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GegenStandpunkt 4-16


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vom gemeinsamen Geld profitiert hat. Die genießt eine Kreditwürdigkeit und Finanzmacht im Euro, die ihren unterlegenen Konkurrenten, die von der Gemeinschaftswährung weit weniger profitiert haben, eindeutig abgeht. Und in der schönen europäischen Wertegemeinschaft bedeutet das eben, dass Deutschland enorm viel politische Macht über seine Partner besitzt, mit der es die Verantwortung für ihre Genesung übernimmt. Merkel und Schäuble müssen es deshalb gar nicht dabei belassen, bei ihrem ‚Rettungsprogramm‘ an die Solidarität ihrer besser gestellten Partner bloß zu appellieren. Sie müssen auch keine Rücksicht darauf nehmen, welche Solidarität die rettungsbedürftigen Partner erwartet hätten und die mit-rettenden Partner zu zeigen bereit gewesen wären. Sie drängen letztere einfach zum Bereithalten von Finanzmitteln mit einer Unerschütterlichkeit, die nur von der Heftigkeit übertroffen wird, mit der sie erstere dazu anhalten, ihren Völkern unter dem Titel ‚Austerität‘ eine epochemachende Verarmung aufzuzwingen. So erfahren alle europäischen Partner von ihrer Führungsmacht, dass es nicht weit her ist mit ihrer Souveränität, autonom zu entscheiden, wie sie ihren Reichtum bewirtschaften, wie und wofür sie ihre Bevölkerung dafür in Anspruch nehmen.

      Die Beschwerden europäischer Völker und ihrer Führungen auf beiden Seiten der Rettungsaktion lassen Deutschlands führende Verantwortungsträger kalt. Sie wärmen sich stattdessen an dem guten Gewissen, bloß für die Regeln des Clubs einzutreten, die alle längst unterschrieben haben. Was auch immer die Euroländer jetzt von den Regeln halten, die sie als gleichberechtigte Mitglieder einmal mit verabschiedet haben, und was auch immer deren Befolgung ihnen jetzt abverlangt: Es sind nun einmal die Regeln ihres Vereins. Und das bedeutet gemäß deutscher Auffassung nicht, dass sie diese Regeln weiterhin mit-, also auch umdefinieren können, sondern in der Hauptsache, dass sie ihnen ein für allemal unterworfen sind und dies auch zu bleiben haben – nicht wegen ihrer damaligen Unterschrift, sondern allein wegen der ökonomischen Erpressungsmacht, die Deutschland jetzt über sie ausübt. Dass die Rettungskandidaten nicht mehr souverän über ihren Haushalt entscheiden, heißt für Deutschland allerdings überhaupt nicht, dass ihre Hoheit über Land und Leute bedeutungslos geworden wäre – im Gegenteil: Die verordnete Austerität will ja auch vollstreckt sein, und das ist eine genuine Aufgabe für souveräne Gewalten. Die brauchen auch gar nicht erst damit zu kommen, dass die verlangten Reformen ihre Völker ins Elend treiben. Mit Härten für die lohnabhängigen Massen – die letzte und unmaßgebliche Komponente des nationalen ‚Wir‘ – profilieren sich deutsche Politiker, egal ob schwarz, rot, gelb oder grün. Das sind genau die ‚Hausaufgaben‘, auf deren rechtzeitige Erledigung sie nicht stolz genug sein können – die Armut der Massen erklären sie zu ihrem Erfolgsrezept! Und wenn alle anderen Euro-Partner bei sich die nötigen ‚Reformen‘ mit aller Macht und gegen einige Widerstände durchsetzen, dann ist es nur gerecht, dass auch die geretteten Verlierer der innereuropäischen Konkurrenz, je nachdem, ein bisschen mehr Härte gegen ihre Bevölkerung oder ein bisschen mehr Verzichtsbereitschaft an den Tag legen. Außerdem sollten die Griechen und ihre Kollegen eines endlich einsehen:Wenn Deutschland sich so unerbittlich für sein Geld einsetzt, dann macht das auch ihr Geld stark, und das fällt viel mehr ins Gewicht als der Umstand, dass man ihnen die souveräne Verfügung über dieses gute Geld entzogen hat! An Deutschland können sie ja schließlich studieren, wie sehr man von eiserner Haushaltsdisziplin und einem starken Geld profitieren kann, wenn man nur so konkurrenzstark ist wie Europas Vormacht – womit der wirklich entscheidende Dienst der deutschen Rettungspolitik an ihren Partnern angesprochen wäre: Alle Reformen in all ihrer Härte sind kein Selbstzweck, auch nicht einfach ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern dienen der Stärkung der ‚Wettbewerbsfähigkeit‘ der Konkurrenzverlierer, womit an sie der weise Rat ergeht, sich die ökonomische Potenz zuzulegen, andere zu Verlierern zu machen. Es mag sein, dass das, was unter diesem Titel läuft, in den geretteten Ländern auf nichts als ein nachhaltiges Schrumpfen ihrer Wirtschaft hinausläuft, weil zum Erfolg im marktwirtschaftlichen Wettbewerb schon ein wenig mehr gehört als die Armut der Massen – schlagkräftige Kapitale z.B., die mit der Armut etwas für sich anzufangen wissen. Aber dann sind immerhin die Geschäfte, die es dort allenfalls noch gibt, marktwirtschaftlich solide – so solide wie der Haushalt, der sich auf die Erträge radikal zusammenkürzt, die die gesundgeschrumpfte Wirtschaft allenfalls noch abwirft, und so solide wie die Position dieser Länder an der Peripherie des europäischen Wirtschaftsraums, dessen Zentrum in Deutschland liegt. Dann nutzt ihnen der Euro zwar immer noch nichts, aber immerhin gefährden sie dann nicht mehr den Nutzen, den Deutschland eben „mehr als alle anderen“ aus der Gemeinschaftswährung zieht.

      Doch beim Euro geht es den Deutschen nicht bloß ums Geld, was die Kanzlerin immer wieder mit dem Hinweis beteuert, er sei „mehr als eine Währung“ und stünde auch für „die Einigungsidee Europas“. Deutschland buchstabiert seinen Nutzen aus dem Euro eben etwas anspruchsvoller. Merkel schätzt nämlich die „große Bedeutung“, die dem Land in der Welt zukommt, „das Gewicht“, das es in der Weltpolitik besitzt, wenn es über ein Geld wie den Euro verfügt. Dass ökonomische Siege über seine Partner politische Macht über sie begründen, ist eine Gleichung, die Deutschland nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt realisieren will – und auch dafür braucht Deutschland alle seine Partner. Die geben dem Markt und dem Geschäft mit dem Euro erst die kritische Masse, die es braucht, um Deutschlands Nutzen aus ihm komplett zu machen. Denn Deutschland will in seinem Geld nicht bloß seine außerordentlichen Erfolge beim Verdienen der Gelder der Welt bilanzieren und mit diesem starken Geld über seine Euro-Partner bestimmen. Es misst den Nutzen dieses Geldes an dem, was die amerikanische Supermacht mit ihrem Weltgeld Dollar alles kann und tut. Das europäische Geld muss das der Weltmacht sein, die Deutschland mit Europa werden will. Wenn also Merkel die Bedeutung der Gemeinschaftswährung mit einem Hinweis auf die Gefahr eines irreversiblen „Bedeutungsverlusts“ von Europa in der Welt beschwört, die mit dem Scheitern des Euro verbunden wäre, dann nicht, damit ihre Partner wissen, was für ein wichtiges ökonomisches Mittel ihnen zur Verfügung steht, wenn sie über ein Weltgeld Euro verfügen. Es ist genau andersherum: Deutschlands Partnern wird damit bedeutet, dass Alternativen zur Eurogemeinschaft ihnen genau deswegen nie wieder zur Verfügung stehen. Sie dürfen aus dieser Gemeinschaft weder andere entlassen, bloß weil sie in deren Verbleib eine unerträgliche Belastung sehen, noch dürfen sie selbst aus ihr entlassen werden, bloß weil sie in ihr nichts mehr zu bestellen haben. Deutschland hat sich mit Haut und Haar der europäischen Einheit verschrieben, weil es in der Welt eben nicht bloß als Deutschland, sondern als europäische Führungsmacht auftreten will, als Anführer eines Staatenblocks, der den ganzen Kontinent abdeckt, den weltgrößten Markt und ein Weltgeld wie den Dollar beherbergt. Also sind auch die Partner mit Haut und Haaren drin. Sie haben immerhin auch etwas davon, eben eine Mitgliedschaft in einem großartigen, mächtigen Club, den Deutschland anführt, und falls ihnen das nicht einleuchtet, weil die Ziele und Notwendigkeiten dieses Clubs maßgeblich in Berlin bestimmt werden, dann haben sie immer noch den ‚Frieden in Europa‘. Der ist offenbar keine Selbstverständlichkeit in dieser Wertegemeinschaft, doch immerhin sind damit alle Fragen danach, was die Partner in und von diesem Frieden haben, vollumfänglich beantwortet.

      Und Deutschland lässt weder sie noch den Rest der Welt eine Sekunde lang im Unklaren darüber, welche Verantwortung es mit einem friedlich vereinigten Europa in der Welt übernehmen will.

      Deutschland will mehr Freiheit auf dem Globus: für Handel und Investitionen, die europäische Kapitale in größerem Maße machen können sollen. Es will mehr Wachstum für europäische Standorthüter, die daraus ihre Machtmittel beziehen, und von dem sich auch die normalen, lohnabhängigen Leute einige Arbeitsplätze versprechen dürfen – die brauchen sie laut ihrer Führung so sehr, dass sich jede Frage von selbst verbietet, was sie davon haben. Mehr Freiheit sollen Europas Kapitalisten zunächst in Amerika finden, wo auch und gerade der Markt von einzigartiger Größe ist. Dass dieses Mehr an Freiheit mit einem Mehr an Konkurrenz einhergeht, scheint deutschen Verantwortungsträgern keine Sorgen zu bereiten, was angesichts der überragenden Wettbewerbsfähigkeit, von der schon die Rede war, nicht zu überraschen braucht. Der deutsche Standorthüter ist sich der Größe und der Schlagkraft seiner Kapitale, ihrer Freiheit im Umgang mit der deutschen Arbeiterklasse so sicher, dass er die gewachsene Freiheit der Konkurrenz um Marktanteile mit mehr Marktanteilen für