und eine zur Instandsetzung von Landmaschinen2.
Außerdem gilt die Stadt durch die Kaufmannsfamilie Tietz bis heute als „Wiege des deutschen Kaufhauses“3, denn Hertie und die Kaufhof AG sind den meisten von uns doch ein Begriff.
Des Weiteren erlebte Birnbaum durch den Bau der Eisenbahnstrecke nach Meseritz 1887 und später nach Posen, Samter, Bentschen und sogar bis nach Schwerin eine verbesserte Infrastruktur.4
Nach dem Großpolnischen Aufstand, von dem die Stadt weitestgehend verschont blieb, kam die Kreisstadt Birnbaum dann, mit Unterzeichnung des Versailler Vertrages, zwischen dem 17. Januar 1920 und dem 4.Februar 1920 unter polnische Herrschaft und hieß nun Międzychód.5
Lebten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts noch 60% Deutsche in Birnbaum, so waren es in den 1920er Jahren, nachdem die Stadt polnisch wurde, nur noch etwa eine deutsche Minderheit von 20%, die vorwiegend ökonomisch tätig war. Die anderen verkauften ihre Betriebe oder Werkstätten an die Polen und verließen dieses Land in Richtung Deutschland. So verlor die Stadt Międzychód zwischen den Jahren 1920 und 1939 die meisten seiner jüdischen und deutschen Einwohner. Durch die Änderung der Grenzen, wurde die Stadt Birnbaum Grenzstadt, was zur Folge hatte, dass die Eisenbahnstrecke nach Schwerin eingestellt wurde. Birnbaum war von nun an ein Durchgangsbahnhof.6
Die Regionalbahn aber funktionierte noch weiterhin und eine touristische Attraktion waren die „volkstümlichen Züge“, die auf der Strecke Birnbaum – Zirke – Bentschen fuhren.7
Außerdem fand der Postaustausch zwischen Posen und Berlin seit Ende des 19. Jahrhunderts mit der Eisenbahn statt, was zuvor mit Pferdegespannen geschah.8 Birnbaum war eine Stadt des Handwerks. So gab es (neben den bereits erwähnten Fabriken) z.Bsp.: Schuhmacher, Bäckereien, Tischlereien, Sattlereien, eine Schmiede und Friseure. Trotz wirtschaftlicher Probleme ging es den Birnbaumern immer gut. Sie setzten schon in den 1920er bis 1930er Jahren auf Erholungs- und Heiltourismus. Schließlich galten das Quellwasser und die Moorbäder in der nahen Umgebung als gesundheitsfördernd. Der Küchensee mit moderner Badeanstalt eignete sich dafür sehr gut.9
Blick auf den Küchensee mit moderner Badeanstalt im Hintergrund
Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges aber wurden diesbezüglich alle Hoffnungen zunichte gemacht.
In der Stadt pulsierte das Leben. So gab es unter anderem am Markt das führende Hotel „Schwarzer Adler“, das Kaffeegeschäft Kaiser, zwei Kaffeehäuser und eine Drogerie. Ebenso befanden sich in Birnbaum eine Fleischerei, eine Apotheke und das Haus Julius Buchwald, in dem sich eine Druckerei befand. Dort wurden unter anderem die Tageszeitung, Zeitungen und Zeitschriften für die evangelische Kirche und diverse Schulbücher gedruckt. (Damals war es noch üblich, die Schulbücher selber in der Druckerei abzuholen.)
Am Marktplatz befand sich noch die Deutsche Westbank. Außerdem zierten mindestens 23 Kaffeehäuser, Bars, Gasthäuser und Restaurants das Stadtbild von Birnbaum.10
Während dieser Zeit erblickte Else am 26.06.1922, als uneheliche Tochter, in diesem schönen Ort Birnbaum, das Licht der Welt.
v.l.n.r.: Mutter von Else, Großvater von Else, Halbschwester Ursula, Else, Vater von Ursula
2. Idyllische Kindheit und Jugend mit schmerzlichem Verlust
Ein großer Mensch ist,
wer sein Kinderherz nicht verliert.
(Mencius)
Die Großmutter von Else, Margarethe, stammte aus Berlin und der Großvater Hermann war aus Meseritz. Das Haus in der Gartenstraße 6 in Birnbaum, in dem die Familie wohnte, gehörte ihrem Großvater.
Dieser bewohnte die untere Etage und Else, ihre Halbschwester Ursula (*24.09.1924) und ihre Mutter nannten fünf Zimmer in der oberen Etage ihr Zuhause.
Elses Wohnhaus in der Gartenstraße 6
Ihr Vater lebte nicht bei ihr und ihrer Mutter, sodass sie keinen Kontakt zu ihm hatte.
(Die Großmutter Margarethe starb bereits am 8. Mai 1901 im Alter von nur 46 Jahren.)
Else verbrachte zusammen mit ihrer Halbschwester Ursula ihre Kindheit und Jugend in Birnbaum, einem Ort, der, dank der wunderbaren Umgebung vieler Seen und Wälder sowie des eigenartigen Mikroklimas, nach Modernisierung der Badeanstalt, offiziell zu einem Erholungsort wurde. Eine schöne, evangelische Kirche (heute katholisch) galt, zusammen mit der deutschen Schule, als Mittelpunkt des kulturellen Lebens in dem Städtchen Birnbaum, dass für Else und ihre Halbschwester Ursula die Heimat war. Außerdem war das Pfarramt die einzige deutsche Verbindung, denn Else lebte ja, wie einige andere Deutsche auch, in Birnbaum, das 1920 unter polnische Herrschaft gestellt wurde.
Der Kindergarten, den beide Mädchen besuchten, war gleich um die Ecke, auch in der Gartenstraße. Und Else erinnerte sich noch heute daran, dass sie von der Kindergärtnerin immer ausgesucht wurde, um bei Feierlichkeiten Gedichte vorzutragen. Das Lernen fiel Else nicht schwer, auch wenn sie dazu nicht immer Lust hatte, sondern lieber mit den anderen Kindern gespielt hätte, wie sie heute erzählte. Außerdem erinnerte sie sich noch an schöne Aufführungen im Kindergarten, wo sie unter anderem Rollen, wie „die Sonne“ oder „einen Engel“ spielen durfte, hatte sie doch damals schöne blonde Haare. 7½ Jahre erlebten Else und Ursula eine unbeschwerte Zeit mit ihrer Mutter und dem Großvater.
Ihre Mutter war eine fleißige und anspruchslose Frau, die ihre Familie sehr liebevoll und dennoch christlich streng erzogen hat. Darüber hinaus war sie künstlerisch sehr begabt und stets gut gekleidet, nähte und strickte sie ihre Sachen doch selbst. Auch ihr Großvater war handwerklich geschickt. So bauten beide zusammen für die beiden Mädchen eine Puppenstube mit 3 Räumen. Dabei stellten sie die kleinen Möbel, wie zum Beispiel Bänke, einen Schreibtisch mit ausziehbarer Schublade oder sogar ein Fenster, bei dem sich die beiden Flügel öffnen ließen, in filigraner Handarbeit selbst her.
Der Großvater war Lehrer. Er unterrichtete bis Anfang der 30er Jahre an der Deutschen Privatschule (Mädchenschule) im Ort. (Die Kosten betrugen 15 Zloty im Monat.) Er brachte den Kindern das Lesen und Rechnen bei und zeigte ihnen, dass in jedem Menschen ein kleiner Künstler steckt.
Auch Else besuchte die Deutsche Privatschule, an der ihr Großvater lehrte. Und, da der Großvater Lehrer war, besaß er eine umfangreiche Sammlung schöner Märchenbücher mit hübschen Illustrationen, die es Else besonders angetan hatten. So schlich sie immer wieder heimlich in das Zimmer, wo der Großvater diese aufbewahrte, um ein paar Märchen zu lesen und sich an den Bildern zu erfreuen. Ja, neugierig und wissbegierig war Else schon von Kindesbeinen an.
Auch die Familie von Elses Onkel lebte und wirkte in Birnbaum. Die Sattlerei und das Polstergeschäft der Familie Lause, was bereits in der fünften Generation geführt wurde, waren im Ort bekannt.
Im Dezember 1929 mussten Else und Ursula miterleben, wie es ihrer Mutter, die an Tuberkulose erkrankt war, zusehends immer schlechter ging.
Am 23. Dezember schließlich, rief der Großvater, im Auftrag der Mutter, beide Mädchen zu sich und sie standen dann am Bett der Mutter. Die Krankheit war bei ihr soweit fortgeschritten, dass sie nicht einmal mehr sprechen konnte. Aber sie wollte noch ein letztes Mal ihre Töchter bei sich haben und Geschenke verteilen. Sie deutete dem Großvater mit einem Krächzen an, er möge ihr die Keksdose bringen. Er kam ihrer Bitte nach und so gab sie ihren Töchtern Kekse daraus. Damit erfüllte sich der letzte Wunsch ihrer Mutter, sich, im Beisein von ihrem Vater, von beiden Mädchen bewusst zu verabschieden. Das war ihr als gläubige Christin wichtig, denn sie war weise im Herzen zu wissen, dass sie nicht mehr