? War es noch Vormittag, Nachmittag oder ganz und gar schon Nacht? Liefen sie noch auf Mutter Erde oder etwa schon durch Wolken?
Da, endlich kam der Wind und vertrieb den Nebel. Er hatte nicht vor, wieder zu gehen, sondern plusterte sich zum Sturm auf und zerrte mit dem größten Vergnügen an Seilen und allen, was sich bewegen und ins Schwanken bringen ließ. Dabei wechselte er ständig die Richtung. Heißa, dies Spiel war so richtig nach seinem Geschmack. „Hallo, Gevatterin Kälte, reich mir deine Hand, damit ich den Menschlein dort in der Eiswüste den letzten Funken Wärme aus ihren Körpern saugen kann.“ Die Kälte reichte ihm die Hand. Vereint ließen sie die Temperaturen im Sturzflug in den Keller rauschen. Den diffusen Lichtverhältnissen nach musste es Abend sein. Niemand hatte Lust, auf seine Uhr zu sehen und so dem Sturm ein winziges Fleckchen nackter Menschenhaut preiszugeben. Es gab keinen Wald, keine Senke, absolut keinen Schutz vor dem tobenden Sturm und der nagenden Kälte. Die Menschen wünschten sich anstatt ihrer nur zwei Arme ganz viele, um all das festzuhalten, was der Sturm ihnen rauben wollte.
Beim Aufstellen der Zelte gerieten sie ins Schwitzen. Obwohl sie wieder ein Zelt über das andere stellten und zusätzlich mit Heringen sicherten, fand der Sturm seine Angriffsflächen und Zwischenräume. An warme Getränke und Essen war nicht zu denken. Zum Eisstückchen lutschen hatte niemand Lust. Erschöpft krochen sie in ihre Schlafsäcke, drängten sich ganz eng aneinander und schliefen sofort ein. Als der Sturm hier nichts mehr ausrichten konnte, verzog er sich, um neue Opfer zu finden. Frau Kälte blieb.
Tag drei hatte begonnen. Die Hündin stand bellend vor dem Zelt. „Bella, halt die Schnauze“, knurrte der Smutje, sich mühsam aus dem Schlaf reißend, und die schweren Augenlider öffnend.
Gina und Peter wühlten sich aus den Schlafsäcken, und schon standen sie neben der Hündin. Was war denn das für eine Gestalt, die Bella so wütend anknurrte und vor ihren Annäherungsversuchen zurückwich? Ihre Beißversuche liefen ins Leere. Eine menschliche oder tierische Figur war nicht zu erkennen, eher in verschiedenen Größen zusammengesetzte Klumpen, Kugeln und Bretter. Daran hingen überall Eiszapfen. Peter und Gina blickten einige Minuten dieses Etwas an, das versuchte, in das Zelt zu gelangen, jedoch an Gina nicht vorbeikam.
„Guten Morgen, Frau Kälte“, begrüßte Gina sie. „Was verschafft uns die Ehre?“
„Natürlich! Hätte ich mir ja denken können. Schon wieder ihr drei. Warum schleppt ihr die Seeratten auch noch mit? Ich will es gar nicht wissen. Aber merke dir, Peter, diesmal erreichst du dein Ziel nicht, selbst wenn dir alle Bewohner des Landes helfen sollten. Das allein ist ein Verstoß gegen die Gesetze und strafbar. Als Strafe werde ich jeden Einzelnen von euch zerbrechen, und du, Peter, wirst zusehen müssen, denn du kommst als Letzter dran.“ Frau Kälte drehte sich um. Dabei verlor sie ein paar Eiszapfen. Laut höhnisch lachend und vor Frost klirrend, ging sie davon.
„Du machst mir keine Angst“, rief Peter ihr nach. „Gleich fangen wir an, dir Feuer unter deine verlorenen Glieder zu machen und daraus herrlich heißen Tee! Was glaubst du, wie warm uns wird? Da gerätst selbst du ins Schwitzen.“
Gerade wollte Peter ins Zelt zurückkehren, als Bella freudig bellte. Eine hübsche junge Frau kam im bunten Sommerkleid tanzend und springend auf sie zu. „Frau Angst, Sie werden immer hübscher und jünger“, stellte Peter erstaunt fest.
„Du weißt doch, dass ich meine Jugend immer aus den Ängsten der Menschen schöpfe. Da sie immer vor etwas Angst haben, werde ich so lange leben, wie es Menschen auf dieser schönen Welt gibt. Was wollte dieses Unwesen von dir? Doch nicht Angst machen? Und euch doch wohl auch nicht?“ Sie sah in vier vom Schlafen noch etwas müde Männergesichter, die sich bei ihrem Anblick sofort aufhellten.
„Tschüss, meine Lieben.“
Tanzend und springend entschwand sie.
„Dann wollen wir nachholen, was wir gestern Abend versäumten. So viel Zeit muss sein“, entschied der Koch und sorgte für das Frühstück.
Die Seeleute waren vom Närrischen Meer einiges gewöhnt. Aber das eben? Wie Teenager, die das erste Mal verliebt sind, gerieten sie ins Schwärmen. Dabei bemerkten sie nicht, wie schweigsam Peter und Gina waren.
Als die Schlitten gepackt waren, bat Peter: „Stellt die Schlitten bitte so auf, dass sie wie ein Stern aussehen. Wir stellen uns dazwischen und halten uns ganz fest an den Händen.“
„Warum? Wollen wir Ringelreihe spielen?“, fragte Freddy lachend.
„Quatsch nicht, tu es!“, wies ihn der Kapitän zurecht.
Als sich alle ganz festhielten, sagte Peter laut und deutlich: „Zusammenhalt!“
Es knallte. Sie standen kurz vor dem
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