Isabella Ackerl

Unbekanntes Wien


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und Protestanten. Im Haus Wallnerstraße soll es sogar zu geheimen protestantischen Zusammenkünften gekommen sein. Ein späterer Hausbesitzer wollte mit dieser Bezeichnung eine Warnung an die Bürger richten. „Wo der Teufel mit der Bognerin rauft“ ist ein Hausschild (Bognergasse 3), das an eine alte Wiener Sage anknüpft. Anspielend auf eine Rauferei zwischen dem Teufel und einem alten Weib, trug das Haus die Inschrift: „Pestilenz und Not ein Übel ist, Krieg ein arger Zeitvertreib. Schlimmer als des Teufels Tück und List, Gott behüt uns †††, ist ein böses Weib.“ 1904 wurde dieses Haus abgetragen.

      Auch das Hausschild „Wo die Jungfer zum Fenster hinausschaut“ thematisiert eine Wiener Sage von einer Jungfer während der Pestzeit. Als sie vom Fenster aus die Leiche ihres Liebsten im durch Hochwasser angeschwollenen Alserbach vorbeitreiben sah, stürzte sie sich in die Fluten.

      Andere recht skurrile Hausbezeichnungen sind uns mit „Wo der Hahn den Hühnern predigt“ oder „Wo der Hahn sich im Spiegel schaut“ überliefert und lassen sich nicht mehr erklären.

      1010 Wien, Bäckerstraße 12, Bognergasse 3, Postgasse 1 und Wallnerstraße 11 (mehrere U-Bahn-Anbindungen)

      HEILIGENKREUZERHOF, BLUTGASSENVIERTEL

       UND DEUTSCHORDENSHOF

      Einer der stillsten Plätze der Innenstadt ist der große HEILIGEN-KREUZERHOF, etwa seit dem 13. Jahrhundert in seinem Kern im Besitz des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz. Die bedeutenden und reichen niederösterreichischen Stifte, wie etwa noch Melk, Göttweig oder Seitenstetten, erwarben in Wien Hausbesitz, um in der Stadt ihre Produkte, in erster Linie Wein, zu verkaufen. Denn seit 1221 besaß Wien mit dem Stadtrecht auch das Stapelrecht, d. h. jeder Kaufmann, der Waren nach Wien brachte, musste diese in der Stadt zum Verkauf anbieten. Diese Güter wurden in den Besitzungen des Stiftes in tiefen Kellern gelagert, die im Laufe der Jahrhunderte gewaltige Dimensionen annahmen. Daneben dienten diese Keller auch der Vorratshaltung, denn Kartoffel, Zwiebeln oder Karotten wurden in kühlen Kellern über den Winter aufbewahrt. Gerade unter dem Heiligenkreuzerhof befindet sich ein riesiges Kellernetz, das nur schwer nutzbar zu machen ist. Andere Weinlagerkeller wie der Esterházykeller am Haarhof oder der Urbanikeller am Hof wurden zu höchst beliebten „unterirdischen“ Weinschenken umfunktioniert. Der Aufstieg ans Tageslicht nach einigen „Vierteln“ war des öfteren ein Test für die Trinkfestigkeit der Besucher.

      Die Gebäude des Heiligenkreuzerhofes stammen in ihrem Kern vermutlich aus dem 12. Jahrhundert, romanische und gotische Bauteile sind erkennbar. Im 17. Jahrhundert wurde die dem hl. Bernhard gewidmete Kapelle errichtet, neben der durch eine Mauer das Prälatengärtchen vom übrigen Hof getrennt wird. Heute ist die kleine Kapelle eine beliebte Hochzeitskapelle, das Altarbild stammt von Martino Altomonte, der im Stiftshof eine Werkstatt betrieb, sich dem Orden als Familiar anschloss und im Heiligenkreuzerhof seinen Lebensabend verbrachte. In den vermieteten Teilen des Heiligenkreuzerhofes lebte im 19. Jahrhundert Ignaz Franz Castelli, dem wir die Idee des Tierschutzes verdanken und im 20. Jahrhundert der Schauspieler und Autor Helmut Qualtinger.

      Unweit des Heiligenkreuzerhofes verbindet die BLUTGASSE die Domgasse mit der Singerstraße. Dieser Straßenverlauf gehört zu den ältesten Wiens. Das ursprünglich Kothgässel genannte kurze Straßenstück beherbergte einige öffentliche Abtritte, daher der Name. Dass der Name Blutgasse vom vergossenen Blut der letzten Tempelritter herrühre, gehört in das Reich der Legende. Eine martialische Vergangenheit haben allerdings die Häuser Blutgasse 3 – 9, denn in den beiden Fähnrichshöfen trafen sich die Kommandanten der städtischen Wachmannschaften. Ursprünglich eine Pflicht jedes Bürgers, sich an der Wache zu beteiligen, wurden diese Verpflichtungen später an ausgebildete Kräfte abgegeben. Von diesen Fähnrichshöfen führen romantische Durchgänge hinüber in die Grünangergasse. Das ganze Viertel wurde in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts als eines der ersten Projekte der Altstadtsanierung vorbildlich restauriert.

      Blick in die Blutgasse

      Der intime, von Pflanzen verwachsene Hof des DEUTSCHORDENS-HAUSES wird in den Sommermonaten als Konzertsaal genutzt; mit Blick auf den hoch aufragenden Turm des Stephansdomes werden zumeist Werke Mozarts aufgeführt. Das hat seinen guten Grund, weil 1781 logierte hier Wolfgang Amadeus Mozart im Gefolge seines Dienstherrn, des Salzburger Erzbischofs Hieronymus Franz von Colloredo. Im Deutschordenshaus kam es auch zur in der Literatur vielfach berichteten (und unbewiesenen) Szene, dass der Erzbischof seinen aufmüpfigen Musicus durch seinen Oberstküchenmeister Karl Graf Arco mit einem Fußtritt aus dem Hause befördern ließ und ihm damit den Weg zu einer großen Karriere eröffnete. Im Deutschordenshaus befindet sich seit 1809 die Residenz des Hochmeisters, hier werden das Zentralarchiv des Deutschen Ordens und die Schatzkammer mit den Ordensinsignien verwahrt.

      Heiligenkreuzerhof zwischen 1010 Wien Schönlaterngasse 5 und Grashofgasse 3; Deutschordenshof, 1010 Singerstraße 7

       gotischer Zeit:

      WIENS ÄLTESTE MÜHLE

      Der Wienfluss war in der Frühzeit der Geschichte Wiens eine Lebensader der Stadt. An seinem Ufer und an den kleineren Nebenflüssen befanden sich zahlreiche Mühlen, außerdem siedelten sich hier auch andere Gewerbe wie die Gerber oder die Färber an, die viel Wasser brauchten. Die Abwässer dieser Betriebe gingen ebenso wie alle privaten Abwässer völlig ungeklärt in den Fluss. Der Wienfluss war aber für alle, die keinen Hausbrunnen besaßen, die einzige Trinkwasserquelle. Natürlich war die Wien nicht reguliert, sie floss manchmal träge dahin, nach einem Gewitter aber konnte sie zum reißenden Strom werden.

      An die zahlreichen Mühlen erinnern noch heute viele Straßen- und Hausbezeichnungen wie Bärenmühle, Hofmühle, Schleifmühle oder eben die Heumühle, deren Gebäude noch erhalten ist.

      Die Mühle gehörte einst dem Heiligengeistspital und war vor 1326 errichtet worden. Als sie 1529 im Verlauf der Ersten Türkenbelagerung nieder brannte, übernahm das Wiener Bistum die Mühl- und Wasserrechte, denn das Spital war Pleite gegangen. Den Mühlenneubau verpachtete die Kirche dann. Als der Mühlbach, ein Seitenarm des Wienflusses, der die Mühle antrieb, verschüttet wurde, stellte man den Mühlenbetrieb ein. Das Erzbistum übergab die Oberherrschaft der Stadt Wien, die 1856 die Wasserrechte mit 30.000 Gulden ablöste. Seit damals war im Mühlengebäude eine Gastwirtschaft untergebracht.

      Pläne, das stark baufällige Haus, wahrscheinlich Wiens ältester profaner Bau, im Einklang mit dem Denkmalschutz zu restaurieren, wurden mittlerweile in die Tat umgesetzt. Auch der Hausbestand der Umgebung wurde einer Generalsanierung unterzogen. Die Nachnutzung der sanierten Mühle ist noch nicht völlig geklärt, ein Kulturzentrum und ein Café sind im Gespräch. Derzeit wirkt die Mühle noch zu neu und schön herausgeputzt, um den Charme ihres Alters wirklich entfalten zu können.

      1040 Wien, Häuserkomplex Heumühlgasse 9 bzw. Schönbrunnerstraße 2 (U4 Autobus 59A)

       Tiergarten:

      DAS NEUGEBÄUDE IN SIMMERING

      Der tolerante Kaiser Maximilian II., der sich ein Leben lang