Astrid Seehaus

Loverboy


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schon entspannter gewesen als er. Aber konnte man es ihm verdenken, dass er seine Tochter beschützen wollte?) Er nahm sich vor, locker zu reagieren. Ganz gleichgültig, welches Ansinnen Jessi an ihn stellte.

      „Können wir dein Auto haben?“, fragte sie.

      „Was?“, stieß Rothe aus. „Was wollt ihr mit meinem Auto?“

      „Also wirklich, Papa, jetzt überreagierst du aber. Wir haben ja nicht vor, das Auto zu Schrott zu fahren. Wir wollen doch nur nach Erfurt.“

      „Wann?“

      „Morgen.“

      „Hast du morgen keine Schule? Und wieso Erfurt?“

      „Wir haben dienstags sowieso nur vier Stunden, und die fallen wegen der Matheolympiade flach, und ich will den Tag nutzen, um mir ein paar schicke Schuhe zu kaufen.“

      „Jessi, willst du mich veräppeln? Das ist ja das reinste Klischee“, stöhnte Rothe auf. „Ein Mädchen, das nicht rechnen kann und auf Schuhe abfährt.“ Er starrte auf ihre Ballerinas. „In meinen Augen sehen die da völlig in Ordnung aus. Und wieso mit meinem Auto und …?“

      „Papa, jetzt beruhig dich wieder! Wie kommst du darauf, dass ich nicht rechnen kann, nur weil ich Schuhe mag? Das ist eine Schlussfolgerung, die ein Mann zieht, um eine Frau zu diskriminieren.“

      Rothe verstummte.

      „Dürfen wir nun dein Auto haben oder nicht?“

      Er runzelte die Stirn, und Jessica legte unerschrocken nach: „Matthias ist wirklich ein sehr guter Fahrer, und er wird dein Auto behandeln wie mich: zartfühlend und verständnisvoll, mit dem vollsten Respekt dem Vehikel und seinem Besitzer gegenüber. Mach dir deswegen keine Gedanken.“ Ihr ironisches Lächeln entging ihm nicht.

      „Und warum fahrt ihr nicht mit seinem Auto?“, gab sich Rothe noch nicht geschlagen.

      „Weil es für diese weite Strecke zu unbequem für mich ist. Du kennst doch seinen Wagen. Deiner ist viel schneller und komfortabler und …“

      „Das ,schneller’ irritiert mich ein wenig, mein Schatz.“

      „Du wirst doch nicht von uns erwarten, dass wir nach Erfurt schleichen. Natürlich wird Matthias die ,Schallmauer’ von hundert Stundenkilometern überschreiten.“

      Rothe sah seine Tochter an, als ob sie ihm gerade erklärt hätte, dass sie den letzten noch verfügbaren Platz im Raumschiff zum Mars gekauft habe.

      „Das ist doch kein Problem für dich, wo du doch der obercoolste Papa vom ganzen Eichsfeld bist, oder?“, säuselte sie.

      Er war viel zu verblüfft, um darauf zu antworten. Doch dann erschien ihm ihre Idee wie ein Geschenk des Himmels. Erfurt! Großstadtluft. Die Kollegen wiedersehen. Er konnte sich einen Tag Urlaub nehmen. Bei den Überstunden, die er bereits angesammelt hatte, sollte das kein Problem sein. Als ob sich eine Fessel von seinem Herzen gelöst hätte, spürte er auf einmal so etwas wie Vorfreude.

      Begeistert sagte er: „Ich komme mit.“

      „Echt?“ Jessi klang nicht gerade, als wäre sie Feuer und Flamme. „Aber du machst uns keine Vorschriften, oder?“

      „Welche zum Beispiel?“, antwortete Rothe mit einer Gegenfrage und grinste dabei.

      „Na, du weißt schon.“

      „Nö“, sagte er fröhlich.

      Jessis Wangen liefen rot an. „Papa! Wenn du mir vorschreiben willst, wann und wie oft ich Matthias küsse …“ Sie verstummte, da sie merkte, dass sie laut geworden war, senkte ihre Stimme und funkelte ihn an. „Keine Vorschriften! Gar nicht! Nicht eine einzige! Oder wir fahren mit der Bahn.“

      „Okay, okay, ich hab’s ja verstanden. Vielleicht aber doch noch eine winzig kleine Bitte vom obercoolen Papa: Ich fahre“, sagte Rothe, und Jessi kicherte wieder.

      „Du bist lustig, du würdest wirklich alles tun, nur um dein Auto nicht zu verleihen.“

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