dürfen mich nur Freunde nennen", sagte der Exilkubaner. "Und dazu zählst du nicht mehr!"
José schluckte. Er ließ den Blick schweifen, suchte verzweifelt nach einer Chance.
"Für dich bin ich ab sofort Mister Perez. Kapiert?"
"Was ist mit meinen Leuten?"
"Die haben meine Jungs leider schlafen legen müssen. Lausige Bodyguards hast du, José. Und so einer will in die Fußstapfen deines Vaters treten!" Fat Paco lachte heiser. "Das hätte sowieso nie geklappt, José. Und tief in deinem Herzen weißt du das auch."
"Wir hatten ein Abkommen!"
"Dass wir deinen Vater vom Thron vertreiben und ins Altenteil abschieben. Das stimmt. Aber jetzt haben sich die Dinge geändert. Die meisten Unterführer sind auf meiner Seite. Aranjuez ist aus dem Verkehr gezogen worden, Dank unseren Freunden und Helfern vom FBI." Der dicke Mann kicherte in sich hinein. "Er hatte unter den Leuten deines Vaters viel Einfluss. Genau wie dieser alte Sack namens Carillo..."
José schluckte. "Das mit dem Helikopter - das waren deine Leute, Fat Paco!", stieß er schließlich hervor.
Der Dicke zuckte die breiten Schultern. "Da verlässt man sich schon mal auf Profis und die Sache geht gründlich daneben. Am besten man macht alles selbst!"
Er grinste.
Die Blondine rührte sich jetzt. Durch das Gespräch war sie wach geworden. Sie stieß einen kurzen Schrei aus, als sie Fat Paco und seine Leute bemerkte. Dann schwieg sie, zog sich die Bettdecke vor die vollen Brüste und starrte die Mobster voller Angst an.
Fat Paco musterte sie.
Er schnipste mit den Fingern und befahl: "Zieh dich an und verschwinde, Kleines!"
"Ja", flüsterte sie.
"Falls dir der Kerl, in dessen Bett du liegst, noch Geld schulden sollte, dann würde ich das an deiner Stelle jetzt eintreiben. Später wird Mister Montalban wohl kaum noch dazu in der Lage sein, es zu bezahlen."
Die Blondine schluckte, wandte einen kurzen Blick in Pacos Richtung.
Dann schlug sie die Decke zur Seite. Fat Pacos Blicke hafteten an ihrem makellosen Körper. "Ein Amigo von mir betreibt einen Callgirl-Ring. Gleichgültig, was dir der Lackaffe da vorne bezahlt, du könntest da das Doppelte bekommen. Na, was ist?"
"Boss, sollen wir sie nicht besser schlafen legen? Sie ist eine Zeugin!"
Fat Paco lachte. "Soll sie ruhig erzählen, was sie gesehen hat! Das wird nur dafür sorgen, dass meine Autorität gefestigt wird. So schnell wird keiner versuchen, den Finger gegen mich zu erheben." Paco atmete tief durch. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Schau dir gut an, was ich mit meinen Feinden mache, Kleines! Schau es dir an und lerne daraus, dich niemals gegen mich zu stellen."
Die junge Frau erhob sich, ihre Sachen lagen verstreut im Raum herum. Sie begann damit, ein Teil nach dem anderen aufzusammeln.
Fat Paco wandte sich an seine Gorillas.
"Macht ihn fertig, Jungs!"
Einer der Kerle hob seine Waffe.
Die Blondine kehrte zum Bett zurück, kniete nieder.
"Mein Slip fehlt noch. Muss unter das Bett gerutscht sein", behauptete sie.
"Wozu brauchst du einen Slip, Baby?", grinste Fat Paco.
Das Grinsen verging ihm im nächsten Moment. Die Blondine riss eine Pistole unter dem Bett hervor und feuerte sofort. Ihr erster Schuss ging den größeren der beiden Gorillas mitten in die Stirn. Der nächste Schuss fuhr seinem Komplizen in die Brust. Der Kerl kam gerade noch dazu, seine Waffe in Richtung der Angreiferin zu reißen und abzudrücken. Der Schuss zerfetzte ein Kopfkissen.
Fat Paco wurde blass.
Seine Männer waren tot. Er stand buchstäblich allein da.
Die Blondine erhob sich.
"Warst du nicht erst skeptisch, was weibliche Bodyguards angeht, José?", fragte sie.
Josés Gesicht entspannte sich. "Offenbar habe ich mich geirrt."
"Was soll ich mit ihm machen?"
"Leg ihn um, Jessica."
"Mit Vergnügen!"
Fat Paco wich einen Schritt zurück. Aber die Blondine ließ ihm keine Chance. Ihr Schuss traf ihn in die Herzgegend. Wie ein gefällter Baum ging der Dicke zu Boden. "Was glaubst du - stimmt es, dass Fat Paco die Unterführer des Syndikats schon auf seiner Seite hat?", fragte Jessica.
"Ist zu befürchten. Diese Bastarde! Die haben mich von Anfang an nur benutzt, um meinen Alten aus dem Weg zu räumen!"
"Hast du nicht dasselbe mit ihrer Hilfe versucht?"
"Ja. Ist leider gründlich schief gegangen. Und das Schlimmste ist, dass das Ganze meiner Schwester das Leben gekostet hat." Er atmete tief durch. "Das wird mir mein Vater mir niemals verzeihen..."
In Josés Hirn arbeitete es fieberhaft. Sein Plan, die Herrschaft in der Organisation seines Vaters zu übernehmen war vermutlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Zu naiv war er an die Sache herangegangen, das erkannte er jetzt. Seine Bundesgenossen hatten ihn verraten. Jetzt ging es nur noch darum, das Schlimmste zu verhindern.
Und das Schlimmste war, dass sein Vater davon erfuhr, dass sein eigener Sohn die Triebfeder der Verschwörung gewesen war.
Jessicas Stimme drang in sein Bewusstsein.
Die Blondine hatte sich inzwischen angezogen.
"Soll ich ein paar Jungs anrufen, die hier aufräumen?"
"Nein. Ich brauche ein paar Jungs, die mir helfen, dieses Narbengesicht zu beseitigen..."
Der Mann, der sich Bruder Maleficius nannte, war der einzige, der ihn jetzt noch verraten konnte.
28
José Montalbans Wohnung befand sich im selben Gebäude wie die Geschäftsräume von Montalban House Ltd. Nur eine Etage tiefer. Wir rückten mit insgesamt einem Dutzend G-men an. Darunter auch Jay Kronburg, Leslie Morell und Orry Medina.
Die Einsatzleitung hatte Clive Caravaggio.
In seinem Jackett steckte auch eine Kopie des Haftbefehls, den Mister McKee hatte erwirken können.
Die Beweise, die gegen José vorlagen reichten aus, um eine Durchsuchung der Wohnung durchzuführen und den Sohn von El Columbiano vorläufig unter dem Verdacht der Verabredung zum Mord festzunehmen. Sofern Gordon Laws sich doch noch dazu entschloss, mit dem Staatsanwalt einen Deal einzugehen und gegen seine Auftraggeber auszusagen, konnte sich José darauf einstellen, den Rest seines Lebens auf Riker's Island zu verbringen. Ich war in dieser Hinsicht recht zuversichtlich. Schließlich war die Zusammenarbeit mit dem District Attorney für Laws wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, der Todesstrafe zu entgehen.
Wir klingelten an José Montalbans Wohnungstür. Überwachungskameras behielten uns dabei im Auge. Wir bekamen keine Reaktion. Die Sprechanlage blieb tot, die Tür geschlossen.
"Scheint so, als hätte José die Lunte gerochen", meinte Milo.
Clive griff zum Handy, verständigt sofort unsere Zentrale an der Federal Plaza. Es musste verhindert werden, dass José sich einfach zum JFK-Airport chauffieren ließ und einen Flieger nach Übersee nahm.
Wir brachen die Tür auf.
Jay Kronburg war der Erste von uns, der in die Wohnung eindrang. In der Rechten hielt er den 4.57er Magnum-Revolver, den er seit seiner Zeit bei City Police benutzte.
"FBI! Hände hoch und Waffen weg!", rief er.
Ich sicherte ihn von hinten.
Milo folgte mir.
Uns