künftig, eventuell auf diözesaner Ebene, die Arbeit eines Büroleiters der missionsärztlichen Hospitäler zu übernehmen – mit Sitz in St. Lukes, wo Dr.Davis-Ziegler schon seit der 1950er Jahre tätig war. Das tat er denn auch. Damit hatte er wieder einen sinnvollen Job, der ihn ausfüllen würde – bis zu seinem Tod. John starb, viel zu früh, nach einem operativen Eingriff in Johannesburg. War es Lungenkrebs, war es Magenkrebs? Oder beides? Wahrscheinlich beides ...
Notre-Dame-Schwestern aus England, Schottland, Irland ...
Unsere High School in Embakwe wäre ohne die fachlich nach britischen Standards gut ausgebildeten Notre-Dame-Schwestern (SND) nicht möglich gewesen. Wir Mariannhiller hatten im gesamten Bistum nur ein paar wenige Schulfachleute; außer Pater Possenti meines Wissens nur noch ein oder zwei – und, ja, nicht zu vergessen, eine Anzahl Mariannhiller Missionsschwestern vom Kostbaren Blut in Regina Mundi, Empandeni und Bushtick.
Die High School in Embakwe durfte damals nur farbige Kinder (Mischlinge) aufnehmen; das war staatliche Vorgabe; eine Weisung, die an die strengen Apartheidgesetze in Südafrika erinnerte. Geleitet wurde unsere High School von einer Headmistress, einer SND-Nonne, und das war gut so. Ohne die Schwestern wären wir nicht in der Lage gewesen, diesen hohen schulischen Standard zu halten.
Unsere farbigen Kinder und Jugendlichen kamen übrigens von überall her, aus dem ganzen Land, und darüber hinaus auch aus Botswana, Malawi und Sambia. Embakwe hatte die erste und lange Zeit einzige Schule für Mischlinge (Farbige) landesweit! Zum Abschluss machten sie das Cambridge-Examen; das heißt, ihre Prüfungs-Arbeiten wurden nach England gesandt und dort benotet. Das waren jedes Jahr aufregende Tage; und alle, die während der Examenszeit die Aufsicht führten, mussten namentlich nach Cambridge gemeldet und entsprechend vereidigt werden.
Ich erinnere mich immer noch gerne an unsere Lehr-Schwestern; sie übernahmen, zusammen mit mehreren farbigen Laien-Lehrerinnen und Lehrern die Organisation des schulischen Betriebs, wenngleich die letzte Verantwortung beim Prinzipal lag; sprich – beim Stationsoberen. Auch betreuten die Schwestern das Mädchen-Internat. Nur, und das waren wahrlich nicht wenige, die Kontakte zu den staatlichen Stellen (Kultus- und Sozialministerium), blieben in meiner Verantwortung, und waren somit auch Johns Aufgabe.
Es ist hier nicht möglich, die Arbeit aller Ordensschwestern im Einzelnen aufzulisten. Allen bin ich nach wie vor sehr dankbar für ihre Dienste. Aber ein paar von ihnen möchte ich doch namentlich erwähnen. Ich beginne mit Sr.Veronica Chapman. Sie war Oberin des Schwesternkonvents und gleichzeitig Lehrerin an der High School. Eine kluge und rücksichtsvolle Frau; ehe sie über etwas urteilte, hörte sie die Meinung mehrerer Leute an. John und ich kamen glänzend mit ihr aus. Sie unterschied sich in mancherlei Hinsicht von den anderen Nonnen, nicht nur durch ihre Geburt. Sie stammte als einzige der 13 Schwestern aus Südafrika. Eine weiße Südafrikanerin, die sich während des Zweiten Weltkriegs in England der Gemeinschaft der SNDs angeschlossen hatte und sich dort auch als Lehrerin hatte ausbilden lassen. Ihr Großvater väterlicherseits gehörte noch zur Gruppe der Afrikaforscher und Großwildjäger, die mithelfen wollten, den schwarzen Kontinent für die westliche Zivilisation zu erschließen. Er hatte nachweislich die später nach der britischen Königin benannten Victoria-Fälle am Sambesi entdeckt, aber noch ehe er dies der Weltpresse mitteilen konnte, kam ihm der zeitgleich forschende schottische Missionar David Livingstone zuvor.
Sr. Veronica vermittelte immer wieder zwischen unserem, von John geführten Büro und den anderen Lehrerinnen und Lehrern der High School. Das war nicht immer einfach. Warum nicht? Weil eine ihrer Mitschwestern, die Headmistress der High School, eine damals noch typisch britische Haltung mir gegenüber einnahm. Warum? – Weil ich als Deutscher (und dazu noch als einziger Deutscher auf der Station) das letzte Wort hatte, auch die schulischen Belange betreffend. Natürlich auch die Hauptverantwortung. Wenngleich Sr. Headmistress alleine über den Stundenplan entscheiden konnte, so musste sie doch die Anstellung (und Entlassung) von Laien-Lehrern mit meinem Büro abstimmen. Das, und so manches mehr, bekam ihr nicht sonderlich gut. Zuweilen hörte man sie sagen: These bloody Germans lost the War, and now, look at them, they are back again! (Diese schrecklichen Deutschen, schau nur; sie haben den Krieg verloren – und jetzt sind sie schon wieder da!) Das war nicht die feine britische Art! Schon gar nicht von Seiten einer Ordensfrau. Und genau da sprang dann Sr. Veronica ein und mühte sich um Schlichtung. John allein hätte es wohl auch nicht geschafft.
Mit Sr. Veronica verband mich noch über Jahre eine anhaltende Korrespondenz; sie besuchte mich in Köln, einmal auch in unserem Generalat in Rom. Über sie (und via John) blieb ich bestens informiert über die mitunter prekäre Lage in Rhodesien während der Bürgerkriegs-Unruhen in den 1970er Jahren. Ihren Lebensabend verbrachte sie (gegen ihren Willen) in einem Seniorenheim in England, zuletzt, wie ich hörte, erkrankt an schnell fortschreitender Demenz ...
Embakwe, die Missionsstation, wurde, als die schwarzen Rebellen immer grausamere Überfälle verübten, für einige Monate ganz geschlossen – und ausgeplündert, mehrheitlich von Leuten der Umgebung.
Damals wurden zehn Mariannhiller Missionare6 im Bistum Bulawayo ermordet, davon drei Brüder in Embakwe: Edmund Geyermann und Andreas von Arx wurden auf der Veranda des Priesterhauses meuchlings erschossen. Bruder Matthias Sutterlüty wurde zunächst auf dem Gelände der Missionsfarm auf grausame Weise geprügelt und mit einem Vorschlaghammer bewusstlos geschlagen; dann, noch lebend, hat man ihn in einen alten Ameisenhaufen (Termiten) gestopft, wo er erstickte.
Sr. Barbara, ebenfalls von der Gemeinschaft der Notre Dame Schwestern, hat die Ermordung der drei Missionare auf Embakwe miterlebt; auch für sie war es eine sehr harte Zeit. Die gelernte Krankenschwester aus Schottland leitete das kleine Buschhospital mit Apotheke vor Ort. Wann immer einer von uns Patres zu einem Schwerkranken oder Sterbenden gerufen wurde, war sie dabei, um die medizinische Versorgung sicherzustellen.
Einmal im Monat kam Frau Dr. Maria Eder vom benachbarten Brunapeg zu uns, um die schwereren Fälle zu behandeln; für alles andere war Sr. Barbara zuständig, sie und ihre schwarzen Gehilfinnen. Dr. Eder war immer sehr hilfsbereit, und loyal gegenüber dem Leitungsteam unserer Station. Bei den Schwarzen der Umgebung stand sie in hohem Ansehen, vor allem auch wegen ihrer praktischen Kenntnisse, wenn, beispielweise bei Unfällen, rasch und sachgerecht gehandelt und entschieden werden musste. Unter den (bislang unfruchtbaren) afrikanischen Frauen galt sie als weiße Zauberin, die fachmännisch und gerne mithalf, ihren Wunsch nach Kindern zu erfüllen.
Dass es auf einer so großen Station wie Embakwe allerlei Praktisches zu tun gab, ist schon mehrmals angeklungen. Ohne die guten und zupackenden Hände derer, die zu unserem Team gehörten, wäre vieles nicht möglich gewesen. Es war ein weithin harmonisches Ineinandergreifen und Einander-Beistehen.
Bei vielen praktischen Arbeiten, die auf der Mission getätigt wurden, konnte ich auf das zurückgreifen, was ich zuhause auf dem fränkischen Bauernhof gesehen, und wie mir scheint, so nebenbei dazugelernt hatte: Wie man Obstbäume pflanzt, beschneidet und veredelt. Wie man mit dem Vieh umgeht, wie man es füttert und was man tun muss, wenn einzelne Tiere erkranken oder wenn gar eine schreckliche Seuche eine ganze Herde heimsucht. Auch, was man wissen sollte, wenn man Rinder kauft oder verkauft. (Wir kauften regelmäßig den schwarzen Bauern Schlachtvieh ab; für unsere Großküche!) – Aber auch, wie man ein Fundament gräbt und aufschüttet, wie man Mörtel zubereitet oder eine Betondecke einzieht etc. etc.
Vorerst genug davon; genug über meine Zeit in Afrika. Vielleicht später, in einem anderen Zusammenhang, noch ein paar Worte über einige Leute aus der Umgebung von Embakwe, an die ich mich selbst nach 50 und mehr Jahren immer noch gerne erinnere und denen ich zeitlebens segnend verbunden bleibe.
Dankeschön auch Misereor und anderen Hilfswerken
Wäre ich in einer Stadt aufgewachsen, eventuell in einer Arzt- oder Lehrerfamilie, ich hätte mich unendlich viel schwerer getan bei all diesen praktischen Arbeiten im Busch von Rhodesien! Gewiss, das hätte in anderer Hinsicht auch große Vorteile gehabt: Ich wäre von klein auf mit Büchern vertraut gewesen; ich hätte mich mit der deutschen Sprache leichter getan, mit der Grammatik, mit der Rechtschreibung,