Armeen und paramilitärische Verbände, Milizen und Bürgerwehren, deren Kriegsführung nicht allein auf den Sieg über den militärischen Gegner ausgerichtet ist, sondern gleichermaßen auf die Vernichtung seiner Anhänger, also Stammesangehöriger oder religiöser Gemeinschaften. Diese Massaker unter der Zivilbevölkerung, an wehrlosen Frauen, Kindern, Männern, sind Teil der Kriegsführung geworden.
Gänzlich andere Kriegsschauplätze ohne Fronten sind seit Jahrzehnten die Städte, in denen Kommandos von Terroristen oder so genannte Selbstmordattentäter Bomben zünden, Gebäude erstürmen und wahllos Zivilisten töten…
Seit Jahren preisen Militärs und unbedarfte Politiker angeblich „intelligente“ Waffen, die mit tödlicher Sicherheit ihre Ziele träfen. So, als würden diese Waffen „saubere“ Kriege ermöglichen. In Wahrheit ist genau das Gegenteil zutreffend. Kam im I. Weltkrieg auf acht gefallene Soldaten ein getöteter Zivilist (im II: Weltkrieg kamen noch vier Soldaten auf einen toten Zivilisten) so ist das Verhältnis heute – im Zeichen „intelligenter“ Waffen – genau entgegengesetzt: auf einen gefallenen Soldaten kommen nunmehr acht getötete Zivilisten.
Einen weiteren tiefgreifenden Wandel erfuhren auch die Ziele von Kriegen. Die letzten großen Eroberungskriege führte Deutschland im II. Weltkrieg in Europa und Japan im Pazifik. Insbesondere der NS-Staat verband bereits seine Eroberungsfeldzüge mit einem Weltanschauungskrieg, der sich gegen die europäischen Juden und gegen die slawischen „Untermenschen“ richtete.
Auch wenn es in den Kriegen der zurückliegenden Jahrzehnte um Macht, Einflusssphären, Sicherung von Rohstoffquellen u. a. ging, so wurden sie primär als Weltanschauungskriege begründet und geführt, deren Ziel nicht die Besetzung fremder Territorien war. Der Einsatz von hochtechnologischen und immer teureren Waffensystemen ließ die Kosten solcher Kriege ins Unermessliche steigen. Gewinne machte naturgemäß vor allem die Rüstungsindustrie. Alle Versuche, in diesen Kriegen den jeweiligen Gegner vollständig zu unterwerfen, waren bislang zum Scheitern verurteilt.
Die Mehrzahl der Bürgerkriege der zurückliegenden Jahrzehnte waren erbitterte „Verteilungskämpfe“. Selten ging es um eine progressive Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse. Es war oft der existentielle Mangel an Versorgungsgütern, Verarmung breiter Schichten, Hungersnöte und Krankheiten, die, da es nirgends für alle reichte, zum Bürgerkrieg führten, sowie die diktatorische Herrschaft einer Bevölkerungsgruppe über alle anderen. Siegten die Aufständischen, so entstand in der Regel eine neue Diktatur, deren „Herrscher“ und ihre Anhänger sich jegliche Privilegien zusprachen und diese zur persönlichen Bereicherung nutzten, wie die Herrschenden zuvor. Gab es keinen „Sieger“, dann zogen sich diese Bürgerkriege über Jahre hin, bis das ganze Land zerstört und entvölkert war.
Nach der Niederlage begann der Horror für die Zivilbevölkerung der Besiegten – die Sieger mordeten und brandschatzten mit hemmungsloser Brutalität und Gier nach allem, was sie an Beute an sich reißen konnten.
Am Ende des II. Weltkrieges im Pazifik wurde die Welt durch die Zerstörung Hiroshimas am 6. und Nagasakis am 8. August 1945 durch Atombomben erschüttert. Der erstmalige und bislang einzige Einsatz einer neuen Massenvernichtungswaffe von ungeheurer Zerstörungskraft, die noch Jahrzehnte danach jährlich Opfer forderte.
Angesichts von Abertausenden toten oder verstrahlten Einwohnern beider Städte ist es erschreckend und abstoßend, wenn in einer deutschen Zeitschrift* unter der obskuren Rubrik „Die dunklen Geheimnisse der Geschichte“ eine in wesentlichen Passagen zynische Rechtfertigung unter der unsinnigen Fragestellung „Bewahrten die Atombomben auf Japan die Welt vor dem Untergang?“ publiziert wird.
Unter Berufung auf einen Militärhistoriker namens Richard B. Frank werden folgende Überlegungen angestellt: Japan kapitulierte nach dem Abwurf der Atombomben. Infolgedessen wurde verhindert, dass die Weiterführung des Krieges Hunderttausende von Toten – darunter auch 800.000 US-Soldaten – auf dem Schlachtfeld zur Folge gehabt hätte. Und man kommt schließlich zu dem Schluss, dass der Krieg noch weitere fünf Jahre angedauert hätte, mit weiteren Millionen Toten. Diese Begründungen, mit denen die Toten von Hiroshima und Nagasaki als notwendig begründet und gleichermaßen marginalisiert werden, sind nichts anderes als absurde Spekulationen zur Rechtfertigung der Abwürfe beider Atombomben. Da bewusst von einer Darstellung der realen militärischen und politischen Weltlage „abgesehen“ wird, sind sie nichts anderes als eine substanzlose und zynisch anmutende Abstraktion. Da Hitlerdeutschland am 8. Mai 1945 kapituliert hatte, stand Japan endgültig allein. Dass die Sowjetunion bereitstand, an der Seite der USA in den Pazifikkrieg einzugreifen, war bekannt. Ob die Amerikaner vorsätzlich die Atombomben einsetzten, bevor die Sowjetunion am 8. August 1945 Japan den Krieg erklärte, kann bis heute nicht beantwortet werden; auszuschließen ist es keineswegs. Gesetzt den Fall, die japanische Armee hätte noch über die vermutete Kampfkraft verfügt, warum nutzte die militärische Führung die Zerstörung Hiroshimas nicht zu einem von Hass getragenen Gegenschlag? Harakiri hatte in Japan eine lange Tradition. Umso größer ist dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass Japan schon zu diesem Zeitpunkt zur Kapitulation bereit war. Und schließlich wird ein gravierendes Problem völlig außer Acht gelassen: Wäre es wirklich um die Kapitulation Japans gegangen, warum wurde nur zwei Tage später eine zweite Bombe abgeworfen, statt abzuwarten, wie Japan reagieren würde? Weder Hiroshima noch Nagasaki waren militärstrategisch wichtige Ziele…Mit solchen „Deutungen“ wie weiter oben dargelegt kann man allerdings – und das allein sollte zählen – jeden Abwurf einer Atom- oder Wasserstoffbombe rechtfertigen. Allerdings würde das heute zu dem im Text beschworenen Weltuntergangsszenario führen.
Auch hier gilt, was schon immer galt: Gibt man Militärs neue Waffen, dann werden sie diese bedenkenlos einsetzen, um den „Feind“ zu besiegen.
*
1953 begann der Koreakrieg, als das kommunistische Nordkorea mit Unterstützung Chinas Südkorea angriff und zu großen Teilen besetzte. Mit dem Mandat der UNO griffen die USA und weitere Staaten auf der Seite Südkoreas ein und beendeten in einem blutigen Kampf diesen Krieg zu Gunsten Südkoreas. Was bestehen blieb, war die Teilung Koreas bis heute. Kaum Beachtung fand dagegen das erbarmungslose, für die nordkoreanische Zivilbevölkerung folgenschwere Flächenbombardement des Nordens mit dem ersten Einsatz von Napalmbomben, die unvorstellbare Schäden sowohl bei der Zerstörung der Hütten auf dem Lande als auch in den Städten anrichteten und die Ernten vernichteten. Nach heutigen Erkenntnissen wurde mehr als ein Viertel der nordkoreanischen Zivilbevölkerung zu Opfern dieser Flächenbombardements.
Um die Dimension dieses Sterbens deutlich zu machen: um im II. Weltkrieg einen ebenso großen Verlust unter der Zivilbevölkerung anzurichten, hätten durch die Luftangriffe der Alliierten 20 Millionen Deutsche ums Leben kommen müssen.
Wer heute die Zustände des von Diktatoren beherrschten Nordkoreas kritisch oder gar fassungslos verurteilt, sollte bedenken, dass es sich um ein schwer traumatisiertes Volk handelt, dessen drei Diktatoren genau das skrupellos ausnutzen. Nicht zufällig gelten die Tiraden der Vergeltung den USA, denn genau das verfängt bei den Opfern von damals und bei ihren Nachfahren und führt zu einer, von außen gesehen, scheinbar absurden Instrumentalisierung.
Im Vietnamkrieg wiederholten die USA den Einsatz von Napalm. Durch pausenlose Flächenbombardements und den Einsatz von Giftgasen wurden Südvietnams Dörfer und die Landwirtschaft systematisch vernichtet, die Böden kontaminiert, sodass noch lange nach Kriegsende Menschen starben und Missgeburten zum Alltag gehörten. Als die USA 1974 den Krieg als Verlierer beendeten, hatten weit über eine Millionen vietnamesischer Zivilisten den Tod gefunden. Es war ein Krieg, der so grausam und mitleidlos geführt wurde, dass viele der heimkehrenden US-Soldaten schwer traumatisiert waren. Vietnam, das war auch der erste totale Krieg ohne Fronten, aber nicht der letzte. Im Gegenteil.
*
Nach dem Ende der Kolonialherrschaft in Afrika sprach man von den jungen Nationalstaaten. Ein verhängnisvoller Glaube. Denn ihre Grenzen waren die künstlichen Grenzziehungen der Kolonialzeit und trennten ethnische und religiöse Gruppen oder Stämme, die nun in zwei oder mehr der neuen Staaten lebten – eine der Ursachen für die bis heute konflikthaltigen Spannungen, Verfolgungen und Bürgerkriege in afrikanischen Staaten wie auch massenhaftes Elend, Existenz bedrohende