meint der Betroffene, »soll ich mich etwa mit der Lehre des Jesus von Nazareth auseinandersetzen und eventuell mit einer höheren Macht? Nach deinen Worten wäre ja ich der Schuldige und nicht meine Umgebung.«
»So ist es«, meint der Bekannte, »denn wenn du dich über deinen Nächsten erregst, ihn beschimpfst und beschuldigst, dass er an deinem Zustand schuld sei, dann bedeutet das, dass du der Hauptschuldige bist; der andere trägt eventuell nur eine Teilschuld oder ist nur Auslöser zu deiner Selbsterkenntnis. Er hat in dir nur das ausgelöst, was in dir selbst war und noch ist; du solltest dich darin erkennen. Deine Erregung will dir sagen, dass du getroffen bist. Das, was du anderen zuschiebst, sind deine eigenen Ursachen. Sie wurden in dir angeregt – deshalb hast du dich erregt. Blicke nun auf den Balken in deinem Auge. Spüre, wie er dich reizt, wie er auf dein Gemüt drückt und letzten Endes das heraufbringt, was du selbst bist: dein eigenes Fehlverhalten.«
»Woher willst du das denn wissen?« fragt empört der Betroffene.
»Nun, das ist ein Gesetz«, antwortet der Gast, »Gott hat es uns so offenbart.«
Der andere gerät mehr und mehr in Bewegung. »Deinen Worten nach soll ich womöglich sogar über Gott nachdenken – ich bin doch schließlich Realist!«
Der Bekannte sagt: »Realisten haben es so an sich, unrealistisch zu denken, weil sie nur auf die sichtbaren Dinge blicken, auf die Materie, und nicht auf das, was in und hinter der Materie wirkt, auf den Geist, Gott, das Leben. Denn die Materie ist nur die Oberfläche des Lebens. Sie ist mit einem See zu vergleichen, in dem sich das, was in unmittelbarer Nähe ist, widerspiegelt. Du schaust also nur auf die Spiegelung und nicht in die Tiefen des Sees, in und hinter die Materie.
Die Tiefe des Sees ist Gott, das Leben. Würdest du dich damit beschäftigen, so könntest du dein Schicksal, deine Krankheit, dein Leid besser verstehen und vielleicht sogar annehmen; denn im Leid könnte deine Seele reifen, und du könntest dich als ein Wesen erkennen, das nicht nur aus Knochen, Fleisch und Blut besteht, aus Atomen, die das ganze äußere Gefüge zusammenhalten.«
Der Betroffene ist getroffen. Er will sich das jedoch nicht eingestehen. Deshalb versteckt er sich hinter einer ganz oberflächlichen Bemerkung, die lautet: »Ach was, das ist doch alles Unsinn. Das kann doch nicht wahr sein.« Jedoch es lässt ihn nicht los. Er schweigt ein beredtes Schweigen: »Oder doch ...?«
Gedanken schießen ihm durch den Sinn: »Könnte es sein, dass es noch mehr gibt als die Materie? Könnte es sein, dass es so etwas gibt wie Ursache und Wirkung? Könnte es sein, dass es höhere Gesetze gibt, die mir fremd sind? Könnte es tatsächlich sein, dass ich nicht nur aus Knochen, Fleisch und Blut, also aus Wasser und Erde, bestehe? Könnte es sein, dass einiges von dem stimmt, was ich als Kind im Katechismus gelesen habe? Könnte an all dem doch etwas wahr sein? Ist es möglich, dass es einen Gott gibt? Ist es möglich, dass es höhere, mir gegenüber wohlwollend gesonnene Kräfte gibt?«
Mehr und mehr beschleicht ihn der Verdacht: Könnte der Bekannte recht haben? Wenn er recht hat, dann gibt es nicht nur die sichtbare Existenz, sondern auch eine unsichtbare Intelligenz.
Sein Gehirn durchziehen schließlich viele Gedanken, Dinge, die er zuvor gehört und gelesen hat, wie z.B.: Es gibt Energien und Strahlen, von denen uns Menschen nur einige wenige bekannt sind. Es gibt viele Energien, die nicht erforscht sind, die wir mit unseren Geräten noch nicht erfassen können, die aber doch das All durchziehen. Damit gibt er sich selbst das richtungsweisende Stichwort: das All.
Wer oder was ist das All? Es arbeitet in ihm. Fragen über Fragen! Die Stunde der Besinnung ist gekommen. Gibt es ein Leben nach diesem Leben? Wenn ja, dann kann der Tod nur die Brücke zu einem unsichtbaren Leben sein. Ein Gemisch von Angst und Hoffnung lässt ihn weiterfragen. Auf viele dieser Fragen gibt dieses Büchlein, »Dein Leben im Diesseits ist dein Leben im Jenseits«, Antwort.
Der Weg des Suchens und Forschens nach dem Sinn des Lebens –
der geistige Horizont weitet sich
Aus dem Gemisch von Angst und Hoffnung – mit der Frage »Warum?« – beginnt so mancher, nach jenen Gesetzen zu suchen, die unsere Schicksale bestimmen; vor allem dann, wenn er mit seinem Los, mit seinem Schicksal, mit seiner Krankheit oder seiner Not nicht mehr zurechtkommt. Auch ein Bekannter kann in solchen Situationen ein Impulsgeber sein, der einen Menschen zum Nachdenken anregt. Aus seinen Überlegungen heraus stellt er sich selbst oder seinem Mitmenschen die Frage: Woher kommen Schicksalsschläge, Leiden und Krankheiten? Wann muss ich Leid oder Krankheit tragen? Mir ist nicht bewusst, dass ich in meinem Leben dazu beigetragen, ja es verursacht hätte. Warum, so stellen sich viele Menschen die Frage, muss ich diese oder jene Krankheit tragen? Anderen hingegen, die ihre Mitmenschen betrügen und ausbeuten, geht es gut.
So mancher Fragende wendet sich zuerst wissenschaftlichen Berichten zu, um von dort Antworten auf seine Fragen zu erhalten.
Was sagt die Wissenschaft zur Materie, oder hat die Wissenschaft außerirdische Phänomene erforscht, die unter Umständen auf das Leben im Diesseits einwirken? Der Fragende muss bald feststellen, dass die Wissenschaft wohl vieles zum Wohle der Menschheit erkannt hat, doch auch viele Irrtümer lehrt, denn vieles, was sie in Vorgenerationen als Wahrheit und somit als gegeben dargestellt hat, wurde in den darauffolgenden Generationen und auch in dieser Generation vielfach schon wieder aufgehoben. Der Fragende muss erfahren, dass auch auf die Wissenschaft kein Verlass ist, denn auch sie unterliegt Fehlern und Irrtümern.
Der Suchende wendet sich unter Umständen seiner Glaubensrichtung zu, um dort nach dem Sinn des Lebens zu forschen, denn die Erschütterungen, die er in seinem Leben erleiden musste und erleiden muss, zwingen ihn zur Frage nach dem Sinn des Lebens. Auch in seiner Glaubensgemeinschaft muss er bald feststellen, dass ihm wohl einige Schritte weitergeholfen wird, dass jedoch all das, was er aus religiöser Sicht gehört hat, einzig auf dem Glauben beruht. Das heißt: Man weiß nichts Gewisses.
Wer einmal ernsthaft nach dem Sinn des Lebens geforscht hat, der wird keine Ruhe mehr finden und wird weiter forschen, bis er zur Erkenntnis gelangt ist, dass die Kräfte und die Gesetze des Alls nicht mit den materiellen Kräften und den von Menschen erdachten Gesetzen in völlige Übereinstimmung zu bringen sind. Er erkennt wohl, dass die Wissenschaft einiges Grundlegende erforscht hat, dieses jedoch auf die Materie bezogen ist. Aus unerklärlichen Gründen, ohne dass er zu sagen wüsste, woher, steigt in ihm die Ahnung auf, dass höhere Kräfte und absolute Gesetzmäßigkeiten, welche die Wissenschaft noch nicht zu durchschauen vermag, allem, was ist, zugrundeliegen.
Der ernsthaft Suchende, der sich mit der Realität Gott auseinandersetzt und hin und wieder die Gebote und Gesetze liest, die Jesus von Nazareth gelebt hat, und sie da und dort – wenn auch noch zögernd und vor seinen Mitmenschen verdeckt – anwendet, erlangt die Bewusstseinserweiterung. Plötzlich fällt es ihm wie Schuppen von den Augen, und es wird ihm unbegründet zur Gewissheit, dass es höhere Gesetzmäßigkeiten geben muss, die alles bewegen und erhalten. Durch die Bewusstseinserweiterung hat der suchende Mensch eine feinere und subtilere Wahrnehmung erlangt. Er weiß nun, dass es unerforschte Allgesetze gibt, die er nicht beweisen kann – für die er nun aufgeschlossen ist.
So mancher, der erste Begegnungen mit unbeweisbaren, für ihn jedoch realen Gesetzmäßigkeiten erlangt, fällt zuerst in einen religiösen Fanatismus, in den Glauben, er müsse von heute auf morgen die ganze Welt verändern, weil er glaubt, was er heute erkannt hat, wäre die ganze Wahrheit. Der Neuling, der erst seit kurzer Zeit in der Bewusstwerdung steht, dass es ewige Gesetze gibt, beharrt auf seinem Standpunkt und meint, er müsse das von ihm Erkannte, seine Wahrheit, verteidigen.
Wer diesen Fanatismus beibehält und pflegt, indem er andere von seinem Glauben überzeugen möchte, muss sehr bald die Erfahrung machen, dass sich das, was er glaubt, nicht beweisen lässt. Hält er in seinem Fanatismus nicht inne, dann können sich daraus Zwistigkeiten und Feindschaften ergeben.
Wer das Erkannte, die Facette aus der ewigen Wahrheit, nicht verwirklicht, nur darüber spricht und eventuell sogar mit seinen eigenen Vorstellungen durchsetzt, der kann unter Umständen