Stuart Hall

Rassismus und kulturelle Identität


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christlichen Monotheismus in dem Glauben, dass Gott so mächtig ist, dass er lediglich durch eine Vervielfältigung geistiger Manifestationen erfahren werden kann, die überall in der natürlichen und sozialen Welt präsent sind. Diese Götter leben weiter in einer untergründigen Existenz, in einem religiösen Universum, das aus haitianischem Voodoo, Pocomania, Native Pentecostalism, Black Baptism, Rastafarianismus und dem lateinamerikanischen Katholizismus der schwarzen Heiligen zusammengemischt ist. Das Paradoxon besteht darin, dass es die Entwurzelung der Sklaverei und der Deportation und die Eingliederung in die Plantagenwirtschaft (sowie in die symbolische Ökonomie) der westlichen Welt waren, welche diese Menschen über ihre Unterschiede hinaus gerade in dem Moment ›vereinten‹, als sie vom direkten Zugang zu ihrer Vergangenheit abgeschnitten wurden.

      Aus diesem Grund bleibt die Differenz in und neben der Kontinuität bestehen. Nach einer längeren Abwesenheit bedeutet eine Rückkehr in die Karibik, den Schock der ›Dopplung‹ von Gleichheit und Differenz erneut zu erfahren. Als ich die französische Karibik zum ersten Mal besuchte, sah ich sofort den Unterschied zwischen Martinique und beispielsweise Jamaika, der nicht eine bloße Differenz der Topografie und des Klimas ist, sondern eine tiefgreifende kulturelle und historische Differenz. Sie positioniert die Bewohner/innen von Martinique und Jamaika sowohl als Gleiche als auch als Verschiedene. Darüber hinaus werden die Trennungslinien der Differenz immer wieder in Beziehung zu unterschiedlichen Referenzpunkten neu positioniert. Für den entwickelten Westen sind wir mehr oder weniger ›das Gleiche‹. Wir gehören zum Marginalisierten und Unterentwickelten, zur Peripherie, zum ›Anderen‹. Wir sind der äußere Rand, die ›Kante‹ der metropolitanen Welt, immer der ›Süden‹ in Bezug auf das, was für andere El Norte ist.

      Gleichzeitig stehen wir nicht alle in der gleichen Beziehung des Andersseins‹ zu den metropolitanen Zentren. Jede Gruppe hat ihre ökonomische, politische und kulturelle Abhängigkeit unterschiedlich ausgehandelt. Und diese ›Differenz‹, ob sie uns gefällt oder nicht, ist bereits in unsere kulturellen Identitäten eingeschrieben. Zudem ist es dieses Aushandeln von Identität, das uns von anderen lateinamerikanischen Menschen mit einer sehr ähnlichen Geschichte unterscheidet – wir sind Menschen aus der Karibik, les Antilliens (›Inselbewohner‹ von ihrem Festland aus gesehen), und wir unterscheiden uns auch untereinander als Menschen aus Jamaika, Haiti, Kuba, Guadeloupe, Barbados etc. …

      Wie kann nun dieses Spiel von ›Differenz‹ innerhalb der Identität beschrieben werden? Die gemeinsame Geschichte – Deportation, Sklaverei, Kolonisierung – hat all diese Gesellschaften maßgeblich gestaltet und vereint uns über unsere Differenzen hinweg. Doch sie konstituiert keinen gemeinsamen Ursprung, weil sie nur eine Übertragung im metaphorischen wie im wörtlichen Sinne darstellte. Die Einschreibung der Differenz ist ebenso spezifisch und entscheidend. Ich benutze das Wort ›Spiel‹, da die Doppelbedeutung dieser Metapher wichtig ist. Einerseits weist sie auf die Instabilität, die Unbestimmtheit, auf das Fehlen einer abschließenden Lösung hin. Andererseits erinnert sie uns daran, dass der Ort, an dem diese ›Doppelung‹ am deutlichsten zu hören ist, das vielfältige ›Spiel‹ der karibischen Musik ist. Daher kann das kulturelle ›Spiel‹ nicht wie im Film durch eine einfache binäre Opposition – ›Vergangenheit/Gegenwart‹, ›die Anderen/Wir‹ – repräsentiert werden. Seine Komplexität geht über diese binäre Repräsentationsstruktur hinaus. An verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten, in Bezug auf verschiedene Fragen werden die Trennungslinien wieder neu gezogen. Sie werden nicht nur zu sich wechselseitig ausschließenden Kategorien, was sie hin und wieder sicherlich gewesen sind, sondern auch, was sie manchmal sind, zu Differenzialpunkten entlang einer gleitenden Skala.

      Ein triviales Beispiel ist die Art und Weise, wie Martinique sowohl ›französisch‹ ist als auch nicht ›französisch‹ ist. Natürlich ist es ein département von Frankreich, was sich in seinem Lebensstandard und Lebensstil widerspiegelt. Fort de France ist wesentlich reicher und ›modischer‹ als Kingston. Kingston ist nicht nur augenscheinlich ärmer, sondern befindet sich an einem Übergangspunkt zwischen einer anglo-afrikanischen und einer afro-amerikanischen Mode, für all jene, die sich Modetrends überhaupt leisten können. Das typisch ›Martinikanische‹ besteht in der speziellen und eigentümlichen Ergänzung, die die schwarze und farbige Haut der Menschen zur ›Verfeinerung‹ und Kultiviertheit der aus Paris stammenden Haute Couture beiträgt: eine Verfeinerung, die, weil sie schwarz ist, immer grenzüberschreitend ist.

      Wollen wir diesen Sinn von Differenz, der nicht pures ›Anderssein‹ meint, einfangen, müssen wir das Wortspiel eines Theoretikers wie Jacques Derrida entfalten. Derrida benutzt bei seiner Schreibweise von ›Differenz‹ ein regelwidriges ›a‹ – différance – als eine Markierung, die unser gewohntes Verständnis bzw. unsere Übersetzung des Wortes/Begriffs stören soll. Dadurch wird das Wort zu neuen Bedeutungen in Bewegung gesetzt, ohne die Spur seiner anderen Bedeutungen auszulöschen. Christopher Norris zufolge verbleibt Derridas Verständnis von différance

      Dieser zweite Sinn von Differenz stellt die binären Oppositionen, welche Bedeutung und Repräsentation stabilisieren, in Frage und zeigt, dass Bedeutung nie endgültig und vollständig ist, sondern sich weiterbewegt und andere zusätzliche oder ergänzende Bedeutungen einschließt. Dies bringt – wie Norris an anderer Stelle gezeigt hat (Norris 1987, 15) – die klassische Ökonomie von Sprache und Repräsentation durcheinander. Ohne Differenzbeziehungen könnte es keine Repräsentation geben. Was dann aber innerhalb der Repräsentation konstituiert wird, ist für weitere Aufschiebungen, Schwankungen und Reihungen offen.

      An welcher Stelle gelangt nun Identität in diese unbegrenzte Aufschiebung von Bedeutung hinein? Derrida hilft uns hier weniger, als er könnte, obwohl der Gedanke der ›Spur‹ uns einer Antwort näherbringt. Hier scheint es manchmal, als ob Derrida seinen Anhänger/innen erlaubt hat, sich seine tiefgründigen theoretischen Einsichten in Form einer Zelebrierung formaler ›Verspieltheit‹ anzueignen, die sie ihrer politischen Bedeutung entleert. Wenn die Signifikation von der endlosen Neupositionierung ihrer unterschiedlichen Ausdrücke abhängt, so resultiert Bedeutung in jedem spezifischen Fall aus dem kontingenten und arbiträren Halt – der notwendigen und temporären ›Unterbrechung‹ in der unbegrenzten Semiosis der Sprache. Dies beeinträchtigt nicht das ursprüngliche Verständnis von différance. Die Gefahr des Missverstehens existiert nur dann, wenn wir diesen ›Einschnitt‹ von Identität – diese Positionierung, die Bedeutung erst möglich macht – als natürlich und dauerhaft betrachten, anstatt ihn als das wahrzunehmen, was er ist: ein arbiträres und kontingentes ›Ende‹. Ich möchte hinzufügen, dass ich jede dieser Positionen insofern als ›strategisch‹ und arbiträr begreife, als es keine dauerhafte Entsprechung zwischen einem einzelnen Satz, den wir abschließen, und seiner wahren Bedeutung als solcher geben kann. Bedeutung entfaltet sich über die arbiträre Beendigung hinaus weiter, die sie überhaupt erst zu einem beliebigen Moment möglich macht. Sie ist immer entweder über- oder unterdeterminiert, entweder ein Überschuss oder eine Ergänzung. Es bleibt immer etwas ›übrig‹.

      Mit diesem Konzept von ›Differenz‹ wird es möglich, die Positionierungen und Neupositionierungen karibischer kultureller Identitäten im Verhältnis zu mindestens drei ›Präsenzen‹ – ich benutze hierbei die Metapher von Aimé Césaire und Léopold Senghor – neu zu denken. Bei den ›Präsenzen‹ handelt es sich um die Présence Africaine, die Présence Européenne und um die dritte, vieldeutigste ›Präsenz‹ von allen, die Présence Américaine. Natürlich lasse ich für diesen Moment die zahlreichen anderen kulturellen ›Präsenzen‹