Bruno Heini

Deine Zeit läuft ab


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ich soll euch nun bei diesem Bestechungsversuch helfen?« Angewidert stieß Palmer die Luft aus. »Hör zu, Hannah«, fauchte sie. »Eines stelle ich hier mal klar. Unter keinen Umständen lasse ich mich von dir in etwas Illegales reinziehen. Egal, wie rührselig eure Geschichte ist. Egal, wie unfair das Leben ist. Ich werde euch nicht helfen, Gott zu spielen.«

      Hannah holte Atem, um zu antworten, aber Palmer gebot ihr mit erhobener Hand zu schweigen.

      »Eben noch hast du behauptet, mich aus Interviews zu kennen. Dann wüsstest du auch, nicht nur bezüglich Gerechtigkeit, sondern auch bei der Einhaltung von Gesetzen gehe ich keine Kompromisse ein.« Es fiel Palmer schwer, nicht die Beherrschung zu verlieren.

      »Nein, jetzt geht es nicht mehr um mein Herz, sondern um Susas Leben. Sie liegt im Krankenhaus und braucht deine Hilfe am allernötigsten. Hannah sagt, mein Vater will sie umbringen. Versprich mir, dass du sie beschützt. Einfach nur das. Tu nichts für mich, halte dich aus allem raus, aber beschütze meine Mutter.« Lenny atmete kurz und stoßweise.

      Palmer schüttelte den Kopf mit fast geschlossenen Lidern. Aber ehe sie klipp und klar absagen konnte, kam ihr Hannah zuvor.

      »Jetzt lass du uns nicht auch noch im Stich. Stell dir vor, Diethelm bringt Susa tatsächlich um und du hättest es verhindern können. Wie würdest du dich dann fühlen? Reiche Schweine können sich alles erlauben, und niemand unternimmt etwas dagegen. Nicht mal du.«

      Palmer spürte ein dumpfes Pochen in der Brust. Hannah hatte ihre empfindliche Stelle getroffen. Palmer hatte schon immer Wert darauf gelegt, auf der richtigen Seite zu stehen. Konnte sie die Bitte abschlagen, einer Frau in Not zu helfen, wenn es niemand anderer tat? Würde sie nicht ihr eigener Ehrenkodex zur Hilfe verpflichten? Aber was, wenn das wieder bedeutete, in eine Straftat hineingezogen zu werden?

      Bei diesem Auftrag ging es nicht darum, eine Straftat aufzuklären, sondern die Ermordung eines Menschen zu verhindern. Palmer kämpfte mit sich.

      Schon mehr als einmal hatte sich Palmer gewünscht, sie hätte ein ganz durchschnittliches Pflichtgefühl, das sie einen völlig normalen Job ausüben ließ, um sich pünktlich um 17 Uhr in den Feierabend zu verabschieden. Auf einem kurzen Umweg ins Pub würde sie ein Bier heben, anschließend nach Hause schlendern und vor dem Fernseher die Füße hochlegen. Doch sie war aus anderem Holz geschnitzt. So funktionierte sie einfach nicht. Um eine Wahrheit an den Tag zu bringen, konnte sie sich völlig verbohrt in fremde Leben verbeißen. Etwas in ihr hielt es einfach nicht aus, jemanden in Not zu sehen.

      Sollte sie Lenny und Hannah helfen? Palmer wog die Vorteile gegen die Nachteile ab. Falls sie den beiden half, mischte sie sich wieder in fremde Angelegenheiten ein. Das hatte sie bereits mehrmals beinahe das Leben gekostet. Aber sie hatte sich vorgenommen, sich auf nichts mehr einzulassen, das sie eigentlich nichts anging. Und sie hatte sich geschworen, ihr Leben nicht wieder aufs Spiel zu setzen. Beides hatte sie sogar Alex gelobt, ihrem Freund. Der würde sich das nicht bieten lassen, das wusste sie. Abgesehen davon hatte sie jetzt anderes zu tun. Sie musste dringend einen Job finden, wollte sie am Ende nicht auf fremde Hilfe angewiesen sein.

      Sie stülpte die Unterlippe vor, klappte sie wieder ein und fasste einen Entschluss.

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