Eva Apfel

Die Waldi-Philosophie


Скачать книгу

Interesse vortäuschend nach und beschäftigte sich dabei mit ihrem Riesenschnauzer.

      Die Joggerin ließ Helmut von der Leine, denn er hatte die richtige Lauftemperatur erreicht. Sein freudiger Übermut kannte keine Grenzen, und er forderte Franz Joseph zum Laufduell heraus. Die beiden schwarzen Hunde flitzten um die Wette, lustig anzusehen. Mopsi wollte sich unter keinen Umständen abhängen lassen, seine kurzen Beine ratterten emsig drauflos. Riesenschnauzer Helmut liebte die Eleganz und flog durch die Luft, zwei Kraftpakete, die sich gut verstanden.

      Ungefragt erzählte Mopsmarion weiter: „Vor zehn Jahren habe ich mich mit meiner Schwester Ilona verstritten. Ich möchte mich mit ihr versöhnen! Verlorene Zeit, die wir niemals zurückholen können. Sie fehlt mir über aller Maßen!“

      Plötzlich bemerkte Marion die immer größer werdende Entfernung zu ihrem Mops. Rasch pfiff sie Franz Joseph zurück, er war fast außer Sichtweite. In Cordulas Ohren hallte es schmerzvoll nach, und sie verzog ihr Gesicht.

      Ohne Punkt und Komma erzählte Marion weiter: „Wir durchlebten eine blöde Meinungsverschiedenheit wegen meines Ex-mannes, die Betonung liegt auf Ex. Oh, sie hat in allem Recht behalten, ich muss sie dringend sprechen! Ilona kennt mich besser, als ich mich selber kenne. Sie hat den Kerl sofort durchschaut! Unsere Beziehung konnte nie und nimmer gut gehen. Er war auf meinen Körper aus, meine Seele war ihm vollkommen egal!“

      Cordula grinste heimlich, und sie versuchte die Puzzleteile, die ihr Mopsmarion hingeworfen hatte, zusammenzusetzen.

      „Ist Theodora eine Art Orakel oder Seherin?“, musste sie heimlich schmunzeln

      „Das kann nicht wahr sein!“, informierte Marion, „Frau Doktor haben sie noch nie von unserem Stadtorakel gehört? Theodora kennt doch jeder in der Stadt!“

      Für Mopsmarion war das unbegreiflich, wie konnte sie diese geheimnisumwobene Frau nicht kennen?

      „Frau Callipo, haben sie irgendwelche Fragen zu privaten Enthüllungen? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden! Antworten kann ihnen unsere bekannte, problemorientierte Stadthexe und Wahrsagerin Theodora auspendeln. Eine gute Freundin hat sie mir empfohlen“, erklärte sie.

      Cordula zweifelte an ihren Worten, wollte es sich aber in keiner Weise anmerken lassen: „Ich wusste gar nicht, dass Wahrsagerei noch aktuell ist?“

      Die Zeit lief ihr davon, und die Joggerin schaute auf die Uhr. Der Terminplan ließ keine weiteren Verzögerungen zu.

      Insgeheim dachte sie: ‚So ein Nonsens! Wer glaubt denn an solch einen Schwachsinn!’

      Marion bemerkte natürlich das ungläubige Gesicht ihrer Gesprächspartnerin und versuchte sie umzustimmen: „Frau Doktor, lassen sie sich eines Besseren belehren! Ich habe auch gedacht, es ist Blödsinn! Sie müssen Theodora unbedingt auf die Probe stellen!“

      Mopsfiedel fing sie ihren Mops ein, angeleint konnte er kaum mehr entfliehen. Franz Joseph war außer sich, er drehte sich im Kreis und verhedderte sich in der Leine. Dieses Knäuel musste entwirrt werden. Mopsmarion war genervt, nach einiger Zeit konnte sie das Hundeleinennetz entspinnen.

      „Hilfe, ich muss sofort aufbrechen! Das wichtige Treffen mit meiner Schwester steht an. Oh, ich bin so aufgewühlt!“, schlagartig hatte sie es eilig.

      Niemals war Mopsmarion schneller verschwunden.

      Cordula blickte nachdenklich hinterher und nahm ihren Lauf wieder auf. Tausend Gedanken liefen mit: `Soll ich mich darauf einlassen? Einen Spaß ist es allemal wert, eine Abwechslung bräuchte ich dringend. Möglicherweise kann sie das Rätsel meines verlorenen Schatzis lösen? Orakel Theodora ich komme!

       UNSER STADTORAKEL FREDI

      Fredi, Boxer mit Boxer! Das ist selbstverständlich eine andere Geschichte. Seit sechs Jahren ist Fredi den Sternen und der Glaskugel verfallen. Er hatte sich im Internet Tarotkarten bestellt und selbst gelegt. Das führte zu folgendem Resultat: Fredi wurde im falschen Körper geboren.

      Seine russische Frau Marina fand das lächerlich, Pumphosen kannte sie nur aus der russischen Folklore. Mit diesem neuen Outfit ging er – jetzt als Theodora – mit seinem/ihrem Boxer Wladimir im Park spazieren.

      Peinlich! diese orientalische Kleidung war schön bunt und brutal auffällig. Wladimir störte das wenig.

      Am Freitag trafen sich alle Hundeschüler in der Hundeschule, und wir sollten endlich unser Stadtorakel kennenlernen. Ich bin ein ehrgeiziger Dackel und will unbedingt in der Hierarchie aufsteigen. Mein Traum ist es, mich als Rudelführer zu profilieren.

      Diese Gelegenheit kam unaufhaltsam auf uns zu, Theodora mit ihrem beziehungsweise seinem Boxer Wladi näherte sich. Ihre bunte Hose wurde vom Wind aufgebläht, dieser Ballon rollte auf uns zu.

      ‚Hoffentlich hebt sie nicht ab!’, befürchtete ich.

      Belustigt bellte ich über die ganze Hundewiese: „Hey, Wladi, hat Fredi seine Pumphosen auf Pump an oder kommt Alibaba mit den Pfirsichräubern!“

      Meine Hundekumpels und ich kugelten uns lachend auf der Wiese.

      Wladimir zeigte keinerlei Reaktion. Das war unter seiner Würde, er fühlt sich auf keinen Fall für das Outfit seines Gassilenkers verantwortlich. Undenkbar für einen Boxer! Wladi zeigt mir seine kalte Schnauze, mit dieser Abfuhr hatte ich nicht gerechnet.

      Im Notfall wollte ich mich hinter Birte verstecken, sie ist die Chefin der Hundeschule. Ich wusste, sie beschützt mich, dort konnte ich eine dicke Hundelippe riskieren.

      Hier durfte Boxer Wladi nur bellen, nicht beißen: „Oder habt ihr euch schon einmal mit einem Boxer angelegt?“

      Lasst das lieber sein! Boxer sind kompakte Kraftpakete. Wladi ist wohlerzogen und selbstbewusst. Ein Familienhund erster Güte, kaum aus der Hütte zu locken beziehungsweise aus der Reserve. Quadratisch, praktisch, gut und ebenso verspielt.

      Auf keinen Fall will ich es mir mit einem Boxer verscherzen. Wladimir ist verpflichtet mein Kumpel zu bleiben. Stets freue ich mich, wenn ich sein liebes Boxergesicht sehe.

      Stellt euch vor, früher wurden sie zur Bärenjagd eingesetzt! Aber sicherlich kann ich trotzdem einen kleinen Scherz bei den anderen Hundeschülern anbringen.

      Hundeschule, was ist eine Hundeschule?

      Treuherzig gesagt: „Das arrangierte Treffen eines Hunderudels.“ Dort wird mit den anderen Hunden trainiert. Es gibt Übungen, um ein ungefährliches Sozialverhalten zu erlernen und sich auszupowern.

      Auf der Tagesordnung steht heute: „Wie gehe ich mit meinem Frauchen durch die Stadt?“

      Natürlich angeleint und mit Würstchentüte. Niemand soll angebellt und angesprungen werden. Betteln verboten! Markieren und Würsteln ebenso bis auf wenige Ausnahmen.

      Ich wusste: „Darauf habe ich keine Lust!“

      Dieses hintereinander Trotten, die Betonung lag auf Hintern. Zahlreiche Hunde meines Rudels lagen damit absichtlich in meiner Augenhöhe! Das Schlimmste überhaupt, ich dufte mir mein Rudel nicht selber aussuchen. Mit wem sollte ich mich hier messen, mit wem auf Beutezug gehen?!

      Der Rudelausflug führte in Richtung Zoo, stetige Erziehung und Schulung unser Sozialverhalten ist äußerst wichtig. Im Zoo sehen wir Lisztäffchen, Erdmännchen, Wellensittiche – hinter Gittern!

      Diese großen Eulen, ich fühle mich direkt beobachtet. Angeblich sind sie am Tag blind. Gut, dass nachts das Kleintiergehege geschlossen ist. Ich möchte nicht von ihnen gesehen werden.

      Auf einem Schild steht: „Füttern verboten!“

      Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Mopsmarion, Pudelpeggy oder Yorkshiresandra auf die Idee kommen, uns mit diesem Getier zu füttern. Mein Favorit ist „Lappi“ aus der Dose in mundgerechten Stückchen, für jede Schnauze die passende Größe, Konservierungsstoffe bin ich gewöhnt!

      Auf dem nächsten Schild steht: „Hunde sind