Johannes Fischler

New Cage


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Tuchfühlungen, die da vermittelt werden. Und umgekehrt ist nun das Publikum durch die Bank weiblich.

       Magazine für esoterische „Insider“

      Mehr phantastischen Tiefgang beweist da schon der florierende Markt esoterischer Fachzeitschriften. Denn aus dem magischen Garn der ersten Generation häkelt nun jeder Kult seine ganz eigenen Muster. Die Rede ist von vielen verschiedenen Fangemeinden unterschiedlicher metaphysischer Labels. Jede Community besetzt ihr ganz eigenes Ressort und kommuniziert wiederum über ihr eigenes Medium. So zum Beispiel das Magazin Lichtfokus (Auflage circa 12.000) [25] mit den Schwerpunkten Lichtarbeit, Channeling und aufgestiegene Meister. Hier dreht sich alles um die Themen „Erwachen, Spiritualität, Neues Bewusstsein“, das Wörtchen „Esoterik“ sucht man in diesem Blatt allerdings vergebens. Wozu auch? Die Adressaten sind hier nicht „Esoteriker“, sondern schlicht die „Lichtarbeiter der Neuen Zeit“.

      Seit April 2008 erfährt auch der Engelspiritismus mediale Unterstützung. Das Engelmagazin spricht dem Leser aus dem Herzen: „Du verdienst es, geliebt zu werden“, versichert das Cover [27]. Immerhin 75.000 Stück verlassen alle zwei Monate die Druckerpresse und versorgen Erwachsene mit flauschigen Engelsgeschichten, um „der Sinnsuche und Sinnfindung mehr Raum im Leben“ zu geben [25]. „Spirituelle Lebenshilfe und Engelbotschaften für jeden Tag“ werden darin geboten, bis hin zu „Tiere, unsere Seelenpartner“ [28]. Aber auch hier wieder dasselbe Bild: von „Esoterik“ oder gar „New Age“ keine Spur.

       Das Wellnessmagazin als Türöffner

      Als etwas weniger exklusiv und somit für eine breitere Leserschaft konzipiert erweist sich das Monatsmagazin Visionen. „Spiritualität, Bewusstsein, Wellness“ [25] lauten hier die Themenschwerpunkte. 90.000 Stück informieren Monat für Monat in Sachen Zen-Buddhismus, Intuition und Gehirnforschung bis hin zu Tarot und Seelenpartnerschaft. Visionen liefert ein gutes Bespiel für das Ineinandergreifen von Esoterik- und Wellnessbewegung. Die Sehnsucht nach innerer Mitte und bewusstem Leben wird hier genauso angesprochen wie der Wunsch, „Engel und Sterne als Seelenführer“ [29] zu etablieren. So fungieren spirituell angehauchte Wellnessmagazine gewissermaßen als Steigbügelhalter für den oben erwähnten Insiderhandel. Sie sichern das Feld nach hinten ab und sorgen mithilfe einer marktgerechten Mixtur aus Vernunft und Unvernunft für einen tragfähigen ideologischen Unterbau, der spezialisierteren Zirkeln eine Abflugbasis bietet. Gerade also ein Streifzug durch den Blätterwald der Wellnessindustrie versinnbildlicht, wo die Themenschwerpunkte der Neuzeit anzusiedeln sind. Denn die „Zukunft steht nicht nur in den Sternen“, sie findet sich „auch zwischen den Beinen“, steht da in Body & Mind, dem Blatt für „Wellness und Wohlfühlen“ [30]. Schließlich hat die hier beworbene georgische Astrologin ihr Wissen bereits an über 4000 Genitalien erproben können. Doch intimes Handanlegen sei für eine „Prophezeiung“ nicht nötig, ein Foto genügt. Der Eros im Dienste des Spirit.

      Die Zukunft heißt „Mindstyle“

      Dass gerade dem gigantischen Markt der Frauenzeitschriften eine intensive Transformation bevorsteht, illustriert die Geburt der sogenannten „Mindstyle-Magazine“. Das Bauch-Beine-Po-Postulat erfährt hierbei eine trendgerechte Erweiterung. Body, Fitness und Sex bekommen Gesellschaft von Aura, Chakren und Lichtkörpern. Vormals Esoterisches avanciert stillschweigend zum neuen Life- oder eben Mindstyle. Dementsprechend pflegt man „einen bewussten Lebensstil“ [31] und schmückt sich zugleich mit spirituellem Aufputz. Genau deshalb gehört die Zeitschrift Happinez aus dem Heinrich Bauer Verlag selbstredend zur Welt der „New Luxury“-Magazine [32].

      Selbstverbesserung und „emotionale Weiterentwicklung“ [33] in „hochwertigster Haptik und Optik“ [34] versinnbildlichen in den Worten der Trendforscher einmal mehr, „wie das Übersinnliche die gesellschaftliche Mitte erobert“ [14]. Auffallend hier die Überlagerung weltlicher Themen mit einem spirituellen Nimbus. Job, Gesundheit, Ernährung, Lifestyle, Reise oder Kultur: Alles wird um eine bedeutende Dimension erweitert. Die eigene Vervollkommnung mit allem, was dazugehört, lautet wohl die Devise des Blattes für 35- bis 50-Jährige. Das Magazin, das „Weisheit, Psychologie und Spiritualität“ anvisiert, propagiert neben dem Gang zum Schamanen auch Kristallwasserstäbe zum Übertragen von Heilkräften und vermiest seinem Publikum Nicht-Tantra-Sex als „eine nackte, kalte Form von Sexualität“ [35]. Themen, welche vor einigen Jahren noch in reinen Eso-Heftchen zu finden waren, bilden nun das Konsumgut einer breiten Leserschaft.

      Das Magazin erschien erstmals 2010, ist Partner der Plattform „Wunderweib“, umfasst 145 Seiten, und das in Hochglanz. Mit einem Preis von 4,95 Euro will man sich gezielt zwischen InStyle & Co. ansiedeln. Bei einer Auflage von 150.000 Stück kann man durchaus mit Zeitschriften wie Vogue mithalten. Von einem gesellschaftlichen Randbereich dürfte da kaum mehr die Rede sein. Und die Sterne stehen günstig: Denn Happinez ist keine deutsche Erfindung, sondern eine Lizenzausgabe eines gleichnamigen niederländischen Titels. Dieser hat sich seit dem Launch 2003 bereits zur auflagenstärksten monatlichen Frauenzeitschrift der Niederlande entwickelt. Und das mit einer Verkaufsauflage von knapp 200.000 Exemplaren [36] bei circa 16,5 Millionen Einwohnern. Umgerechnet auf Deutschland entspräche das einem Leserpotenzial von knapp einer Million Menschen.

      Fazit: Der Zeitschriftenmarkt bringt es klar zutage. Im Zuge einer zunehmenden Ausdifferenzierung präsentiert sich esoterisches Geistesgut vermehrt als hip und trendy. Analog zur so kolportierten Hochglanz-Spiritualität besucht man folglich auch nicht mehr eine schmuddelige Esoterik-Messe, sondern bucht ein Wochenende auf einem Bewusstseins- oder gar „Zukunftskongress“ [37]. Die Zielgruppe: Manager mit Anzug und Krawatte, genächtigt wird im Grandhotel.

      Schwarzmarkt aus Licht und Liebe

      Auf die Wellness- und Heilerszene möchte ich aus Platzgründen hier nicht weiter eingehen. Doch abseits aller bisher gefallenen Zahlen sei ein Faktor noch gesondert hervorgehoben. Die Rede ist von den inoffiziellen Geldflüssen, die die Branche durchströmen. Eine Internetrecherche quer durch das Dickicht der Anbieter konfrontiert unentwegt mit gleich lautenden Zahlungsmodalitäten. „Energieausgleich“, Gutscheinsysteme oder „Fernbehandlungen“ mitsamt Donate-Button erscheinen am Bildschirm. Wie viel Monetäres hinter den Kulissen kursiert, darüber kann nur gemutmaßt werden. Oder glauben Sie wirklich, dass die Konsumentinnen einer spirituellen Vervollkommnung auf Intimbasis eine Quittung einfordern? Laut der Zeitschrift Neon gehört zum Beispiel die sogenannte „Yonimassage“ schon zum neuen Großstadttrend. Zweihundert Euro, nur um „die Frau in ihrer Göttlichkeit zu verehren“ [38]. Wer will hierfür schon eine Rechnung, die Krankenkasse zahlt ja nicht, noch nicht.

      Wirtschaftsfaktor Feinstofflichkeit – Eskapismus en masse

      „Es wirkt wie eine Kuriosität (…) die Esoterikbranche boomt“, lautet eine Schlagzeile in der TAZ [39] im März 2009, inmitten der Talfahrt auf den Finanzmärkten und zur selben Zeit, in welcher der Bierkonsum der Deutschen seine ersten massiven Einbrüche erlebt [40]. Sie zeigt, wie sich auch in der Krise Milliardenumsätze machen lassen“ [39], ist da zu lesen. Was hier auf den ersten Blick vielleicht kurios anmutet, entpuppt sich bei näherer Betrachtung eher als logische Konsequenz. Globalisierung und Beschleunigung befeuern die Sehnsucht nach Außer- oder eher Innerweltlichem gerade in Krisensituationen zusätzlich. Von einem Eskapismus en masse zu sprechen scheint hier sicher nicht übertrieben. So gehört laut dem Zukunftsforscher Matthias Horx der „personalisierte Metaphysik-Baukasten“ für viele schon zur „selbstverständlichen Realität“ [14]. Denn „Glaubenssysteme zwischen Spiritualität, Aberglauben und Esoterik“ trösten über allerlei Steuerungsverluste hinweg. Sie „avancieren zu Massenbewegungen“, so der Trendexperte und Industrieberater. Esoterik ist „endgültig in der gesellschaftlichen Mitte angekommen“ und gehört laut Horx „zu den Grundnahrungsmitteln der durchschnittlichen Alltagsphilosophien“.

      Spiritual Cinema – Vom Kultfilm zum weltweiten Movement

       „Was ist Wirklichkeit? Was sind