ich ein ausgesprochen albernes Gedicht namens „In einem Paralleluniversum“ vorgelesen habe? Geschrieben habe ich es als Eisbrecher für eine Woche hier in Scargill, bei der es um das ganze Thema der Authentizität im christlichen Leben ging. Falls Du es vergessen hast, hier ist es:
In einem Paralleluniversum
Findet der Sommerschlussverkauf am Ende des Sommers statt
Ist Cliff Richard tatsächlich eine lebendige Puppe
Hat Morgenstund Gold im Mund
Gewinnt ein gutmütiger Engländer das Einzelfinale in Wimbledon
In einem Paralleluniversum
Ist eine kleine, kahlköpfige Frau Erzbischöfin von Canterbury
Dürfen Tankstellen keine Blumen verkaufen
Gießen Edelstahl-Teekannen perfekt tropfenfrei
Gibt es nur eine Sorte Müll, und sie wird wöchentlich abgeholt von netten, ziemlich poetisch veranlagten Leuten
In einem Paralleluniversum
Bezahlen uns die Fluglinien dafür, dass wir mit ihnen fliegen Scheint die Sonne nachts, wenn sie gebraucht wird, nicht tagsüber, wenn es sowieso hell ist
Hat jedes Jahr mindestens ein Abiturient, der sich in Englisch über Wuthering Heights prüfen lässt, Wuthering Heights tatsächlich gelesen
Müssen sich Teenager kein Geld bei ihren Eltern leihen, um ihnen das Geld zurückzuzahlen, das sie ihnen schulden
In einem Paralleluniversum
Geben Wettervorhersagen im Voraus Auskunft über das Wetter
Wird meine Frau sich irren – wenigstens manchmal
Schmeckt Süßstoff tatsächlich wie Zucker
Gehen Kinder nicht von der Schule ab in dem Glauben, Monet wäre die Einzahl von Moneten
In einem Paralleluniversum
Bedeutet der Klang eines Feueralarms, dass es tatsächlich brennt
Können Hühner die Straße überqueren, ohne dass über ihre Motive gerätselt wird
Sehen IKEA-Produkte zu Hause genauso gut aus wie im Laden
Und sind vor allem Fett, Sahne, Schokolade, Kuchen und
Rotwein fünfmal täglich für ein gesundes Leben unerlässlich
Alles Blödsinn, aber die Gemeinde Jesu sollte wirklich einmal ernsthaft über die Frage der Authentizität nachdenken, besonders im Blick auf die Anbetung. Ich habe in mancher Hinsicht ähnliche Erfahrungen gemacht wie Du. Als ich vor über zwei Jahrzehnten aus meiner ach so ausgiebig diskutierten Stresserkrankung herauskletterte, fühlte ich mich nur in solchen Gemeinden wohl, in denen der formelle Rahmen und die festen Abläufe der Liturgie meine unruhig wabernde Seele zusammenhielten, bis der Gottesdienst vorüber war. Sitzen, stehen, antworten, singen, knien, bekennen, wieder aufstehen, wieder niederknien, beten, zuhören, wieder singen, dem Pfarrer an der Tür die Hand schütteln und nach Hause gehen. Das kam mir entgegen. Es mag Dir ironisch vorkommen, aber, aus der behaglichen Geborgenheit eines gemeinschaftlich vereinheitlichten Verhaltens gelang es mir besser, wirklich individuell auf Gott zu reagieren, als wenn ich elend in irgendeiner supergeistlichen Megagemeinde in einem umgebauten Flugzeughangar hätte sitzen und zuschauen müssen, wie verzweifelte Ehemänner und Ehefrauen sich darum balgen, wer von beiden mit dem Baby auf dem Schoß auf seinem Stuhl sitzen bleiben darf und wer nach vorn gehen muss, um sich irgendeinen umwerfenden Segen anministrieren zu lassen.
Ein positiver Nebeneffekt aus diesem Teil meines Lebens war meine wachsende Freude an liturgischen Gebeten. Vielleicht habe ich das in einem meiner früheren Briefe an Dich schon erwähnt, Jeff: Ich finde das „Prayer of Humble Access“ (Gebet des demütigen Zukommens), das in der anglikanischen Liturgie der Kommunion vorausgeht, wirklich schön.
Wir maßen uns nicht an, o barmherziger Herr, im Vertrauen auf unsere eigene Gerechtigkeit an diesen deinen Tisch zu treten, sondern im Vertrauen auf deine vielfältige und große Gnade. Wir sind es nicht wert, auch nur die Krumen unter deinem Tisch aufzusammeln. Doch du bist derselbe Herr, dem es zu eigen ist, immer barmherzig zu sein ...
Prunkvolle Prosa. Ich liebe das. Aber eines ist komisch. Heutzutage komme ich am besten mit den beiden Extremen zurecht: entweder mit schön geschriebener, von Herzen kommender Prosa wie dieser oder mit einer wortlosen, gedankenverlorenen Erwartung der undefinierbaren, seltsam alltäglichen Gegenwart Gottes. Zwischen diesen beiden Polen gibt es Formen des Christentums, die mich in Angst und Schrecken versetzen. Die schlimmsten sind zusammengeflickt aus schwammigen Worten, blutleerem Optimismus und einem überwältigenden Verlangen, sich innerhalb von Grenzzäunen zusammenzukauern, die so niedrig sind, dass man über sie stolpern könnte, wenn man es je wagte, ihnen dafür nahe genug zu kommen.
Formell oder informell: So könnte man die beiden Ausdrucksformen etikettieren, die mich ansprechen. Aber auch darin schlummern Gefahren. In letzter Zeit war ich gezwungen, eine Menge darüber nachzudenken.
In dem christlichen Zentrum, in dem ich arbeite, ist in letzter Zeit viel von Marketing die Rede. Wie verkauft man ein Produkt, das im Kern aus dem Wirken des Heiligen Geistes an Menschen in Not besteht (oder bestehen sollte?). Die Frage lässt sich nicht leicht beantworten, wenn man an das ewige Problem der Balance zwischen finanzieller Machbarkeit und geistlicher Authentizität denkt. Aber eine Bemerkung, die dazu gemacht wurde, hat mich besonders getroffen. Jemand schlug vor, um möglichst viele Spenden zu erzielen und unseren Status in der christlichen Szene aufzubauen, solle das äußere Gesicht des Zentrums einen formelleren, selbstbewussteren Ausdruck dessen präsentieren, was wir sind und was wir zu bieten haben:
Wir sind eine ökumenische und zweckbestimmte Kommunität in der Tradition der neuen Klosterbewegung ...
Gleichzeitig sollte durch Kanäle wie z. B. Blogs das „ungezwungene“ Gesicht von Scargill gezeigt werden. Als ich zum ersten Mal davon hörte, zuckte ich mit den Achseln und nickte und gab ein zustimmendes Grunzen von mir, wie man das so macht. Aber später ging mir ein Licht auf. Moment mal, dachte ich, unser ungezwungenes Gesicht ist doch das, was wir in Wirklichkeit sind. Die langen Nächte, in denen wir uns grollend oder verwirrt über das Verhalten anderer in der Kommunität die Haare raufen oder uns mit Schuldgefühlen über unser eigenes Verhalten martern. Die Augenblicke grenzenlosen Staunens, in denen Gott in einen kalten, dunklen Raum eindringt und das Wunder vollbringt, dass im Leben eines Menschen Wärme und Licht entstehen. Die zermürbende, Angst einflößende Verpflichtung, wirklich ehrlich zu sein und einen Bogen um alle Klischees zu machen, während man eine Frau unter Tränen von drei Fehlgeburten, einer Totgeburt und einer anschließenden Leberkrebsdiagnose erzählen hört – eine Frau, die gebetet und gebetet und gebetet hat, bis ihr keine andere Wahl mehr blieb, als entweder den Glauben aufzugeben oder dem Gott zu vertrauen, der sie so enttäuscht hat, was immer er in Zukunft für sie tun oder nicht tun mag. Das Gelächter und die Geselligkeit, die oft und wirkungsvoll genug an diesem Wort widerhallen, um in uns die Zuversicht wach zu halten, dass Freundschaft und Humor in sich schon Gebete und Gebetserhörungen sind. Und auch die Momente, in denen man sich nur weit weg von hier wünscht.
Es ist ein heiliges Durcheinander, Jeff, dieses Gesicht, das wir haben. Eher interessant als schön. Und es erinnert mich an das Wirken Jesu. Er sperrte sich standhaft gegen jede künstliche Formalität, wie sehr sich andere auch bemühten, ihm ein Königtum oder falsche Konsequenz oder den manipulativen Gebrauch seiner Wundermacht aufzudrängen. Sein Herz wurde schwer, er weinte, er wurde vom Kummer nahezu erdrückt, er erlebte Enttäuschungen und war oft geschockt. All das war ebenso real und ebenso sehr Teil seines Lebens wie die Heilungen, die guten Zeiten mit seinen Freunden und die Belobigungen seines Vaters.
Das ist der Ausdruck auf seinem Gesicht, und so werden auch uns die Leute sehen, wenn wir es je so weit bringen, wirklich sein Leben widerzuspiegeln. Jesus hatte ein miserables Marketing, und er veränderte die Welt.
Hast Du Lust auf ein Bier, Jeff?
Liebe Grüße,
Adrian