Verlobung aber bereits gelöst, als ich meinen einstigen Jugendfreund zufällig wiedertraf, und besaß keinen Glauben mehr an die Liebe. Ich dachte mir, die Liebe könne sich auch entwickeln und vielleicht sei dies der Weg, ihr zu begegnen. Auf diese Art hatte ich wenigstens die Sicherheit, einen treuen und liebevollen Menschen an meiner Seite zu haben. Und so ließ ich mich ‒ entgegen meinem guten Vorsatz, niemals etwas mit einem guten Freund anzufangen ‒ auf eine Beziehung ein. Ich war desillusioniert und enttäuscht von den Männern und tat zum ersten Mal etwas in meinem Leben, das ich bereute. Kein Wunder, dass das Medium das gespürt hatte.
Und so tat ich wie geheißen. Sie führte mich in einen meditativen Zustand. »Atme! Stell dir vor, wie eine grüne, heilsame Decke um dich gespannt wird …« Ich bedankte mich bei der fremden Dame, die mir so selbstlos ihre Hilfe angeboten hatte, und führte die Meditation, die sie mir gab, fort.
So einfach? Einfach atmen? Na, ich hatte nichts zu verlieren. Und so atmete ich, ein und aus … ein und aus. Es war merkwürdig, denn alles geschah in der Natürlichkeit und Einfachheit des Moments. Ich wurde immer leichter, und mein Bewusstsein weit und offen. Mein Geist dehnte sich aus, bis ich eins war mit und in meinem Atem. Im Einklang mit meinem Atem fühlte ich mich wie in einem grenzenlosen Raum.
Und dort, in dieser Grenzenlosigkeit, erfuhr ich GOTT. Ich fühlte IHN ‒ in mir und außerhalb von mir. Meinen Körper spürte ich nicht mehr. Stattdessen war ich grenzenloser Geist. Mein Atem zog mich nach innen. Eine große Freude kam in mir auf, ich verspürte Leichtigkeit und tief in mir brannte das Wissen aus Gott, unserem Schöpfer: »Nichts kann dir geschehen. Du liegst in meiner Hand. Alles ist gut, wie es ist!« Ein tiefer, niemals zuvor erlebter Friede kehrte in mein Wesen ein. Gott war das intelligente, liebende Licht, das mich umgab und in mir strahlte!
Dies war der Beginn meiner bewussten spirituellen Reise. Am nächsten Tag hatte ich weitere Untersuchungen. Erstaunt stellten die Ärzte fest: Beide Krankheiten waren verschwunden ‒ von einem auf den nächsten Tag. Ich war geheilt. »So ist das also mit Wundern?«, dachte ich und fühlte mich unendlich erleichtert und dankbar. Bald durfte ich das Krankenhaus verlassen.
Damit ich mein Versprechen mir selbst gegenüber auch halten würde, brach ich mir kurz darauf beim Überqueren der Straße den Knöchel an.
So musste ich mehr ruhen als ich es mir zugestanden hätte, und nutzte die Zeit, um nachzuholen, was ich für mich selbst versäumt hatte: Ich löste meine Beziehung, gab mir Zeit, um die Trauer über den Verlust meiner Mutter zu verarbeiten, und suchte sogar einen Psychologen auf, den ich dann allerdings während der zweiten Sitzung ›therapierte‹. Somit beendete ich diese letzte Maßnahme. Aber mir wurde bescheinigt, normal zu sein, und das beruhigte mich sehr. Ich hatte es sozusagen schwarz auf weiß!
Einige Monate nach meiner Erkrankung bekam ich ein Jobangebot für ein Jahr in den Vereinigten Staaten. Vor meiner Abreise hatte ich einen Traum: Ein Bote überbringt mir mannshohe rote Rosen. Sie sind umwerfend. Daran ein Briefchen, in englischer Sprache an mich adressiert. Ich wachte lächelnd aus dem Traum auf, wissend, dass eine wunderbare Zeit für mich anbrechen würde.
Und so kam es. Ich verliebte mich in den Mann, der mir im Traum gezeigt worden war. Bereits zu Beginn unserer Beziehung fühlte ich eine tiefe Verbundenheit, die nicht rational zu erklären war.
»Willst du mich heiraten, Andrea?«, fragte mich mein Partner nach nur einigen Monaten. Geschockt von der Frage, denn ich stand einer Ehe immer misstrauisch gegenüber, antwortete ich mit einem einfachen: »Ja!«
Die Einwilligung, die auf natürliche Art und Weise und ohne Überlegung aus mir herauskam, verwunderte mich selbst. Die Fernbeziehung, die wir führten, als ich wieder nach Deutschland zurückkehrte, endete in einer bitteren Enttäuschung: Mein Freund erklärte mir nach fast fünf Jahren Beziehung nüchtern und schriftlich, dass er eine andere Frau heiraten würde.
Wieder verlassen
Wenige Tage nach diesem Ereignis fand ein Seminar des Heilers Armin Mattich in Speyer statt, zu dem ich mich bereits viele Monate im Voraus angemeldet hatte. Den blauen, sehr schlicht und einfach gehaltenen Flyer hierzu hatte ich auf einer Messe entdeckt. Mein Gefühl sagte mir, fast einem Auftrag gleich, dass ich genau dorthin müsste. Nun stand ich da, abserviert von meinem Freund und durcheinander im Kopf. Ich fragte mich, warum mir das wieder passierte: Ein Mann, der mich angeblich liebte, wollte plötzlich eine andere heiraten.
Mit achtzehn Jahren war mir dies bereits schon einmal widerfahren, als ich mich in einen Italiener verliebte. Auch er wurde mir im Traum angekündigt. Wir schmiedeten Pläne, gemeinsam in Sizilien zu leben. Während des Militärdienstes, zu dem er, wie er es mir erklärte, berufen worden war, verlobte er sich mit einer Sizilianerin. Das Szenario wiederholte sich offenbar in mehreren unterschiedlichen Konstellationen meines Lebens. Ich verstand nicht, wie es zusammenging, dass mich ein Mann angeblich liebte, aber es gleichzeitig nicht fertig brachte, zu mir zu stehen.
Warum das so war, klärte sich zwei Jahre später während einer Sitzung durch Maya auf: »Ach, Kind, wir hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit im Kloster …« Maya sprach aus der Zeit von Teresa von Avila¹. Sie hatte schon früher erwähnt, dass ich mit einigen Frauen, die Maya auch bekannt waren, bei Teresa im Kloster gewesen war. Ich konnte mir das gut vorstellen, da ich mit Anfang zwanzig ein Déjà-vu erlebte, das aufgrund von Shirley MacLaines Buch über den Jakobsweg die Erinnerung aus meiner Seele aufsteigen ließ. Damals war ich den Tränen nahe, denn all die Orte und auch Shirleys Beschreibungen vom inneren Pfad schienen mir nur allzu vertraut.
»Du bist jung in das Kloster eingetreten«, fuhr Maya fort. »Aber du warst einem Mann versprochen, einem Geschäftsmann, der dich zur Frau nehmen wollte. Dennoch wolltest du unbedingt ins Kloster, und so hast du mit ihm eine Vereinbarung getroffen. Du sagtest: ›Ich bleibe fünf Jahre. Nach dieser Zeit werde ich dich heiraten.‹« Maya fuhr lachend fort: »Du bist geblieben bis zu deinem Lebensende! Naja, wir hatten viel Spaß in diesem Kloster ...«
Nun wurde mir einiges klar. Zu Maya gewandt fragte ich: »Das ist der Partner gewesen, der eine andere heiratete, nicht wahr?«
»Ja, Kind. Er konnte dir das nicht verzeihen. Fünf Jahre hat er darauf gewartet, dass du dein Versprechen einlöst und aus dem Kloster austrittst, um seine Frau zu werden. Naja, du hast dir dein Leben einfach anders vorgestellt!«
Nun spürte ich, warum diese merkwürdige Beziehung sein musste und warum ich damals ohne Nachzudenken sofort in eine Heirat eingewilligt hatte. Ich wollte mein Karma ausgleichen. Für ihn war es ein Test, ob ich dieses Mal mein Versprechen halten würde, und das spürte meine Seele. »Er wollte es mir heimzahlen!«, brach es aus mir heraus.
Maya nickte.
Da wurde mir sehr deutlich, dass ich die Zeit ›fristen‹ musste, die er damals erfolglos auf mich wartete. Fast fünf Jahre! So erkannte ich früh die Lektionen von Karma und Ausgleich im Leben.
Ein neuer Weg
Nun stand ich also wieder an einem Wendepunkt meines Lebens. Trotz aller negativen Erfahrungen freute ich mich auf eine neue Zeit, die zweifelsohne mit diesem Seminar beginnen sollte.
Das Seminar hieß: ›Geistiges Heilen und Medialität‹ und beinhaltete auch das Aura-Sehen. Das wollte ich unbedingt lernen. Ich dachte, so könnte ich meinen Klienten, die seinerzeit aus Kunden, Familienmitgliedern oder Freunden bestand, noch besser helfen. Ich hatte neben meiner Arbeit im Außendienst begonnen, Hände aufzulegen und mit Freude entdeckt, dass meine Heilfähigkeiten bei meinen ›auserwählten‹ Klienten meist sehr rasch zum gewünschten Erfolg führten. Dennoch fühlte und wusste ich, dass ich an einem Punkt angelangt war, an dem ich alleine nicht weiterkam. So bat ich Gott darum, mir einen spirituellen Lehrer auf meinen Pfad zu senden. Nur wenige Tage später erhielt ich die Antwort auf mein Gebet.
Die Veranstaltung fand in einem Tanzlokal namens ›Star- gate‹ statt, zu dem ich mich mit einer Freundin und ihrer Mutter einfand. Die Teilnehmer waren in einem Stuhlkreis zugegen.