Werner Huemer

Über den Kopf hinaus


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       Ein sechstes Resümee: Das Ich ist Geist

       Kapitel 7:

       Krieg der (Gedanken-)Welten

       Was nicht sein darf …

       „Du sollst Dir kein Bildnis machen …“

       Beten: Hilfe durch konzentrierte Gedankenkraft?

       Letzter Ausflug in das Reich des Glaubens

       Wie man doch an Gott glauben kann

       Belege für die Existenz Gottes

       Das Kind im Jenseits-Bad

       Wenn der Geist sich selbst verneint

       Und der Sinn des Ganzen?

       Ein vorletztes Resümee: Keine voreiligen Schlüsse!

       Ein letztes Resümee: Über den Kopf hinaus!

       Anhang: Gralserzählung

       Literatur- und Link-Verzeichnis

      Einführung

      Wir verwenden kaum Gedanken an das Denken. Überlegen, abwägen, schlussfolgern – diese geistigen Leistungen sind so selbstverständlich mit unserem Dasein verknüpft, dass wir üblicherweise gar nicht erst darüber nachdenken, welche erstaunliche Fähigkeit wir in jeder Sekunde unseres Lebens nutzen. Und doch gehört das Denkvermögen bei näherer Betrachtung zum Rätselhaftesten überhaupt. Sicher, man kann Gehirnströme messen, man kann aus dem neuronalen Feuerwerk unter unserer Schädeldecke im Ansatz sogar bereits entschlüsseln, was jemand denkt oder träumt – aber das Wesen unserer Gedanken bleibt ein Rätsel.

      Was sind Gedanken? Wie haben sie die Möglichkeit, auf den Körper einzuwirken, warum gibt es also psychosomatische Zusammenhänge? Und wie wirken Gedanken konkret auf die physische Welt?

      Physische Welt? Gibt es denn noch eine andere Welt? Woher stammen die Bilder und Töne, die Gerüche und Gefühle, die sich in unserer Innenwelt mit dem Denkvermögen verbinden? Was ist und woher stammt Bewusstsein?

      Ein Rätsel also, das viele Fragezeichen in sich vereint. Immerhin stehen uns heute faszinierende Werkzeuge zur Verfügung, um Lösungen zu finden und Erkenntnisse zu gewinnen, von denen Forscher noch vor wenigen Jahrzehnten nur träumen konnten. Durch computerunterstützte Bildgebungsverfahren wurde es möglich, die Tätigkeit des Gehirns am lebenden Menschen detailliert zu beobachten, und der rasche weltweite Datenverkehr fördert den Informationsaustausch zwischen so unterschiedlichen Disziplinen wie Gehirnforschung, Quantenphysik, Philosophie, Medizintechnik oder Sterbeforschung. In allen diesen Bereichen liegen wertvolle Studienergebnisse und spannende, teils revolutionäre Konzepte vor, um die alte Frage nach dem Wesen unseres Denkens und Bewusstseins unter kräftigem, neuem Licht zu ergründen.

      Und um auch jene höchst subjektiven Erfahrungen mit einzubeziehen, die bislang als unwissenschaftlich links liegen gelassen wurden: das Spüren der Gedanken anderer Menschen beispielsweise – eine Möglichkeit, an die fast jeder glaubt, über die aber kaum jemand ernsthaft spricht.

      Keine Sorge: Dieses Buch führt Sie nicht an die allzu seichten Ufer oberflächlicher Esoterik. Wohl aber werden unter den vielen Forschern, deren Arbeit mit dieser Publikation gewürdigt werden soll, auch einige bemerkenswerte Querdenker zu Wort kommen, die sich wenig um den wissenschaftlichen Mainstream kümmern – weil sie gedanklich Pioniere und überzeugt davon sind, dass es nötig ist, Scheuklappen abzulegen und neue Wege in das Dickicht abseits der bekannten universitären Erkenntniswege zu bahnen.

      Was sind Gedanken? Diese einfache Frage bildet den roten Faden durch die Kapitel dieses Buches. Wir werden Forscher besuchen, deren Arbeitsalltag die Analyse und die gezielte Nutzung von Hirnströmen ist, werden Philosophen und Mediziner ins „Verhör“ nehmen, und wir werden spannende Experimente begleiten. Versuche, in denen nicht nur die messbare Kraft der Gedanken bewiesen werden soll, sondern auch, dass unser Bewusstsein über den Kopf hinaus wirkt.

      Als Resümee werden wir dann versuchen, ein erweitertes Welt- und Menschenbild zu entwickeln, das neue Konzepte zur Erklärung der Natur unserer Gedanken und der Herkunft von Bewusstsein zusammenfasst. Materialistisch geprägte Ansätze allein reichen dafür nämlich nicht. Zwischendurch werden uns auch einige Ausflüge in das Reich des Glaubens führen.

      Einige der in diesem Buch vorgestellten zentralen Gedanken werden wahrscheinlich verblüffen und auch Widerspruch erzeugen. Denn sie rütteln heftig an dem etablierten Konzept von unserem Menschsein, das da lautet: Das Gehirn erzeugt Bewusstsein – damit auch das „Ich“ – und es bildet daher das Zentrum des Menschen.

      Aber vielleicht ist alles doch ganz anders als es diese mechanistische Betrachtungsweise nahelegt. Vielleicht feiert die alte Vorstellung von einer Seele, die den Körper belebt, demnächst ein Comeback abseits der Konfession. Oder vielleicht werden bald ganz neue Begriffe im Raum stehen, um Zusammenhänge zu beschreiben, die jetzt erst im Ansatz zu erkennen sind.

      Denn eines steht fest: In der Erforschung der Gedanken und des Bewusstseins beschreiten wir Neuland. Möglicherweise stehen uns die nötigen Werkzeuge zur Auslotung der wahren Dimensionen unseres Menschseins gar nicht zur Verfügung. Noch nicht – oder, was wohl schwerer zu akzeptieren wäre, grundsätzlich nicht.

      KAPITEL 1: Die Ströme im Kopf

      100 Milliarden Nervenzellen mit jeweils Tausenden von Kontaktstellen, um Signale zu empfangen und Informationen fließen zu lassen – das menschliche Gehirn gilt als die komplizierteste Struktur des Universums. Entstanden ist sie in einem Zeitraum von 650 Millionen Jahren. So lange brauchte die Evolution, um aus einfachen Nervensystemen, wie sie zum Beispiel in Quallen zu finden sind, jenes komplizierte Hochleistungsgebilde zu formen, das heute 25 Prozent des Sauerstoffs und 70 Prozent des vom menschlichen Körper insgesamt verbrauchten Zuckers für seine Arbeit benötigt.

      Und zweifellos gehört zu dieser Arbeit auch das Denken sowie die vielen anderen Leistungen des Bewusstseins. Daher werden wir in der Frage nach dem Wesen der Gedanken öfter auf die Forschungen am Gehirn zurückkommen – allerdings auch radikal andere Ansätze zur Erklärung des Phänomens „Geist“ berücksichtigen.

      Die Theorie, dass alle menschlichen Denk- und Bewusstseinsleistungen auf die Tätigkeit von Nervenzellen zurückzuführen und somit körperlich erklärbar sind, ist relativ neu. Sie hat sich erst im 19. und 20. Jahrhundert etabliert – und ist, soviel sei vorweggenommen, bis heute nicht bewiesen.

      Vor gar nicht allzu langer Zeit gingen auch die bedeutendsten Denker von einer Zweiteilung von „Leib“ und „Seele“ aus. Noch in der beginnenden Neuzeit formulierte beispielsweise der französische Philosoph und Naturwissenschaftler René Descartes (1596–1650), dem wir die geniale Kurzformel „Cogito, ergo sum“ – „Ich denke, also bin ich“ – verdanken, dass der Mensch aus zwei unterschiedlichen Wesenheiten bestehe. In der Zirbeldrüse, einem kleinen Organ im Zwischenhirn, so war er überzeugt, treten das materielle und das geistige Wesen miteinander in Kontakt. Und für gläubige Menschen war die Existenz einer immateriellen Seele sowieso eine gottgegebene Selbstverständlichkeit. Was sonst sollte nach dem Tod bewusst als „Ich“ weiterleben, wenn nicht etwas Eigenständiges, das dem Körper nur angeschlossen wurde?

      In einer Gesellschaft, in der das Aufschneiden eines menschlichen Körpers weitgehend tabu war und es vor allem auch technisch unmöglich gewesen wäre, die Gehirntätigkeit am lebenden „Objekt“ zu beobachten, schien es selbstverständlich, dass die physische Außenwelt und die psychische Innenwelt zweierlei sind. Die Gedanken wurden dabei bisweilen als „Ausdünstungen“ jenseits