Fernsehen übertragen. Berühmt sind die kunstvollen Fastentücher der Kirche, die auch von zeitgenössischen Künstlern gestaltet werden.
Die Gruft von St. Michael, in der bis weit in die Barockzeit Beisetzungen stattfanden, liefert einen Querschnitt durch Wiens Adelsfamilien. Mitglieder der Familien Herberstein, Trautson und Mollard wurden in einzelnen Gruftkammern beigesetzt. Da die Gruft sehr trocken ist, blieben die Särge offen. Im Laufe der Zeit wurden dann immer wieder Särge zerschlagen, die Gebeine zusammen geschlichtet und mit Erde bedeckt. So wurden aus den ehemals sehr hochragenden Räumen durch die wachsenden Erdaufschichtungen niedrige Gelasse. Verstorbene Kinder wurden in einer eigenen Gruftkammer beigesetzt, der so genannten „Engelgruft“. Manche Holzsärge sind mit Leimfarben bemalt und tragen Insignien der Vergänglichkeit, wie Kreuz, Sanduhr und Totenschädel.
1010 Wien, Michaelerplatz, Kohlmarkt 11 (Autobus 2, 3)
Manche Särge blieben noch offen erhalten, und man kann ehemalige Hofbeamte in ihren einst prächtigen Amtskleidern erkennen. Hier wurde auch der berühmte Dichter und Librettist Glucks und Mozarts Pietro Metastasio, der als poeta caesareo (= kaiserlicher Dichter) in Wien wirkte, beigesetzt. Seine Grabtafel befindet sich in einem Nebenchor der Kirche. Die Gruft kann bei Führungen besichtigt werden.
In einer kleinen Seitenkapelle rechts vom Eingang ist ein seltsamer Stilmix zu entdecken, zwischen zwei alten Fresken befindet sich ein Gedenkrelief für den von den Nationalsozialisten 1934 ermordeten Bundeskanzler des korporatistischen Ständestaates Engelbert Dollfuß, an den beiden anderen gegenüberliegenden Wänden sind ein Mahnmal für die in den Konzentrationslagern ermordeten Österreicher und ein Gedenkkreuz für diese Österreicher vom Dachauer Friedhof.
Im linken Nebenhaus von St. Michael, im so genannten Großen Michaelerhaus, einem wunderbaren Barockbau mit Resten von Pawlatschen und einem sehr stimmungsvollen Innenhof, wohnte 1751 bis 1756, nach seiner Entlassung aus der Chorkapelle wegen Stimmbruch, in einer Bodenkammer der Komponist Joseph Haydn. Er wurde damals von dem im selben Haus wohnenden Komponisten und Gesangslehrer Antonio Porpora gefördert. In diesem Haus hatte auch Metastasio bis zu seinem Tod 1782 Logis genommen.
Das rechte Nebenhaus von St. Michael, auch Kleines Michaelerhaus genannt, erhebt sich auf dem ehemaligen Friedhof der Michaelerkirche. Durch das Haus führt ein malerischer Durchgang mit einem Ölbergrelief zur Habsburgergasse.
15. Strenge Steuergrenze:
DIE HUNDSTURMER LINIENKAPELLE
Als 1704 die Kuruzzen, antihabsburgisch gesinnte, aufständische Ungarn, die sich mit den Osmanen verbündet hatten, die Wiener Vorstädte bedrohten, wurde in aller Eile ein Verteidigungswall errichtet. Das Projekt wurde „Linea“ genannt: Es bestand aus einer Palisadenwand und dahinter lag ein Graben. Im März wurde der Bau begonnen, alle Stadtbewohner zwischen 18 und 60 Jahren mussten bei der Schanzarbeit helfen, täglich waren etwa 1.000 Arbeiter im Einsatz. Finanziert wurde der Bau durch die allgemeine Schanzsteuer. Als im Juli 1704 wegen Geldmangels die Arbeit am Linienwall eingestellt wurde, hatte er bereits eine Höhe von vier Metern erreicht. Insgesamt war die gesamte Anlage 13,5 Kilometer lang, der Wall begann an der Donau bei St. Marx, umschloss die heutigen Bezirke drei bis neun und erreichte in Lichtental wieder die Donau. Die Verteidigungslinie erwies sich als äußerst effektiv, denn im Juni 1704, noch während am Linienwall gebaut wurde, konnte der Angriff der Kuruzzen erfolgreich zurückgeschlagen werden.
Den Zugang zur Stadt bildeten insgesamt neun Tore, neben denen man im Laufe der Zeit die so genannten Linienämter errichtete, wo Mautgelder eingehoben wurden. Zwischen 1740 und 1760 wurden bei den Toren auch kleine Kapellen gebaut, die alle dem Brückenheiligen Johannes Nepomuk gewidmet waren.
Im 19. Jahrhundert hatte der Linienwall als Verteidigungsbauwerk ausgedient. Schnell wurde er zu einer fiskalischen Grenze umfunktioniert, denn nun wurde in den Linienämtern die so genannte Verzehrsteuer eingehoben, eine Steuer auf alle in die Stadt eingeführten Lebensmittel. Diese Steuer verteuerte die Lebensmittel in der Stadt erheblich, wodurch der Linienwall auch zu einer sozialen Grenze wurde. Denn wer arm war, musste jenseits des Linienwalls Logis nehmen – da war der Einkauf von Lebensmitteln billiger. Diese Grenze blieb bis zur Eingemeindung der Vororte im Jahr 1891 bestehen. Ab 1873 wurde der Linienwall kontinuierlich abgebaut, an seiner Stelle wurde die Gürtelstraße trassiert.
Noch heute steht die kleine Kapelle vor der Hundsturmer Linie (fünfter Bezirk). Die lebensgroßen Heiligenstatuen, die das kleine Gotteshaus früher flankierten, sind verschwunden. Die Kapelle aus dem Jahr 1759 war schon ziemlich verfallen, doch wurde sie nun endlich innen und außen restauriert.
1050 Wien, Schönbrunnerstraße, nach Nr. 124 (U4 und Autobus 12A)
16. Streit um eine Kirche:
DIE ALTE MATZLEINSDORFER
PFARRKIRCHE
Mitte der 60er-Jahre erhitzte der Abriss einer architektonisch an sich unbedeutenden Kirche die Gemüter der Wiener: Die alte Matzleinsdorfer Pfarrkirche, im Volksmund „Rauchfangkehrerkirche“ genannt, weil diese Zunft dort regelmäßig Umzüge veranstaltete, musste dem Verkehr auf der Wiedner Hauptstraße geopfert werden. Sie galt als einmalig – weil sie mitten auf der Straße stand, denn links und rechts führte jeweils eine Fahrbahn vorbei. Die 1725 errichtete Kirche „Zum heiligen Florian“, bis 1783 Filialkirche von St. Stephan, war ein typisches bescheidenes Vorstadtkirchlein im Barockstil, in ihrer Uniformität entsprach sie ganz dem josephinischen Sparsamkeitsgebot. Doch trotz dieser Schlichtheit war sie schon Kaiser Joseph II. ein Dorn im Auge, aber der Widerstand der Bevölkerung verhinderte damals einen Abriss.
Im Jahr 1900 wurde die Kirche sorgsam restauriert, 1937 um den von Karl Ehn erbauten Pfarrhof erweitert (er war übrigens auch der Erbauer des Karl Marx-Hofes). Sogar den Zweiten Weltkrieg überstand sie noch unbeschadet, aber Mitte der 60er-Jahre schlug ihre Stunde. Die Matzleinsdorfer Pfarrkirche war wegen ihrer den Verkehr behindernden Lage den Stadtplanern im Weg: Ihretwegen mussten die Autofahrer bremsen, ihretwegen war der Verkehrsfluss in der Wiedner Hauptstraße unterbrochen.
Der Entscheid für den Abbruch führte zu einer ersten vehementen Diskussion um die Stadterhaltung in Wien, doch die Befürworter des Kirchenerhalts kämpften vergeblich. Die Verkehrsplaner und Fetischisten von glatten Neubauten behielten die Oberhand. Heute erinnert nur mehr ein Mosaik an das alte Kirchlein.
Als Ersatz wurde ein wenig stadteinwärts bei der Wiedner Hauptstraße 97 vom deutschen Star der Sakralarchitektur Rudolf Schwarz eine moderne turmlose Kirche in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet. Nur wenige Ausstattungsstücke aus der alten Kirche wurden in den Neubau übertragen. Die Wiener konnten sich lange nicht mit dieser „Gottesgarage“ anfreunden, zu ungewohnt und vielleicht auch zu unausgereift war der Ersatzbau.
1050 Wien, Wiedner Hauptstraße, bei Nr. 97 bzw. 105 (Straßenbahn 1 und 62, Badner Bahn)
17. „Zur Erinnerung an
die Vermählung“:
DIE ELISABETHKAPELLE
Karl Freiherr von Sothen, Bankier und Grundbesitzer Am Himmel, einer Anhöhe in Ober-Sievering, ließ zur Erinnerung an die Vermählung von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth in Bayern eine Kapelle errichten, die am 31. Juli 1856 eingeweiht wurde. Was den ziemlich übel beleumdeten Freiherrn von Sothen bewog, die Kapelle zu errichten, ist unbekannt. Er selbst fand ein gewaltsames Ende, wurde er doch von einem Forstwart erschossen, da er sich bei einer Typhusepidemie nicht darum gekümmert hatte, Hilfe für seine Mitarbeiter zu organisieren. Angeblich soll ein bitterböser