die Anweisungen sind. Dennoch genügt es nicht, nur davon zu hören oder darüber zu lesen, wir müssen uns auch merken, was gesagt wurde. Das ist schon schwieriger, doch vor allem das Üben ist nicht so einfach. Wir haben oft die Idee, alles andere sei wichtiger, und darum sehen wir in der Welt auch so vieles, was uns betrübt, dem wir nicht zustimmen und vergessen dabei, dass wir ja selbst die Welt sind. Es handelt sich um jeden von uns, denn, wenn wir uns ändern, ändert sich die Welt.
Der nächste Satz im Korintherbrief ist:
»Sie (die Liebe) sucht nicht das ihre.«
Das heißt, Liebe ist nicht eigennützig. Beim Buddha steht:
»Was immer auch an Wesen gäbe, ob stark, ob schwach, ob groß oder klein, zu sehen oder nicht, fern oder nah, mögen sie alle glücklich sein und ihre Herzen Freude haben.«
An andere zu denken und nicht den eigenen Vorteil zu suchen, ist ein Zeichen der reinen Liebe. Hilfsbereit und gebefreudig sein, nicht bekommen wollen, sondern verschenken, ist die Eigenschaft der Liebe. Der Fehler, den wir immer wieder machen, der hier durch »sie sucht nicht das ihre« verdeutlicht wird, ist der, dass wir geliebt werden wollen. Das bestätigt uns dann, dass wir liebenswert sind. Wenn wir niemanden finden oder im Moment kennen, der uns diese Bestätigung vermittelt, so suchen wir ihn entweder, oder wir fühlen uns einsam, verlassen und ohne Liebe. Jedoch die Liebe, die ein anderer spürt, ist dessen Gefühl; nur die Liebe, die wir selbst fühlen, ist ausschlaggebend. Wenn wir interessiert daran sind, Liebe in unserem Leben zu empfinden, gibt es nur einen Weg, und der heißt: lieben und Liebe verschenken. Das ist die Bedeutung von »sie sucht nicht das ihre«.
Auch der Buddha erwähnt immer wieder, dass wir allen Wesen liebend begegnen sollen. Er erwähnt alle diese verschiedenen Möglichkeiten: »stark, schwach, groß, klein, sichtbar, unsichtbar, fern oder nah«, um damit auszudrücken, dass es nicht darauf ankommt, wer uns gegenübersteht. Das einzig Wichtige ist das Üben der Herzensöffnung, und das ist jedem von uns möglich. Wir haben es auch schon hin und wieder in uns erlebt, aber danach immer wieder unser Herz verschlossen. Sicherlich können wir nachvollziehen, dass es nur wichtig und heilsam ist, wenn wir selbst lieben. Dann suchen wir nicht mehr danach, geliebt zu werden: »Sie sucht nicht das ihre.«
»Sie lässt sich nicht erbittern. Sie rechnet das Böse nicht an.«
Der Buddha sagt:
»Möge niemand einem andern schaden oder irgendwie verachten. Wir wollen keinem bös‘gedenken aus Feindschaft oder Ärgernis.«
Es gibt bestimmt Menschen, mit denen wir nicht übereinstimmen, deren Handlungen wir nicht akzeptieren können und die wir daher ablehnen. Wahrscheinlich gibt es auch jemanden, über den wir uns ärgern.
In beiden Fällen wird auf der einen Seite gesagt:
»Sie rechnet das Böse nicht an. Sie lässt sich nicht erbittern.«
Der Buddha formuliert:
»Aus Ärger oder Übelwollen gedenke man keinem mit Böswilligkeit.«
Wenn wir uns auch ganz berechtigt fühlen, einen Menschen abzulehnen, weil alles, was er tut und spricht, nichts Gutes ausdrückt, so verhärten wir unser eigenes Herz, wenn wir ihm übelwollen oder Unglück wünschen. Wir haben sowieso keinen Einfluss darauf, was dem anderen zustößt, denn er lebt mit seinen eigenen Karma-Resultaten. Aber wir selbst leiden an unserer Lieblosigkeit. Unser Zugang zur eigenen Herzensgröße und der Weichheit und Öffnung unseres Herzens verschließt sich wieder. Wir haben die Möglichkeit, wie ein Verliebter durchs Leben zu gehen, aber nicht, indem wir nun einen Menschen dafür suchen, sondern indem wir alles mit einem liebenden Herzen umfassen. Sei das die Natur, andere Menschen, Krankheit oder Tod.
Im Korintherbrief steht:
»Freut sich jedoch an der Wahrheit.«
Der Buddha meint:
»So mögen wir für alle Wesen die grenzenlose Liebe haben, erweckt in uns durch reine Wahrheit.«
Wahrheit ist eine innere Ehrlichkeit, die uns davor bewahrt, uns auf irgendeine Weise aufzuspielen, entweder, weil wir glauben, wir würden so leichter akzeptiert, oder weil wir uns dann wichtiger vorkommen. Es ist eine allgemeine Schwierigkeit, dass Ehrlichkeit uns selbst gegenüber nicht genügend geübt wird, und wir uns daher in einem Rollenspiel verlieren. Es ist äußerst anstrengend, andauernd sich selbst und anderen etwas vorzugaukeln. Wahrheit gehört zu Liebe, weil beide die tiefsten Gefühle des Herzens ansprechen. Vielleicht erkennen wir daraus auch die Möglichkeit, die wahre Liebe in uns zu erwecken. Sie wird zwar immer so hingestellt, als ob sie von der oder dem Richtigen abhängig wäre. Die meisten Menschen haben sicher schon gemerkt, dass das gar nicht der Fall ist. Wahre Liebe bedeutet, unser Herz so zu erleben, dass es Liebe empfindet, ganz gleich, mit wem wir zusammen sind, oder ob überhaupt jemand da ist. Wahre Liebe ist nicht ängstlich. Anhaftende Liebe hat Angst vor Verlust, weil wir glauben, dass Liebe von der Gegenwart bestimmter Menschen abhängig ist. Das ist nicht die Wahrheit der Liebe, sondern Anhänglichkeit. Wahre Liebe ist Hingabe.
In diesem Zusammenhang wäre zu erwähnen, dass Meditation ohne Hingabe nicht funktioniert. Wir müssen beim Meditieren alles loslassen, womit wir uns sonst beschäftigen, und uns vollends dem Geschehen des Atems hingeben. Das bedeutet, dass wir die Meditation lieben und uns der spirituellen Läuterung hingeben. Wenn wir unser Herz weich, geschmeidig und liebevoll öffnen, können wir beim Meditieren die Welt einmal hinter uns lassen und Ruhe und Frieden erleben. Denn die Liebe ist stärker als das Denken. Teresa von Avila sagte: »Nicht so viel denken, mehr lieben.« Das bedeutet allerdings nicht, dass wir im täglichen Leben nicht denken sollen; wir brauchen unsere Denkfähigkeit zu allem, was wir tun, aber wir denken zu viel und lieben zu wenig. Wenn wir von den verschiedenen Lehrern die gleichen Anweisungen bekommen, ist es vielleicht an der Zeit, ihren Inhalt zu untersuchen. Der Buddha forderte seine Zuhörer immer wieder auf, nicht zu glauben, nicht zu zweifeln, sondern alles selbst zu prüfen und auszuprobieren.
Der nächste Satz im Korintherbrief heißt:
»Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles und duldet alles.«
Der Buddha sagt dazu:
»Wie eine Mutter mit ihrem Leben Ihr einzig Kind bewacht und schützt So mögen wir für alle Wesen Die unbegrenzte Liebe erwecken.«
Eine Mutter duldet die Dummheiten ihres Kindes. Sie hofft alles für ihr Kind und erträgt alles, was sie für das Kind tun muss, vor allem, wenn es noch klein ist. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Sie glaubt auch an ihr Kind.
Innige Liebe ist in all dem enthalten: im Ertragen, Glauben, Hoffen und Erdulden. Die Worte des Buddha sind eine weitgreifende Anweisung, die nicht leicht zu befolgen ist; sie zeigt uns aber, was wir tun können. Wenn wir selbst eine Familie haben, ist es nicht schwer festzustellen, was wir für die eigenen Kinder fühlen, und dann können wir unsere Liebe für alle anderen Menschen damit vergleichen. Der Unterschied ist so gewaltig, dass dies wohl keinem Menschen entgehen kann. In unserer Gesellschaft wird es als natürlich angesehen, dass dies so ist. Jede Mutter weiß genau, mit wie viel Angst ihre Liebe für ihre Kinder durchsetzt ist. Die eigenen Sprösslinge müssen unbedingt am Leben bleiben, in jeder Hinsicht in Ordnung sein und im Leben ihren Weg machen. Die meisten Mütter, wenn nicht alle, haben in ihrer Liebesbeziehung zu ihren Kindern dadurch große Schwierigkeiten. Ihr Herz zittert und findet keinen Frieden. Aus den Lehrreden des Buddha können wir entnehmen, dass alle Menschen auf dieser Welt schon unsere Kinder waren oder einmal sein werden. Das macht unsere Beziehung zueinander um vieles einfacher. Wenn wir uns vorstellen, dass jeder Mensch, den wir treffen, vielleicht schon einmal unser Kind war oder sein wird, dann sind alle Schwierigkeiten viel leichter zu ertragen. Wir können erdulden, hoffen und den Menschen glauben.
Wenn wir uns immer nur auf diejenigen Menschen konzentrieren, die jetzt in unserer Familie sind, begrenzen wir unsere Liebesfähigkeit so, dass unser Herz sich mehr und mehr zusammenzieht. Es kann sich dann nie ins Unendliche erweitern. Erst das grenzenlose Herz ohne Beschränkungen ermöglicht uns, die Wirklichkeit in