Dave Nocturn

Babylon


Скачать книгу

      Das Funkgerät meldete sich knackend.

      »Grundlich für Weimer, kommen!«

      »Oha, keine Codenamen, keine abartigen Abkürzungen? Die Kacke ist wohl echt am dampfen.« Weimer griff zum Sprechsatz. »Weimer hier, kommen!«

      »Grundlich hier. Können Sie die Biester sehen? Kommen!«

      »Ich sehe sie. Sie stehen Spalier bis hier hin. Als wenn sie auf etwas warten würden. Kommen!«

      »Wir müssen durchbrechen, bevor sie sich zum Angriff entschließen. Kommen!«

      »Schön. Und wie? Kommen!«

      Grundlich war die Ungeduld und das Unverständnis über das Aussprechen des Offensichtlichen deutlich anzumerken. »Wir werden mit zwei Fahrzeugen vorrücken und eine Lücke reißen. Sie führen die Kolonne hindurch und bringen sie auf genug Abstand zu den Zombies. Dann warten Sie bis null-sechshundert Zulu, oder bis wir zu Ihnen aufgeschlossen haben. Kommen!«

      Weimer starte das Mikrofon an. Grundlich konnte nicht ernst meinen, was er eben gesagt hatte. Die schiere Masse der Zombies dort draußen konnte unmöglich durch zwei Wagen soweit zurückgedrängt werden, dass die Kolonne durchbrechen konnte.

      »Welche Waffen haben Sie? Kommen!«

      Hoffentlich Raketenwerfer und Panzerfäuste, dachte Weimer inbrünstig.

      »Je ein MG auf Lafette.«

      »Und was noch? Kommen!«

      »Die beiden Lkw.«

      Grundlich hatte die Funketikette bereits aufgegeben.

      »Herr Major, das wird …«

      »Das wird funktionieren, Weimer. Warten Sie es ab! Sie werden wissen, wann Sie losfahren müssen.«

      »Was haben Sie vor?«

      »Führen Sie einfach ihre Befehle aus, Weimer.«

      »Aber …«

      »Führen Sie den gottverdammten Befehl aus!« Grundlichs Stimme ließ den Lautsprecher des Funkgerätes klirren.

      Weimer schluckte. »Jawohl«, sagte er dann leise in das Mikrophon, »und … danke.«

      Die Antwort des Majors kam etwas verzögert und heiser.

      »Führen Sie die Truppe nach Bonn, hören Sie? Versprechen Sie mir das. Die Kopter können Sie nicht unterstützen, die sind schon auf dem Weg nach Bonn, vor allem die transportable medizinische Ausrüstung und EPAS müssen schnell dorthin.«

      »Herr Major, Sie werden die Truppe nach Bonn führen. Schließlich ist es Ihr Kommando.«

      »Versprechen Sie mir, dass Sie nur bis null-sechshundert warten und dann nach Bonn marschieren. Versprechen Sie es!«

      »Also gut, ich verspreche es. Aber wir werden zusammen in Bonn ankommen.«

      Weimer ließ den Sprechknopf los und warte auf eine Antwort des Majors. Diese erfolgte in Form des Fahrt-Signals aus dem Führungsfahrzeug. Weimer gab es weiter, und als der Motor des ersten Wagens aufheulte, fielen alle anderen Motoren mit ein.

      Waffenfeuer begann. Die Schnellfeuergewehre auf den beiden ersten Wagen zogen eine Schneise durch die Zombiearmee. In diese Lücke stießen die Lkw und drängten die Horde der hirnlosen Kreaturen weiter auseinander. Weimer gab seinem Fahrer das Zeichen, anzufahren.

      ***

      »Was ist da los?« Martin hatte sich auf seinen Platz zurückgekämpft und sah den Soldaten neben sich fragend an.

      »Keine Ahnung. Wir sind hier nur das Fußvolk.«

      »Was kann da draußen passieren?«

      »Ich würde sagen, dort wird gekämpft.«

      Martin seufzte. Hier würde er nicht weiterkommen.

      »Kannst du dir erklären, was dort vorgeht?«, wandte er sich an Sandra.

      Diese blickte erstaunt zu ihm auf. »Woher, denkst du, soll ich das wissen?«

      Sie hatte offenbar ihre alte Aggressivität Martin gegenüber wiedergefunden.

      »Weil du so taff wirkst und mit Waffen umgehen kannst, dachte ich … «

      »Dachtest du, dass was? Dass ich eine paramilitärische Ausbildung habe? Dass ich in der Armee war?«

      Martin zuckte vor ihrer für ihn unverständlichen Wut zurück. »Nein, das nicht. Aber du wirkst so überlegen und souverän. Da dachte ich, dass du dir vielleicht etwas zusammengereimt hast.«

      »So, so.«

      Martin zögerte, weiterzusprechen. Er hatte das Gefühl, an etwas Dunklem in Sandras Vergangenheit gerührt zu haben. Außerdem kam ihm der Affe wieder bedrohlich nahe, und sein Nasenzucker war endgültig aufgebraucht. Er hatte Angst, dass das Gespräch wieder einmal eskalieren könnte.

      »Hey, war nicht so gemeint.«, sagte er deshalb leise.

      »Schon gut. Die ganze Situation wächst mir einfach über den Kopf.«

      Martin lächelte schüchtern. »Mir auch.«

      In diesem Moment dröhnten zwei Explosion. Die Druckwellen schüttelten den Lkw kräftig durch.

      »Was …«

      Und dann sah Martin, was die Explosion ausgelöst hatte. Sie jagten mit zunehmender Geschwindigkeit an den brennenden Wracks zweier großer Militärfahrzeuge vorbei, deren Explosionswucht eine riesige Lücke in die Zombiearmee gerissen hatte, durch die die Kolonne nun raste.

      Schon verschwand der Anblick aus zerrissenen Leibern, brennend dahinwankenden Körpern und den lichterloh brennenden Wracks hinter der nächsten Kurve.

      »Oh Gott«, kam es von dem Soldaten, der gegenüber von Martin saß.

      Martin nickte inbrünstig. Sandra drückte sich an ihn und starrte auf den Widerschein der Feuer am Horizont. Martin zögerte, dann strich er vorsichtig über ihr Haar.

      Kapitel III

      Gespräch unter Feinden

      Der weiße Hund stand auf einer Anhöhe nahe Bornheim und sah auf die Wagenburg hinab, zu der sich die Kolonne formiert hatte. Die Rast war dringend nötig gewesen. Zu sehr hatten die Ereignisse in Nörvenich und der Marsch hierher an den Kräften der Soldaten gezehrt. Gelegentlich war ein Helikopter in Richtung Bonn über sie hinweggezogen, hatte aber weder auf Funksprüche noch auf Lichtsignale reagiert. Soldaten patrouillierten in Dreierteams gegenläufigen um das Lager.

      »Ein friedlicher Anblick. Und so sinnlos, nicht wahr, Luzifer?«

      Der weiße Hund jaulte erschrocken auf. Aus dem Nichts war eine dunkle Gestalt hinter ihm erschienen.

      »Der Wille zu überleben ist nie sinnlos, Gabriel.«

      Der Angesprochene musterte die weibliche Gestalt, in die der Hund sich während seiner Worte transformiert hatte. »Es zögert das Unvermeidliche nur hinaus. Der Weg ist vorbestimmt.«

      »Durch dich?«

      »Ich erfülle nur Seinen Willen.«

      »Als wenn du oder ich den tatsächlich deuten könnten.«

      »Es liegt doch auf der Hand, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Die Seuche spricht für sich.«

      Das Gesicht der Frau zeigte Spuren von Wut. »Eine Seuche, die du doch erst in die Welt gebracht hast!«

      Gabriel hielt in einer Geste verletzter Unschuld die Hände vor seine Brust. »Ich? Ich soll die Seuche in die Welt gebracht haben?«

      »Ja, du warst es.«

      »Ich darf dich darauf hinweisen, dass das Virus deiner Manipulation entsprungen ist.«

      Luzifer warf stolz den Kopf zurück. »Ich habe nur einen Weg