Karin Hermanns

Kaffeeklatsch und Sonntagsbraten


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weiß und alle konnten ihn sehen. Und die Menschenkinder freuten sich an seiner Pracht. Dem Glockenblümchen aber machte der Schnee aus Dankbarkeit ein Geschenk. Er ließ es in den kalten Wintermonaten nicht erfrieren, sondern wärmte es, sodass es als einzige Blume im Winter blühen konnte. Schnee und Glockenblümchen sind seitdem unzertrennliche Freunde, was man auch an dem Namen Schneeglöckchen erkennen kann.

      ANREGUNGEN:

      Farbige Fotos (aus dem Internet) eines Ackers, des Himmels, einer Wiese, eines Schlüsselblümchens, einer Rose und einer Glockenblume, die während des Vorlesens nacheinander auf den Tisch gelegt werden, helfen, die Geschichte besser zu verstehen und vertiefen das Erinnern von Farben. Am Schluss kann ein Schneeglöckchen verschenkt oder ein Foto, wie dieses im Schnee wächst, zu den anderen Bildern gelegt werden.

      Volkslied

      2. Es blühen Blümlein auf dem Feld,

      sie blühen weiß, blau, rot und gelb;

      so wie es meinem Schatz gefällt.

      3. Jetzt geh’ ich über Berg und Tal,

      da hört man schon die Nachtigall

      auf grüner Heid’ und überall.

      Endlich war der Schnee geschmolzen. Schneeglöckchen, Krokusse in allen Farben und Märzenbecher kündigten den Frühling an. Hier und da wagten sich auch schon die Spitzen von Tulpen und Osterglocken aus der Erde. Die Luft war deutlich milder und Frühlingsdüfte weckten in Mensch und Tier neue Lebensgeister und machten gute Laune.

      Katze Mulle hatte sich auf der Fußmatte vor der Haustür zusammengerollt und döste zufrieden in der Mittagssonne. Obwohl es erst Anfang April war, wärmte diese schon recht kräftig, was Mulle genoss und mit leisem Schnurren honorierte. Sie war trächtig und ihr inzwischen mächtig dicker Bauch lies erahnen, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis ihre Katzenkinder das Licht der Welt erblickten.

      Frauchen Trude hatte für Mulle extra einen alten Wäschekorb für das bevorstehende Ereignis in der Scheune bereitgestellt und ihn mit Stroh und weichen Tüchern ausstaffiert, damit die Neugeborenen es warm und gemütlich hätten. Die Tage und vor allem die Nächte im April konnten noch recht frostig werden. Da brauchten Mutter und Tierbabys ein schützendes Nest. Mulle liebte ihr Frauchen über alles und wann immer sie Trude irgendwo entdeckte, lief sie auf sie zu, strich ihr werbend und maunzend um die Beine und erntete dafür prompt die ersehnten Streicheleinheiten. Am liebsten mochte Mulle, wenn man sie am Kopf zwischen ihren Ohren kraulte oder ihr sanft den Rücken massierte. Wenn Mulle am Abend auf Frauchens Schoß saß, schmiegte sie sich fest an Trudes Körper oder drückte ihren weichen Kopf an den von Trude, was ein besonderer Liebesbeweis war und nur zwischen Lieblingsmensch und Lieblingskatze vorkam. Nicht selten wurde Mulle von Trude mit einem kleinen Leckerbissen aus der Küche verwöhnt. Fisch oder gar eine Scheibe von der geräucherten Mettwurst fraß Mulle besonders gern. Aber Reste vom Mittagessen oder eine Schale Milch waren auch nicht zu verachten. Ansonsten besorgte Mulle sich ihr Essen natürlich selbst, schließlich gab es genug Mäuse auf dem Hof.

      Ein lautes Gejaule vom Nachbarkater Rollo weckte Mulle aus ihrem Mittagsschläfchen. Dieser aufdringliche Kerl, der sich für den besten Sänger des Reviers hielt und ständig Miezen nachstellte, hatte ihr gerade noch gefehlt. „Nichts wie weg“, dachte Mulle. Aber mit dem schnellen Flüchten wollte das heute nicht recht klappen. Ein unangenehmes Ziehen meldete sich in ihrem gespannten Bauch und Mulle, die bereits eine erfahrene Katzenmutter war, wusste sofort, dass das Abenteuer Geburt vor der Tür stand. Der Weg in die Scheune zu Frauchens Korb schien Mulle zu weit und außerdem hatte sie sich ohnehin ein anderes Nest für ihre Jungen ausgesucht. Und so huschte sie wenig später, als die Haustür wegen des Briefträgers aufgemacht wurde, schnell ins Haus, quälte sich ohne ein Miau die steile Treppe zu Frauchens Schlafzimmer hinauf und sprang mit letzter Kraft in Trudes Bett.

      Nach einer kurzen Verschnaufpause nahmen die Dinge ihren Lauf. Fünf kleine, maunzende, noch blinde und nasse Kätzchen suchten sich den Weg ins Freie und dann zu Mulles verheißungsvollen Zitzen, nachdem Mulle ihre Kleinen ordentlich trocken und sauber geleckt hatte. Mulle war erschöpft, aber stolz wie eine Menschenmutter. Sie ließ ihre Jungen großzügig gewähren, obwohl die kleinen Biester mit den tretenden Bewegungen ihrer Pfötchen ganz schön ihren Bauch malträtierten, um die Milch hervorzulocken. Schmatzend und saugend tankten die Babys Kraft und Mulle schnurrte sie dazu leise in den Schlaf.

      Als Frauchen Trude am Abend zum Schlafen kam, staunte sie nicht schlecht über die Bescherung in ihrem Bett, der süße Anblick von Mulle und ihren Babys rührte sie aber so sehr, dass sie ausnahmsweise Mulle für eine Nacht ihr Bett überließ und mit dem Sofa in der Stube vorliebnahm. Am nächsten Tag allerdings wurde die frisch gebackene Katzenmutter mit ihren putzigen Jungen vorsichtig und sanft in den dafür vorgesehenen Korb in der Scheune umquartiert.

      ANREGUNGEN:

      Viele Demenzerkrankte sind mit Haustieren groß geworden oder hatten im späteren Erwachsenenleben ein Tier, an das sie sich gern erinnern und über das sie vielleicht etwas erzählen wollen.

      Ein weiches Fell oder ein kuscheliges Stofftier zum Streicheln weckt meist Erinnerungen und wird in der Regel als angenehm empfunden.

      Sich im Anschluss an das Vorlesen Bilder mit Katzen anzuschauen, macht Spaß. Auch Kurzfilme über Katzen, die nur wenige Minuten dauern (aus dem Internet) sind eine gute Ergänzung zur Geschichte.

      Der Frühling ist die schönste Zeit!

      Was kann wohl schöner sein?

      Da grünt und blüht es weit und breit

      im gold’nen Sonnenschein.

      Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,

      das Bächlein rauscht zu Tal,

      es grünt die Saat, es blinkt der See

      im Frühlingssonnenstrahl.

      Die Lerchen singen überall,

      die Amsel schlägt im Wald!

      Nun kommt die liebe Nachtigall

      und auch der Kuckuck bald.

      Nun jauchzet alles weit und breit,

      da stimmen froh wir ein:

      Der Frühling ist die schönste Zeit!

      Was kann wohl schöner sein?

       Annette von Droste-Hülshoff

      Die Tage wurden wieder länger und die durch die Fensterscheiben strahlende Sonne brachte nur allzu deutlich die winterlichen Schmutzspuren in der Wohnung zum Vorschein. Charlotte schlüpfte deshalb in ihre geblümte Kittelschürze, steckte sich geschwind die Haare hoch und ließ sie unter einem Tuch, das sie zu einem Turban band, verschwinden. Ein bisschen sah sie jetzt aus wie Witwe Bolte bei Wilhelm Busch, aber für den alljährlichen Frühjahrsputz war ihr Aussehen angebracht. Ostern war auch nicht mehr fern und bis dahin sollte schließlich alles wieder blitzen.

      Ein wenig grauste es Charlotte vor der Anstrengung, aber wie hieß es doch so schön: „Je eher daran, desto eher davon!“ Und so rollte sie mit Schwung den Wohnzimmerteppich zu einer langen Wurst auf. Zum Glück war Opa, der mit in der Wohnung wohnte, noch rüstig und half ihr, das schwere Biest die Treppe runter in den Hof zu schleppen und über die Teppichstange zu wuchten. Unter den kräftigen Schlägen mit dem Teppichklopfer machte sich der Winterdreck in aufsteigenden Schwaden buchstäblich aus dem Staub. Die Holzböden zu spänen, sie anschließend mit Erdal-Wachs einzuschmieren und sie mit dem schweren Bohnerbesen zu polieren, waren die nächsten Schindereien.