weiß ich nur, dass das Opfer Kurt Bartel hieß und Mitglied der Dino-Reiter-Einheit war. Persönlich kannte ich ihn nicht, dazu ist die Basis zu groß und ich versuche, den direkten Kontakt mit diesen Viechern zu vermeiden. Also den Dinos, nicht den Nazis.
Neuschwabenland 18. 1. 2013
Beim gestrigen Heimatabend haben wir „Der Berg ruft!“ aufgeführt und dazu einen Reitsaurier als Geierwally kostümiert. Einige Kameraden mussten daraufhin mit kaltem Wasser übergossen werden, aber der Abend war ein voller Erfolg und die Pinguine fühlten sich sicher. Für die nächste Aufführung werde ich etwas mit weniger sexueller Konnotation planen.
Neuschwabenland 19. 1. 2013
Ich weiß, ich sehe mit dem Sombrero und der Ernie-Maske dämlich aus, aber ansonsten braucht der masturbierende Schatten am Bürofenster immer so lang. Ich vermute, dass es sich dabei um den Hausmeister handelt.
Neuschwabenland 20. 1. 2013
Heute einen Termin mit Paula, unserer Bestatterin, gehabt. Ich mag sie irgendwie. Die meisten Kameraden halten Abstand von ihr, aber zwischen uns hat sich so etwas wie eine Freundschaft entwickelt. Daran ist ihr lauten Warnruf für mich im Ufo-Hangar nicht ganz unschuldig. Sonst wäre ich im wahrsten Sinne des Wortes unter die Kufen gekommen. Ich habe sie später gefragt, warum sie das gemacht hat. Insbesondere weil ihr doch immer so langweilig ist und sie ohne diesen Warnruf wieder etwas zu tun bekommen hätte. Sie hat damals nur mit „Später“ geantwortet und in ihr Notizbuch geschaut. Überhaupt scheint ihr dieses Buch sehr wichtig zu sein. Ich konnte mal einen Blick über ihre Schulter werfen und habe darin nur Termine gesehen. Sie muss sehr beschäftigt sein, denn sie trifft insbesondere die Kameraden, die kurz vor der Rente stehen, gerne. Eine treue Seele, die weiß, dass auch alte Menschen gerne menschlichen Kontakt haben. Wobei mir gerade einfällt, dass ich noch nie Abrechnungen zu Kameraden in Rente auf meinem Schreibtisch gesehen habe. Ich sollte diesen Posten mal prüfen.
Neuschwabenland 21. 1. 5013
Mein Kamerad, mit dem ich mir das Büro teile, hat schon wieder einen Zahn verloren. Wenn das nicht aufhört, muss ich mit dem Ausholen des 18er Eisen doch vorsichtiger werden.
Neuschwabenland 22. 1. 5013
Heute war wieder so ein Tag, an dem ich meine Existenz auf dieser Basis verflucht habe. An solchen Tagen hilft mir immer ein Gedanke: Ich stelle mir vor, wie viele gebildete Menschen, die studiert haben, darin gefangen sind, die Blümchen auf dem Klopapier zu entwerfen.
Neuschwabenland 23. 1. 5013
In meiner Freizeit arbeite ich immer noch an meinem Roman. Endzeit Eskimo Erotika wird das nächste große Ding werden. Da bin ich mir sicher. „Iglu der eisigen Ekstase“, alleine der Titel verspricht schon ein Bestseller zu werden. Der zweite Band wird „Nuklearer Winter der Leidenschaft“ heißen.
Neuschwabenland 24. 1. 5013
Ich würde eine Karriere als Nacktflitzer in Erwägung ziehen, bin mir aber noch unsicher, wie ich mich im Fahrstuhl verhalten muss.
Neuschwabenland 25. 1. 5013
Endlich Freitag. Ich werde mich am Wochenende für diese stressige Woche belohnen. Canapés, vielleicht ein Pudding oder im Peyoterausch nackt auf einer Seerobe reitend die Forscher auf der Station erschrecken. Nichts Wildes also.
Neuschwabenland 26. 1. 5013
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich das erste Mal diesen Raum betreten habe als junger Fähnrich, der gerade die Schule verlassen hatte. Von hier wird die ganze Basis regiert und die Übernahme der Welt vorbereitet. Der Raum war damals funktional eingerichtet, mit guter deutscher Handwerkskunst. Jetzt, wo ich den Platz habe, hat der alte Schreibtisch IKEA-Möbeln Platz gemacht und jedes Mal, wenn ich in das Büro komme, riecht es nach etwas Verstorbenem – und es sind nicht nur meine Träume. Der Geruch ist durchdringender. Aber ich habe schon alles abgesucht.
Neuschwabenland 27. 1. 5013
Blauen Fleck entdeckt. Keine Ahnung, wo er herkommt. Ich rufe mal besser den Barkeeper im Kasino an.
Neuschwabenland 28. 1. 5013
Basierend auf dem Händedruck mancher Kameraden sind sie von Seerobben aufgezogen worden.
Neuschwabenland 29. 1. 5013
Wir haben einen Notstand. Keine Streichhölzer mehr und die nächste Lieferung aus Nordkorea steht erst für übermorgen an. Herzzerreißende Szenen spielten sich heute hier ab. Ich konnte sehen, wie der Hausmeister sein letztes Streichholz für den alten Wachmann opferte. Also für seine Zigarette, nicht für ihn. Aus diesen Zeiten sind wir glücklicherweise lange raus. Ein Windzug löschte den Funken und beide waren ohne Hoffnung.
Neuschwabenland 31. 1. 5013
Ich würde mein Bett ja verlassen und rausgehen, wenn das Leben da nicht die ganzen Probleme versteckt hätte.
HORNUNG 5013
nach atlantischer Zeitrechnung
Monatsbefehl: Das böse Lachen üben.
Ich mache große Fortschritte. Es wird langsam kehliger. Macht aber immer noch Halsschmerzen.
Neuschwabenland 1. 2. 5013
Ich habe die Ursache des Geruchs gefunden. Ein Pinguin ist in den Belüftungsschacht gefallen und dort jämmerlich verendet. Habe die Überreste persönlich in der Biotreibstoffanlage abgegeben, damit sein Tod wenigstens noch einen Sinn hat und unsere Generatoren laufen können. Die Vorstellung erschreckt mich immer noch, dass wir unseren ganzen Strom aus diesen kleinen Kerlen beziehen. Bis auf Blondie natürlich. Nachdem der Hund des Führers nicht flüchten konnte, mussten wir schnell für Ersatz sorgen – und das Einzige, was es hier gibt, sind Robben und Pinguine. Robben sind dem Hund vielleicht näher, eignen sich aber nicht gut als Schäferhundersatz, wie wir schnell feststellten. Selbst ein mit Liebe vom Bund Deutscher Mädels genähtes Plüschkostüm konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Bewegungsmuster dem eines Hundes nicht ähnlich sind. Auch zum Apportieren zeigten sie kein großes Talent. In den ersten Jahren musste dann abwechselnd jeder aus der Truppe seinen Dienst in dem Kostüm tun, um den Alten bei Laune zu halten. Ein Dienst, der mir glücklicherweise erspart blieb, weil man parallel dazu anfing, den Führer langsam auf Pinguine umzugewöhnen. Mittlerweile ist er ganz vernarrt in „seine“ Blondie. Hinzu kommt, dass Pinguine leicht austauschbar sind, da sie sich alle sehr ähnlich sehen. Blondie 37 hat er mittlerweile schon sehr lange und der kleine Kerl hat eine echte Persönlichkeit entwickelt. Jedenfalls glaube ich das. Jedes Mal wenn ich ihn sehe, blickt er mich so an, als würde er verstehen was hier vorgeht und watschelt dann voller Enttäuschung davon. Weiß er vielleicht mehr als wir?
Neuschwabenland 2. 2. 5013
Letzte Nacht hatte ich wieder diesen Traum, dass ich nackt im Admiralsraum stehe. Es ist nicht so, dass ich Probleme mit Nacktheit hätte. Ganz im Gegenteil! Durch die aktive Arbeit im Vorstand der Nudistenkolonie bin ich auf alles gefasst. Sowohl optisch als auch moralisch. Aber dieses merkwürdige Gefühl verfolgte mich trotzdem. Ob andere Menschen dieses Gefühl auch haben? Wie sieht es aus? Haben Porno-Darsteller Träume davon, dass sie angezogen auf das Set kommen? Verfolgt sie dieser Gedanke dann auch den ganzen Tag und blockiert sie bei der Arbeit?
Neuschwabenland 3. 2. 5013
Die Pinguine haben schon wieder an der Klimawaffe herumgespielt und damit einen Tropensturm auf den Philippinen ausgelöst. Aber wer kann den Kleinen schon böse sein.
Neuschwabenland 4. 2. 5013
Wieder einmal musste ich feststellen, wie brutal und rücksichtslos die Vereinigten Staaten sind. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sie maschinell den M&Ms-Schokopillen Arme und Beine abreißen, um sie dann in die Tüte zu packen.
Neuschwabenland 5. 2. 5013