Denise Hunter

Hüter meines Herzens


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meinen Sie mit ‚falls‘ das auf einem Fehler beruht?“

      Walt reichte ihm den Brief zurück. „Vielleicht solltest du bei deinem Anwalt nachfragen, nur, um sicherzugehen, dass alles ordentlich unter Dach und Fach ist.“

      Noah blinzelte. „Natürlich ist es das.“

      „Nun, sicher. Dann schickst du denen einfach eine Kopie des Scheidungsurteils, und das war’s dann.“

      Das war’s dann. Die Scheidung war unangefochten gewesen, einfacher hätte es wohl nicht sein können, nahm er an. Aber nichts war einfach, wenn es darum ging, ein Fleisch zu trennen. Wenn er bei dem Ganzen irgendetwas gelernt hatte, dann das.

      Das Klingeln des Telefons im Vorzimmer weckte Noah aus seiner Benommenheit. „Alles klar. Vielen herzlichen Dank, Sir. Dann werde ich Sie jetzt nicht länger aufhalten.“ Er stand auf. Seine Knie zitterten.

      „Viel Glück, Noah. Grüß deine Eltern von mir, wenn du sie das nächste Mal siehst.“

      „Mache ich.“

      Noahs Herz raste, während er den Flur hinunterging. Ihm drehte sich der Kopf.

      Das Scheidungsurteil. Er hatte diese Unterlagen. Er hatte sie unterschrieben, und Josephine hatte ihm eine Kopie davon geschickt. An so viel erinnerte er sich, auch wenn diese trauerbehafteten Monate so neblig waren wie das Tal an einem Frühlingsmorgen. Sich Josephine an dem alten, abgewetzten Tisch gegenüberzusehen. Sich wie Fremde zu fühlen, obwohl sie fast zwei Jahre verheiratet gewesen waren. Ihre Porzellanhaut ein blasser Kontrast zu ihrem roten Lippenstift. Wie im Wahn zu arbeiten, das Essen zu vergessen. Nacht für Nacht in seinem leeren Bett zu liegen, mit einem Betonklotz auf der Brust.

      Das Scheidungsurteil. Er konnte nicht sagen, wo genau es jetzt gerade war, aber er wusste, dass er es hatte.

      Es war alles nur ein Fehler. Aber es ergab keinen Sinn, den ganzen Weg zurück auf den Berg zu fahren, wenn er nur ans andere Ende der Stadt musste, um sicherzugehen. Er würde bei seinem Anwalt eine Kopie anfertigen lassen und sie abschicken, solange er noch in der Stadt war. Es hinter sich bringen. Stante pede.

      Auf dem Gehweg wandte er sich nach links und marschierte zu seinem Silverado. Es war viel Verkehr in der Stadt, weil alle ihre Erledigungen machten. Als er die Büroräume von „Connelly Law Office“ erreichte, bog er auf den Parkplatz ein und eilte nach drinnen.

      „Noah, schön Sie zu sehen.“

      „Ich war mir nicht sicher, ob Sie heute geöffnet haben.“

      Die Männer schüttelten die Hände. Joes Partner, Vernon, hatte sowohl Noah als auch Josephine in der Scheidungsangelegenheit vertreten. Aber ein ernster Herzinfarkt hatte den Mann kurz darauf in den Ruhestand und nach Colorado befördert, wo er es genoss, Zeit mit seinem Sohn und seinen Enkeln zu verbringen.

      „Heutzutage muss man auch samstags geöffnet haben, wenn man im Geschäft bleiben will. Meine Sekretärin hat die Grippe und ist zu Hause. Setzen Sie sich doch. Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee oder Tee anbieten?“

      „Kaffee klingt gut.“

      Joe goss eine Tasse ein und reichte sie ihm. „Kommen Sie mit. Ich arbeite gerade an einer eidesstattlichen Erklärung, nichts, was nicht warten könnte.“

      Noah folgte ihm und atmete tief durch, versuchte, seine Nerven zu beruhigen. Lag das nur an ihm, oder roch das Gebäude tatsächlich wie ein Ort, an den Ehen kamen, um zu sterben?

      Er setzte sich Joe gegenüber – an einen Schreibtisch, der einen völligen Kontrast zu Walts darstellte. Außer einen winzigen Stapel Papiere und einem Stifteköcher war nur glänzendes Mahagoni zu sehen.

      Joe faltete seine Hände auf der Tischplatte. „Was kann ich für Sie tun, Noah?“

      Zum zweiten Mal an diesem Morgen zog er den Brief aus seiner Hosentasche und erklärte die Situation.

      Joe hörte aufmerksam zu, seine habichtartigen Augen aufmerksam auf Noah gerichtet. „Ich verstehe“, sagte er, als Noah zum Ende kam. „Na, hoffen wir, dass die Steueraufsicht sich irrt – wäre nicht das erste Mal. Erinnern Sie sich daran, das Scheidungsurteil unterschrieben zu haben?“

      „Ja. Ich habe eine Ausfertigung zu Hause.“ Möglicherweise war er im Laufe des Prozesses nicht so aufmerksam gewesen, wie er es hätte sein sollen. Er hatte in einem Tunnel gesteckt und das überwältigende Bedürfnis verspürt, die ganze Kleinarbeit Josephine zuzuschieben. Sie hatte es ja schließlich darauf angelegt.

      „Ein Scheidungsurteil ist endgültig vollzogen, wenn beide Parteien, und abschließend auch der Richter, es unterschrieben haben.“

      „Der Richter?“ Noah rieb sich mit der Handfläche den Hals und fühlte sich wie ein unglaublicher Trottel. „Ich kann mich nicht an die Unterschrift eines Richters erinnern, aber ich habe auch nicht wirklich darauf geachtet.“

      „Nun, das Gericht ist geschlossen, aber wir können auf jeden Fall in unseren Unterlagen nachschauen.“ Joe stand auf und ging zu einer Wand mit Aktenschränken hinüber. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Vernon das durchgegangen ist.“

      „Unser Prozess kam gerade zum Abschluss, als er seinen Herzinfarkt hatte.“

      Joes Finger tasteten sich über die Aktenordner. „Er ist vor seinem Umzug noch einmal ins Büro gekommen, um ein paar lose Enden seiner Fälle zu verknüpfen. Ich nehme an, die Möglichkeit besteht, dass das Scheidungsurteil übersehen wurde.“ Joe zog eine Akte hervor und schloss die Schublade. „Wollen doch mal sehen, was wir hier haben.“

      Noahs Herz pochte gegen seine Rippen, während Joe durch die Unterlagen blätterte. Bitte, Gott. Er war nur in die Stadt gekommen, um ein paar Erledigungen zu machen. Wie konnte das jetzt nur passieren?

      Joe zog einen Stapel aus der Mappe. „Also, hier ist eine Kopie des Urteils.“

      Noahs Lungen leerten sich. „Gott sei Dank.“

      „Also … immer mit der Ruhe“, sagte der Rechtsanwalt, der schnell zur letzten Seite vorblätterte. „Es ist nicht vom Richter unterschrieben.“

      Noah sank in seinem Stuhl zusammen.

      „Hier ist eine Notiz, die besagt, dass Vernon Josephine am 28. September eine Ausfertigung übergeben hat. Wenn der Richter unterschrieben hat, schicken wir beiden Parteien eine Kopie und behalten eine für unsere Akten. Nachdem nun keine solche Ausfertigung hier vorliegt, ist sie wohl nie dem Richter vorgelegt worden. Sie können das am Montag im Gericht überprüfen, um ganz sicherzugehen, aber es sieht so aus, als wäre Ihre Scheidung nie abgeschlossen worden.“

      Ihm entfuhr ein nervöses Lachen. „Ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert.“

      Joe legte Noah eine Hand auf die Schulter. „Ich weiß, das scheint schlimm zu sein, aber das lässt sich leicht beheben. Die Scheidungsangelegenheit ist möglicherweise noch in der Schwebe. Das passiert öfter, als Sie sich vorstellen können. Seien Sie nur einfach froh, dass keiner von Ihnen beiden wieder geheiratet hat. Und ja, auch das kommt tatsächlich vor.“

       Leicht beheben.

      Die Worte sprangen in Noahs Kopf hin und her, während er das Büro verließ. Joe hatte gut reden. Der war ja nicht, ohne es zu wissen, die letzten achtzehn Monate mit der Frau verheiratet gewesen, die seine Welt zertrümmert hatte. Der war ja nicht von der Frau, die er mehr liebte als sein Leben, völlig im Stich gelassen worden – jetzt zum zweiten Mal.

       Josephine. Du bist immer noch mit ihr verheiratet. Sie ist immer noch deine Frau.

      Sein verräterisches Herz tat einen besonders schweren Schlag, gefolgt von einem schnellen Stottern. Sehnsucht brandete auf, stark und unerbittlich, machte seine Brust eng und das Atmen schwer.

      Die reflexhafte Reaktion brachte sein Blut zum Kochen. Dass sie immer noch so viel Macht über ihn hatte … Würde es nie aufhören? Was war er nur für ein Idiot?

      Das war alles ihre Schuld. Sie hatte