es gab Schmerz, Trennung, Heimweh. Okay, Heimweh hatte ich weniger, aber ich hoffte auf den Silberstreifen am Horizont.
Wie alles begann. Ein herrlich sonniger Tag blinzelte mir in das Gesicht. In meinem Verwahrraum bedrückte mich das Gefühl der Langweile. Die Gitterstäbe gaben mir einen Blick in gestreift nach draußen frei, den Kauknochen legte ich zur Seite. Vom Spielen hatte ich genug, und ich streckte alle vier Pfoten auf dem kalten Fliesenfußboden aus.
Mein Hundekörbchen hatte mir die nette Wärterin schön kuschelig hergerichtet. Dort lag ich nun und hörte die Vögel zwitschern. Lange saß ich noch nicht ein, ich war in der Eingewöhnungsphase.
Draußen wurde es plötzlich tierisch laut und mein Halbschlaf empfindlich gestört. Es brach ein Tumult aus. Die Hunde bellten und sprangen wie wild in ihren Käfigen herum.
Von Weitem hatten sie bereits die Witterung aufgenommen, sofort wussten sie: „Jetzt kommt Besuch! Vielleicht ist es ein potenzielles Herrchen oder Frauchen?“
Ich hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Die Tür unseres Asyls öffnete sich, und die Insassen konnten besichtigt werden. Eine Frau Ende vierzig lief suchend mit dem Chef des Tierheims den Flur entlang.
„Da war sie, meine Traumfrau!“ Wie vom Blitz getroffen stand ich da, es verklärte sich mein Hundeblick.
Mein Herz begann, wie verrückt zu schlagen und vor Freude Luftsprünge zu machen.
„Doreen“, ich wusste natürlich bisher keinen Namen, aber sie sah aus wie eine Doreen, wie meine Doreen. Die passt zu mir! Gab es Liebe auf den ersten Blick! Ja, es gab keinen Zweifel!
Doreen bemerkte mich lächelnd, und wandte sich an unseren Tierheimvorsteher: „Ich glaube, der Kleine mag mich.“
Eigentlich wollte sie sich die Hunde lediglich anschauen, die Absicht, direkt einen mitzunehmen, das hatte sie nicht geplant.
Unser Betreuer schmunzelte: „Das sehe ich genau so! Jeder Hund, der in gute Hände kommt, ist für uns ein Glücksfall! Sehen sie nur, er himmelt sie an! Na, wer hat denn da wen gefunden? Der Hund sie oder sie ihn?“
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht: „Na, komm mal her, du kleiner Süßer!“
Freudig schwanzwedelnd rannte ich zum Knastgitter, sie streckte ihre Hand hindurch und kraulte mir liebevoll mein Fell.
Diese Streicheleinheiten waren Balsam für meine kleine Hundeseele. Jeder wollte gestreichelt und gekrault werden, was gibt es Schöneres als eine liebevolle Umarmung.
Oh, meine Doreen, solch eine tolle Frau kam hier keineswegs jeden Tag vorbei. Ihre Figur einfach unbeschreiblich, sie war rassig und himmlisch dackelbeinig, ihre Maße: 120-100-120. Diese Beine, herrlich kurz und ein Garant für Gleichschritte mit mir. Unsere Augen trafen sich, meine Zunge hing heraus, der Speichel lief mir die Lefzen herunter und meine Stimme versagte. Nur ein Jaulen konnte ich herauspressen und in ein lautes Freudengeheul einstimmen. Elektrisiert warf mich ihr Anblick glattweg um und zwar in Rückenlage. Die kurzen Beine nach oben, Pfoten zum Himmel, meine Unterwerfung hätte kaum größer sein können.
„Willst du mein Frauchen sein! Bitte, lass mich nicht hier!“, winselte ich laut und herzzerreißend.
Die Tür öffnete sich und Doreen nahm mich in ihre Arme. Meine Einsamkeit fand ein Ende, das werde ich ihr niemals vergessen! Meine Treue zu ihr ist Hundeehre, und ich werde Frauchen sicher beschützen. Vor Einbrechern zum Beispiel, falls sie vorhaben das Hundefutter zu klauen.
Ansonsten gab es in ihrem Haus nicht viel zu holen. Ihr Prinzip: Je mehr da ist, umso mehr muss entsorgt werden! Keiner wollte ihre teure – exquisit, geschmackvoll, blumig dekorierte – Einrichtung erben. Ihre herrlichen Bilder in Plastiklederoptik, als Stillleben oder stilles Landschaftsbild. Aktbilder sind keinesfalls vorhanden, derartigen Schweinkram findet hier niemand im Haus. In der Teichstraße 13 herrscht Ordnung.
Dort durfte ich einziehen, ein Umzug aus Liebe in eine ganz normale Kleinstadt. Ich liebe Doreen, und sie liebt mich. Ab sofort ist sie für mein Wohlergehen zuständig und ich für ihres.
GASSIMARATHON
Wo es lang geht auf unserem Gassimarathon, bestimme natürlich ich. Erste Pappel links, dritter Weigelienstrauch rechts, die Eiche in der nächsten Straße muss ebenso bedacht werden. Die Aufzählung sämtlicher Arbeitseinsätze würden den Rahmen sprengen!
Ja, ich bin ein einsatzfreudiges, schwer beschäftigtes, Gassi freudiges Exemplar meiner Rasse. Ein Vorzeigehund, wenn es darum ging, das Revier abzustecken.
Frauchen dachte sicherlich, sie führt mich, aber ich bin überzeugt: „Ich führe sie!“
In diesem Glauben möchte ich sie belassen. Jeder braucht eine Aufgabe und Bestätigung, Hoffnung, dass alles nach eigenen Vorstellungen läuft.
Ich würde sagen: „Selbstbestimmt!“ Selbstbestimmt will ich weiterhin mit meinem Frauchen Gassi gehen!
Laufen und frische Luft, das ist unsere Medizin, wir sind tagtäglich im Training. Was für den Hund gut ist, ist für das Frauchen umso besser. In meinem Hundeleben kommen einige Kilometer zusammen.
Natürlich profitiert Doreen von meiner Lauffreudigkeit und ich frage mich: „Gibt es schon einen Schrittzähler für Hunde?“
Wie würde ich messen: vorn, hinten oder an der Rute, vielleicht im Halsband integriert? Welche Schrittzahl ist optimal und wird alles doppelt pro Beinpaar gerechnet?
Es ist unumgänglich, ein Schrittzähler muss her, natürlich jeder Hunderasse angepasst.
Die Hundezüchter sorgen für eine große Vielfalt, jeder Hundeliebhaber wählt die passende Rasse für sich aus.
Nehmen wir beispielsweise den Besitzer eines Beagles: Der Körperbau ist robust, kompakt mit kräftigen, kurzen, durchtrainierten Beinen, die Rute ist hoch angesetzt und wird fröhlich getragen. Seine Ohren dagegen trägt er tiefhängend, der kräftige Kiefer zeigt ein vollständiges Gebiss. Große haselnussbraune Augen, sanft mit einem gewinnenden Ausdruck runden dieses Modell ab.
Das wäre der richtige Liebhaber für Frauchen, sie sollte mehr Spaß haben! Spaß kann man niemals genug haben. Vielleicht hat er eine Hündin, wir könnten freudig hechelnd gemeinsam Gassi gehen.
Im Park und auf den Straßen der Stadt habe ich Spaß mit Doreen, sie zeigt mir die Wirklichkeit! Die Gassigehende Community berichtet gern und ausgiebig, es sind reale Ereignisse, die sich unter deutschen Dächern abspielen. Geschichten, die nur das Leben schreibt.
Unsere Passion: Was gibt es Neues in der Nachbarschaft?
Einige Tatsachen müssen an die Öffentlichkeit gebracht werden. Selbstredend hinter vorgehaltener Hand, die Hauptakteure wissen keineswegs, dass sie Hauptrollen spielen! Immer freundlich lächeln!
Wichtige Informationen drängen geradezu aus den Wohnungen und Häusern der Anwohner ans Tageslicht. Bereit für sensationelle Informationen, die nicht in der Zeitung stehen, höchstens zwischen den Zeilen. Auf keinen Fall gilt das für sämtliche Zeitungen.
Frauchen ist eine schwer beschäftigte Kleinstadtjournalistin in Geheimmission für eine ungefragte Lebensberatung und Tatsachenauswertungen der Halbwahrheiten. Bei diesen Missionen darf ich sie begleiten und unterstützen.
Meine Begeisterung ist grenzenlos, ich lebe im Kleinstadtdschungel. Das Leben kann so aufregend sein!
Frauchens Lebensaufgabe ist: mich liebevoll zu umsorgen und das öffentlich Gehörte nach bestem Wissen und Gewissen auszuwerten. Objektiv entscheidet sie, was sie weitergeben kann und was nicht.
Meine Lebensaufgabe ist: „Gassi gehen!“ Wisst ihr, wie wichtig das für mich ist? Emotionen schlagen hoch, wenn ich unterwegs auf meiner Gassi-Tour bin, und einer hat bereits vor mir markiert. Der Erste bei den Markierungen bin immer noch ich! Wo kommen wir denn da hin? Waren schon große oder kleine Mitbewerberhunde vorher da, muss ich mein Bein heben, um den Schaden zu minimieren. Hoffentlich