der Halle zu kommen.
Jim Harper senkte die Flugbahn des Helis und steuerte auf das flache Dach der Fabrikhalle zu.
Die Maschine landete.
Milo und ich sprangen aus dem Helikopter, Orry folgte wenig später. Clive blieb an Bord des Helis, um bei der Koordinierung es Einsatzes zu helfen. Augenblicke später erhob sich der Hubschrauber wieder in die Luft.
Inzwischen wurde auf dem Parkplatz geschossen. Einsatzkräfte der Yonkers Police stürmten den Parkplatz. Die maskierten Wächter feuerten wild mit ihren MPis herum, zogen sich aber schnell ins Innere des Gebäudekomplexes zurück. Die Übermacht der Polizei war zu groß.
Wir erreichten inzwischen eines der Dachfenster.
Mit gezielten Schüssen öffnete Orry den Verschluss. Es ließ sich öffnen. Milo kletterte als Erster hinein, sprang auf den Boden des breiten Korridors. Er federte sich ab. Die SIG hielt er in der Rechten.
Orry und ich folgten und sprangen ebenfalls hinunter.
Es war niemand im Korridor.
Von draußen war ein weiterer heftiger Schusswechsel zu hören.
Die Räume zu beiden Seiten des Korridors waren offen. Es gab keine Türen. Soweit man das auf den ersten Blick sehen konnte, handelte es sich um Büros mit modernem Computer-Equipment. Das einzige, was sie von gewöhnlichen Firmenbüros unterschied, waren die Bilder mit okkulten Motiven an den Wänden.
Wir erreichten das Treppenhaus, eilten hinunter.
Orry trat eine Tür auf. Dahinter befand sich ein hallenartiger Raum. Ein großes, umgedrehtes Holzkreuz hing an der Wand. Auf Tischen befanden sich Glaskästen.
Es handelte sich um Terrarien mit Spinnen und Schlangen darin.
Etwa ein Dutzend Männer und Frauen in dunklen Mönchskutten lagen auf dem Boden und wurden von maskierten Bewaffneten bewacht. Rick Montalban hielt eine Waffe in der Hand. Er wirbelte herum. Ein paar Meter von ihm entfernt stand sein gefesselter Sohn José.
"Waffe Weg, FBI!", rief ich.
Einer der Gorillas wirbelte herum, feuerte mit seiner MPi. Ich feuerte zurück, warf mich zur Seite. Milo und Orry zuckten zurück in Deckung. Der maskierte Mobster sank getroffen zu Boden.
Gleichzeitig wurde jetzt offenbar auch am Haupteingang der Halle gekämpft. Zwei der Maskierten wurden getroffen. Ein weiterer ergab sich den eindringenden Spezialkräften des Yonkers Police Department. Schrill schallte eine Megafonstimme durch den Raum, die die Mobster erneut zum Aufgeben aufforderte.
Orry und Milo stürmten aus ihrer Deckung hervor und sicherten mich.
Ich kam wieder auf die Beine.
Mein Blick blieb an Rick Montalban hängen.
Sein Gesicht bekam etwas maskenhaftes, verzerrte sich zur Grimasse.
"Waffe weg, Montalban!", rief ich.
Doch er riss sie hoch, stieß einen lauten Schrei aus und feuerte in meine Richtung.
Er stürmte vorwärts, schoss dabei immer wieder.
Eine Kugel ging dicht an mir vorbei.
Er ließ mir keine Wahl. Ich schoss ihm in die Schulter. Das brachte ihn ins Straucheln. Er feuerte trotzdem weiter wild um sich. Ich duckte mich.
Milo schoss im selben Moment.
Getroffen sank Dirty Rick Montalban zu Boden.
Überall verebbte jetzt der Geschosshagel. Die überlebenden Mobster ergaben sich und wurden verhaftet. Handschellen klickten.
"Mí Padre!", rief José.
Er stürzte zu seinem Vater, kniete nieder. Seine Hände waren nach wie vor gefesselt.
Rick Montalban lebte noch. Orry rief über Funk nach dem Notarzt. Aber ich hatte das Gefühl, dass hier jede Hilfe zu spät kommen würde.
"Mein Sohn....", sagte El Columbiano stockend. "Mein eigener Sohn hat mich... verraten..." Er wandte den Kopf in meine Richtung. "Sie sind kein guter Schütze, Agent Trevellian!"
Sein Kopf sank zur Seite, die Augen erstarrten.
Der Kolumbianer war tot.
"Er wollte sterben, Jesse", stellte Milo fest.
Selbstmord durch die Polizei nennt man dieses Phänomen und es kommt öfter vor, als man denkt. Offenbar hatte Rick Montalban keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Jahrzehnte auf Riker's Island hätten mit Sicherheit vor ihm gelegen. Und das allein schon wegen des Überfalls auf den sogenannten "Tempel" der Satanistensekte. Mochte er sie auch für den Tod seiner Tochter verantwortlich machen, so wird Selbstjustiz in unserem Rechtssystem nicht gedeckt. Das Schlimmste wäre für El Columbiano wohl gewesen, das er diese Jahre in dem Bewusstsein verbracht hätte, dass sein eigener Sohn ihn hintergangen hatte. Für einen Mann wie Rick Montalban eine unerträgliche Vorstellung.
"Sich selbst die Pistole an die Schläfe zu setzen, kam für ihn nicht in Frage", sagte José mit belegter Stimme. "Sie wissen ja, er war ein strenggläubiger Katholik."
"Sie sind festgenommen", sagte ich an José gewandt. "Alles, was Sie von nun an sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben daher...."
"Sparen Sie sich das! Ich werde aussagen. Und zwar umfassend... Es hat jetzt ohnehin alles keinen Sinn mehr!"
31
In den nächsten Tagen kamen weitere Einzelheiten ans Licht. Die Verhafteten belasteten sich gegenseitig und so ergab sich recht schnell ein umfassendes Bild. Der Mann, der sich "Bruder Maleficius" nannte, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Sein wahrer Name lautete George Ventor. Als Dolores Montalban unter den Einfluss der Satanisten geriet, erkannte Ventor sehr schnell, welche Möglichkeiten darin für ihn steckten. Dolores erwies als leicht beeinflussbar. Und Ventor träumte davon, endlich mit seiner Sekte in den Drogenhandel einsteigen zu können, um ihre Finanzierungsgrundlage zu verbreitern. Dolores hingegen hasste die finanzielle Abhängigkeit von ihrem Vater. So entstand der Gedanke, eine Entführung zu inszenieren. Dolores sollte einen Teil des Lösegeldes abbekommen. Sie weihte ihren Bruder in die Pläne ein, der ihr entgegen den Aussagen, die wir bisher hatten, sehr nahe stand.
"Sie sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, wenn sie für ein paar Tage einfach verschwinden würde", berichtete uns José später zu diesem Punkt bei einer der zahlreichen Vernehmungen, die wir mit ihm durchführten. "Ich weihte auch Benny Dominguez und Fat Paco ein. Sie waren begeistert von dem Plan. Dominguez stöberte diesen Maleficius auf und machte ihm in meinem Auftrag einen lukrativen Vorschlag. Der Zeitpunkt der vorgetäuschten Entführung musste etwas verschoben werden. Für mich war diese Aktion ein ideales Ablenkungsmanöver, das meinen Vater für eine Weile außer Gefecht setzten sollte. Er konnte sich nicht um die Organisation kümmern und die vermeintlichen Entführer jagen. Wenn alles glatt gegangen wäre, hätte er im Handumdrehen die Macht verloren."
"Irgendwann hätte Ihr Vater doch erfahren, wer seinem Stuhl gesägt hat", gab ich zu bedenken.
José zuckte die Achseln. "Er hätte sich irgendwann damit abgefunden, da bin ich mir sicher. Zumindest dann, wenn ich Erfolg gehabt hätte." Er machte eine Pause und fuhr in gedämpftem Tonfall fort: "Ich glaubte, dass diese Satanisten leicht zu lenken wären und bot ihnen über Dominguez einen Anteil am Drogengeschäft an, wenn das Syndikat neu geordnet würde." José heiser. "Diese Rechnung ging leider nicht auf..."
Es gab noch einen anderen Punkt, den wir zu besprechen hatten.
"Wie starb Dolores?", fragte ich.
"Hat Maleficius dazu schon etwas gesagt?"
"Er schweigt. Seine Anwälte haben ihm geraten auf geistige Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren."
José lächelte matt. "Jemand, der Schlangen und Spinnen Gift abzapft, um damit irgendwelche Tinkturen