Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane


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zu.

      Der Lärm hinter ihm wurde plötzlich leiser. Die Schüsse verstummten. Da waren nur noch Hufgestampfe und heisere Männerstimmen. Dürres Gras streifte Milburns Stiefelschäfte.

      Er rannte immer weiter. Pfeifend blies der Atem aus seinem halboffenen Mund.

      Hinter ihm, auf der Straße, rief jemand: „Hoh, da ist noch einer von den Burschen! Seht doch!“

      Immer weiter hetzend, riss Milburn den Kopf herum.

      Er sah das Reiterrudel bei der Kutsche. Ein Bandit hatte sich in den Steigbügeln hochgestellt und deutete zu ihm her. Ein paar dunkle Bündel lagen unweit der Reiter im Straßenstaub: die toten Begleiter des Silbertransportes.

      Cleve Milburn war der einzige Überlebende. Die Angst durchströmte ihn wie Feuer.

      „Los!“, schrie der Bandit, der ihn zuerst entdeckt hatte. „Los, holen wir ihn!“

      Er spornte seinen Gaul an, und das Pochen der Hufe dröhnte überlaut in Milburns Ohren.

      Er hielt den Blick wieder nach vorne gerichtet und rannte wie noch nie in seinem Leben. Hinter ihm schwoll das Hämmern der Hufe an. Vor seinen Augen verschwamm alles: die Sträucher, das Gras, der von hohen Tannen und Fichten bestandene Berghang, der schon so nahe war.

      Ein Schuss peitschte. Die Kugel zischte an Milburns Kopf vorbei. In dem instinktiven Versuch, dem Geschoss auszuweichen, stolperte der Fliehende über eine im Gras verborgene Wurzel und schlug der Länge nach auf das Gesicht.

      Sofort rollte er herum. Heiße Panik in den Augen, griff er zum Holster.

      Es war leer.

      Der Oberkörper des Verfolgers erschien wiegend über einer Reihe von Ginsterbüschen. Das Halstuch war vom Gesicht des Reiters gerutscht. Deutlich sah Milburn das hämische Grinsen, das die dünnen Lippen verzerrte.

      Der Bandit war allein. Ohne Eile hob er abermals den Colt.

      „Nein!“, brüllte Cleve Milburn. „Nein!“

      Seine Stimme ging in ein Krächzen über.

      Stolpernd raffte er sich hoch. Zweige peitschten ihm ins Gesicht. Eine Kugel fetzte durch das Laubwerk. Mit hart stampfenden Hufen bog das Pferd des Banditen um die Büsche.

      Abwehrend streckte Milburn beide Hände aus und wich rückwärts, Schritt für Schritt.

      Die Coltmündung zielte direkt auf seine Stirn.

      Der Verbrecher drückte ab.

      Es klickte nur metallen.

      Der Bandit fluchte und trieb sein Pferd zum Galopp. In Milburns Gehirn entstand eine seltsame Leere. Er ließ sich fallen. Der Schatten des Reiters war über ihm, dann donnerten die Hufe zwischen die Sträucher hinein.

      Nach Luft schnappend, raffte sich der junge Transportbegleiter hoch. Der Bandit wendete eben sein Pferd und spornte es wieder auf ihn zu. Milburn verlor keinen Sekundenbruchteil.

      Ehe ihn diesmal der Desperado einholte, hatte er den Saum des Fichtenwaldes erreicht und warf sich zwischen die engen Bäume, wohin ihm der Bandit nicht folgen konnte. Das Schnauben des Gauls und die Schimpfworte des Verbrechers in den Ohren, stolperte Milburn den steilen Hang hinauf.

      Überall stachen Felsen aus dem Moos und Fichtennadelteppich hervor. Verfilztes Unterholz wucherte zwischen den glatten hohen Stämmen.

      Milburn erwartete, dass der Bandit zu Fuß die Verfolgung auf nehmen würde, und hielt nicht inne. Er lief, bis er nicht mehr konnte. An einen moosüberwucherten Felsen gepresst, schaute er endlich zurück. Er befand sich schon hoch am Hang, und durch eine Lücke in den dunkelgrünen Fichtenwipfeln konnte er das kleine Tal überblicken.

      Sein Verfolger kehrte eben zur Poststraße zurück. Keiner der Banditen kümmerte sich noch um ihn. Sie alle waren damit beschäftigt, die Silberbarren aus der Kutsche auf ihre bereitgehaltenen Packpferde zu laden.

      Bei diesem Anblick krampfte sich Cleve Milburns Magen zusammen. Er konnte keine Erleichterung darüber aufbringen, dass er den Banditen entkommen war. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie sehr ihnen Elmer Monroe eingeschärft hatte, diesen Silbertransport unversehrt nach Gunnison zu bringen!

      Und Monroe war ein Mann, der es gewohnt war, dass seine Befehle aufs Haar genau ausgeführt wurden!

      Milburn schauderte, wenn er daran dachte, jemals wieder diesem mächtigen Minenbesitzer gegenübertreten zu müssen!

      Er sagte sich, dass es besser sei, nie mehr nach Silverrock zurückzukehren. Einen Schimmer von Hoffnungslosigkeit in den dunklen Augen, irrte er tiefer in den dunkelnden Wald hinein.

      *

      Jim Trafford, der Tonto genannt wurde, lauschte angespannt in die Finsternis hinaus. Sand mahlte leise, gleich darauf war es wieder totenstill. Die Nacht hing wie ein samtener Vorhang vor den Fenstern des Blockhauses. Irgendwo da draußen waren die drei Mörder unterwegs und kamen Yard um Yard näher an die Hütte heran.

      Tonto presste die Lippen zusammen. Es hatte keinen Sinn, länger untätig zu warten. Jede Sekunde, die verstrich, steigerte die Chancen seiner Gegner. Wenn sie erst die Blockhütte erreicht hatten, sah es böse für ihn aus. Seine einzige Möglichkeit lag darin, selbst zum Handeln überzugehen!

      „Heh, Trafford Junge!“, kam von draußen Henshaws höhnischer Ruf. „Wie fühlst du dich, Hombre? Wie ein Lamm auf der Schlachtbank, was?“

      Er lachte, und dieses Lachen war schon ganz nahe.

      Sie wollten ihn unsicher machen, sie wollten, dass er die Nerven verlor.

      Aber Tontos Miene blieb eiskalt. Seit er in Ben Smoletts gebrochene Augen geschaut hatte, seit er, fern in Colorado, ein Ziel wusste, seitdem strahlte alles an ihm eine Härte aus, die ihn älter machte, als er in Wirklichkeit war.

      Er bückte sich, schnallte die Sporen ab und verstaute sie in der Hemdbrusttasche. Dann ging er lautlos durch den Raum. Er brauchte kein Licht, er kannte hier jeden Fußbreit und jeden Winkel. An einem Haken hing ein alter verwaschener Kavallerie Mantel. Tonto hängte ihn sich um die Schultern und füllte die großen Taschen mit Munition für sein Henry Gewehr.

      Dann glitt er zur Tür und öffnete sie behutsam.

      Wieder war da das Knirschen von Stiefelsohlen im Sand – er konnte die Richtung nicht feststellen. Beide Fäuste um das Gewehr gekrampft, schob er sich vorsichtig auf die Schwelle.

      Henshaw und seine Gefährten hatten vergessen, dass die Dunkelheit nicht nur sie schützte! Sie dachten überhaupt nicht an die Möglichkeit, dass der junge Trafford die sichere Deckung der Blockhütte verlassen könnte.

      Geduckt bewegte sich Tonto von der Tür fort auf den offenen Hof. Ein Schaben war plötzlich dicht neben ihm. Undeutlich war ein Schemen zu erkennen.

      Jemand flüsterte: „Weiter, Larry, weiter! Der Kerl entwischt uns nicht!“

      „Okay!“, murmelte Tonto undeutlich und glitt hastig von dem verschwommenen Schatten weg.

      Dann war es wieder still, und er gewann den Eindruck, weit und breit gebe es außer ihm keinen Menschen.

      Er erreichte die Mitte des Hofes und blieb stehen.

      In der Nähe des Blockhauses wurde geflüstert. Ein paar Sekunden später rief Henshaw scharf:

      „Trafford! Es ist aus mit dir! Mach Licht drinnen und gib auf, sonst zünden wir dir das Dach über dem Kopf an!“

      Sie hatten also die Außenwände der Hütte erreicht.

      Tontos Mundwinkel verkniffen sich. Breitbeinig, aufrecht und unbeweglich stand er da, den Kolben des kurzläufigen Henry Gewehres in der Armbeuge.

      „Zum Teufel!“, schrie Henshaw wütend. „Meinst du, wir bluffen nur? Larry hat einen Kanister Petroleum bei sich. Der reicht, um deine Hütte in ein paar Minuten in eine Fackel zu verwandeln. Also?“

      Die Stimme des Mannes,