Jork Steffen Negelen

Vinus und das Auge der Zyklopen: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 4)


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      Jork Steffen Negelen

      Vierter Teil:

       Vinus und das Auge der Zyklopen

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2016

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

      Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

      Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Zweite überarbeitete Auflage

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

      1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

       www.engelsdorfer-verlag.de

       Orbins Auferstehung

      Die Kälte des nahenden Winters hatte das Drachengebirge erobert. Der Nordwind fuhr mit seinem frostigen Atem durch die Täler und ließ alles Wasser zu Eis erstarren. Es schneite unaufhörlich und die Flocken fielen so dicht, dass ein einsamer Jäger mit seinem treuen Begleiter nur mühsam den Weg durch ein kleines Tal fand.

      Dieser Jäger war Arglod, ein roter Kriegstroll. Er hatte sich und seine Familie aus all den Kämpfen der letzten Zeit herausgehalten und sich in das Drachengebirge zurückgezogen. Hier konnte er mit seinem Jagdwolf Selitos dem Wild nachstellen und die kalten Nächte in einer der vielen Höhlen des Gebirges verbringen.

      Doch die Einsamkeit der Berge schützte ihn nicht vor einem alten Freund aus längst vergangenen Zeiten. Der Mönchsdämon Ihlo war für Arglod so ein alter Freund. Erst vor drei Tagen hatte er den Kriegstroll aufgesucht und ihn an eine alte Schuld erinnert. Vor vielen Jahren hatte Ihlo Arglod schwer verwundet gefunden und ihm das Leben gerettet. Der Kriegstroll war bei einem Jagdausflug in das Gebiet der Schneeland-Elfen eingedrungen und wollte einen Hirsch erlegen. Doch das Tier entkam und eine Horde Elfen griff ihn an. Aus vielen Wunden blutend entkam er ihnen und Ihlo rettete ihn vor dem sicheren Tod. Seit jenem Tag erfüllte Arglod immer wieder kleinere Aufgaben, die Ihlo ihm ab und zu aufgab.

      Heute sollte er den Begräbnisplatz eines alten Hexenmeisters finden. Ihlo hatte dem Kriegstroll die Stelle genau beschrieben. Sobald Arglod diesen Platz gefunden hatte, sollte er Ihlo rufen. Doch der Schneefall ließ nicht nach und Arglod musste sich immer wieder umsehen. In dieser weißen Landschaft sah ein Baum wie der andere aus und der Kriegstroll befürchtete schon, die Orientierung verloren zu haben.

      Nur sein treuer Freund Selitos half ihm, immer wieder den Weg zu finden. Arglod wollte schon rasten und auf besseres Wetter warten, da erreichte er den Stamm einer alten Nordeiche. Der Baum war so alt, dass die meisten Äste fehlten und der ausgehöhlte Stamm als Wegmarkierung diente. Nur noch wenige Schritte und er erreichte den Begräbnisplatz.

      Arglod wusste nicht viel über den alten Hexenmeister. Aus irgendeinem Grund hatten ihn die Schneeland-Elfen vor vielen Hundert Jahren in der Nähe der hohlen Eiche in einem großen Tonkrug verscharrt und den Platz mit einem Bann belegt.

      Als der Kriegstroll den Platz erreicht hatte, warnte ihn Selitos vor diesem Bann. Das Nackenfell des Wolfes sträubte sich und er zog sich knurrend zurück. Jetzt war es an der Zeit, den Mönchsdämon zu rufen. Arglod formte die Hände zu einem Trichter und hielt sie sich vor dem Mund. Dann rief er so laut er konnte. „Set erem Set agitor Ihlo!“

      Vor dem Kriegstroll erschien der Mönchsdämon mit einem Zischen und einem kurzen Knall. Er schaute sich um und sprach zu Arglod. „Das hast du gut gemacht. Ich habe schon befürchtet, dass du den Platz heute nicht mehr findest. Doch du bist ein sehr guter Jäger und Fährtensucher. Dank dir und deinem Wolf habe ich mir viel Zeit und Mühe erspart. Jetzt werde ich versuchen, den alten Orbin aus seinem Gefängnis zu befreien. Geh ein Stück zur Seite. Dieser Orbin ist ein unberechenbarer Mann mit sehr viel schwarzer Magie. Er könnte dich und den Wolf sofort töten.“

      Arglod schaute zu der flatternden Gestalt vor ihm und fragte erstaunt. „Was ist dieser Orbin für ein Wesen? Sind wir in großer Gefahr, wenn du ihn erweckst?“

      Ihlo schwebte dicht vor Arglods Augen und zischte ihn an. „Mach genau das, was ich dir sage. Dann wird dir der untote Hexenmeister nichts tun. Und jetzt geh mit deinem Wolf ein Stück zurück.“

      Mit einem unguten Gefühl im Magen zog der Kriegstroll seinen Wolf einige Schritte weg von Ihlo und diesem unheimlichen Begräbnisplatz. Dann sah er dem Mönchsdämon zu.

      Ihlo flog über Orbins Ruhestätte und versuchte, mit einer Beschwörung den Bann der Schneeland-Elfen zu brechen. Drei schwarze Geister krochen aus der Erde und umkreisten wie Nebelschwaden den gebannten Platz. Mit einem schwachen Leuchten gab der Bann seine Kraft auf. Die Geister verschwanden und Ihlo rief Orbin aus der Tiefe seines Grabes herbei.

      Arglod staunte und sein Wolf zog jaulend den Schwanz ein. Er verkroch sich hinter seinem Herrn. Ein tiefes Loch entstand und in ihm lag ein großer Tonkrug. Mit einer rostigen Kette und drei großen Schlössern war dieser Krug gut gesichert. Doch für Ihlo war das kein Problem. Er ließ den Krug aus dem Loch nach oben schweben und stellte ihn neben der alten Eiche ab.

      Der Kriegstroll wagte es nicht, sich zu bewegen. Mit offenem Mund sah er Ihlo zu, wie dieser mit seiner schwarzen Magie die Schlösser öffnete, die Kette in den Schnee fiel und so den Deckel des Krugs freigab. Der Krug drehte sich dreimal im Kreis und der Deckel sprang auf. Eine Säule aus schwarzem Staub streckte sich in dem Himmel und schwebte langsam zu Boden.

      Als die schwarze Staubsäule sich auflöste, ließ sie ein altes vertrocknetes Männlein in einer schwarzen Kutte zurück. In seiner rechten Hand hielt dieses Männlein einen Zauberstab. Er stand neben dem Krug und sah sich langsam um. Als er Ihlo sah, hielt er ihm den Zauberstab entgegen und fauchte ihn an. „Du bist es also, du hast mich aus meinem Grab befreit. Ich habe dich schon einmal gesehen, doch ich erinnere mich nicht, wo das war.“

      Ihlo umkreiste den Krug und den Hexenmeister und sprach eine letzte Beschwörung aus. Das Männlein wurde größer und nahm seine alte Gestalt an. Ihlo sah sich sein Werk an und war zufrieden. „Wer hätte das gedacht. Nach so vielen Jahren sehe ich dich noch einmal wieder. Du bist Orbin, der schwarze Hexenmeister und damit ein Diener meines Herrn Dämonicon. Mehr sage ich dir nicht. Ich werde dich zu ihm bringen und ihm dein weiteres Schicksal anvertrauen.“

      Arglod schaute verängstigt zu Ihlo und Orbin und wich langsam immer weiter zurück. Ihlo bemerkte das und ließ vor dem Kriegstroll einen Beutel Gold in den Schnee fallen. „Das soll der Lohn für deine Mühe sein. Du bist ein guter Freund. Doch gib in Zukunft mehr Acht und verwische deine Spuren. Schon bald werden die Schnee-Landelfen bemerken, dass Orbins Grab leer und ihr Bann gebrochen ist. Dann solltest du nicht in ihrer Nähe sein.“

      Arglod verstand den Rat. Er hob den Beutel mit dem Gold auf und sah zu dem Mönchsdämon. „Ich werde hier verschwinden und diesen Ort nie wieder aufsuchen. Das verspreche ich dir.“ Der Kriegstroll steckte das Gold ein und lief mit seinem Wolf davon.

      Jetzt war Ihlo mit Orbin allein. Er betrachtete den Hexenmeister und sprach zu ihm. „Bist du bereit für eine Reise? Oder hast du noch nicht genügend Kraft von mir bekommen?“

      Orbin sah an sich herunter. Seine alte Kutte hing ihm in Fetzen am Körper und er konnte sich nicht einmal erinnern, wer er wirklich war. „Ich habe zu lange geschlafen und zu viel vergessen. Ich weiß nicht einmal ob ich vor dir und deinem Herrn Angst haben soll.“

      Ihlo