an.
»Keine Sorge, mein Feuer ist eingesperrt«, konterte der Kommissar und hielt ein Streichholz an den Tabak. »Außerdem gibt es hier ja Löschwasser genug.«
»Besserwisser«, zischte Lea Frey, gab aber keine weiteren Kommentare ab.
»Haben Sie ihn selbst noch gesehen, bevor er abtransportiert wurde?«, wollte Lindt wissen.
Die Staatsanwältin winkte ihn zur Seite, um ungestört sprechen zu können. »Ich wusste ja nicht, um wen es sich handelt, als die Meldung kam, ein Toter sei im Wald gefunden worden. Aber ich war schnell. Die Spurensicherung hatte gerade erst begonnen, als ich ankam.«
»Also saß er noch im Wasser?«
»So, wie auf den Fotos zu sehen.«
»Wer hat dann die Bergung übernommen? Die Feuerwehr?«
»Nein, das haben die Techniker selbst gemacht. Waren ja bereits nass bis zu den Oberschenkeln. Die Sanis vom Roten Kreuz brachten so ein langes Kunststoffbrett mit Tragegriffen dran.«
Lindt nickte: »Spineboard. Kenne ich. Wurde er draufgelegt und damit rausgehoben?«
»Richtig«, bestätigte die Staatsanwältin. »Ich habe alles genau mit angesehen und angeordnet, dass die Aktion gefilmt wird.«
»Wer stand noch dabei?«, fragte der Kommissar.
Sie überlegte und trat aufs Neue einige Meter zurück, um ganz sicher außer Hörweite zu sein. »Zehn Personen bestimmt. Rettungsdienst, Kripokollegen, Spusi, uniformierte Beamte, der Leiter des Polizeireviers. Der Polizeipräsident aus Pforzheim kam bald nach mir.« Sie zögerte kurz. »Ja, ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Von denen, die Kühn offenbar bedroht haben, war aber keiner hier. Die zwei hatten dienstplanmäßig frei.«
»Zwei?«
»Ja, ich weiß zwei Namen. Muss ich Ihnen wohl geben. Aber meine Informantin …« Sie stockte wieder und fuhr schnell fort, »… oder meinen Informanten möchte ich Ihnen nicht nennen.«
Lindt runzelte die Stirn. »Wird sich nicht vermeiden lassen. Dieser Person kommt eine entscheidende Bedeutung zu. Wann hat sie Ihnen Bescheid gesagt?«
»Der Anruf kam ungefähr eine Stunde, nachdem klar war, wer der Tote ist. Das ging natürlich polizeiintern rum wie ein Lauffeuer.«
Der Kommissar trat wieder zu den Kriminaltechnikern, die jetzt dabei waren, ihre Utensilien einzupacken.
»Wie hat sich die Tat eurer Meinung nach zugetragen?«
Einer der Kollegen gab seine Einschätzung bekannt: »Der Fundort ist vermutlich nicht der Tatort. Den Schlag auf den Kopf hat er höchstwahrscheinlich woanders erhalten und ist dann hierhertransportiert worden.«
»Wurde er hochgeschleppt? Oder von oben runter? Finden sich irgendwo Schleifspuren?«
»Ein Auto kann auf diesem schmalen Weg ja kaum fahren. Dort vorne gibt es zudem eine Engstelle, an der ein Wasserdurchlass runtergebrochen ist.«
Lindt nickte: »Ist mir auch aufgefallen. Ein ganz schmales Fahrzeug käme vielleicht gerade so durch, aber kein normaler PKW oder Transporter.«
»Wir vermuten auch, dass unser Chef hier am frühen Morgen seine Joggingrunde gedreht hat. Er wohnt ja seit einiger Zeit in einem dieser neuen teuren Häuser gleich dort vorne in der Straßburger Straße.«
Oskar Lindt stutzte: »Wie? In Freudenstadt? Kam er früher nicht immer aus dem Kreis Calw hergefahren?«
Die Techniker sahen sich bedeutungsvoll an. Zögernd fuhr einer fort: »Man sieht es ja auf den Bildern. Neues Outfit. Haare ab, Bart dran, morgens joggen statt frühstücken, abends Fitnessstudio mit Hantelbank und allem Drum und Dran. Der hat mit Mitte 50 noch mal voll aufgedreht.«
Lindt las in den Gesichtern, dass das noch nicht die ganze Wahrheit sein konnte. Seinem Instinkt folgend, fragte er: »Auch eine neue Frau?«
Die Antwort kam nicht gleich. »Ja, also … man soll ja über Tote …«
»... nicht schlecht reden, das weiß ich«, komplettierte Lindt, »aber es geht um Tatsachen, um reine Fakten. Bitte, wir finden es sowieso raus, mit wem er zusammen war.«
Statt des Technikers antwortete die Staatsanwältin: »Kühn hat einem Kollegen die Frau ausgespannt, das habe ich bereits mitbekommen.«
»Oha. War er denn getrennt?«
»Seine eigene Ehefrau soll sich angeblich mit einem polnischen Lastwagenfahrer abgesetzt haben.«
»Das ist jetzt aber nicht wahr, oder?«
»Das Letzte ist ein Gerücht, das Erste weiß ich aus sicherer Quelle«, sagte die »Eiserne«. »Sie können es mir ruhig glauben.«
»Hat ihn was aus dem Gleis geworfen? Das mit dem Polen?«
»Zumindest hat damit alles angefangen. Neustart in Freudenstadt, so hat er mir mal selbst gesagt, allerdings ohne dabei Hintergründe zu nennen.«
»Hmmm …«, brummte Lindt wieder einmal und wiegte seinen Kopf hin und her. »Der Franz, der Franz … und jetzt …«
»Ist er tot«, vervollständigte die Juristin mit deutlich verschärftem Ton. »Und Sie haben den Ermittlungsauftrag. In engster Abstimmung mit mir natürlich. Verstanden?« Sie nahm Lindt ins Visier und schoss einen verbalen Giftpfeil in seine Richtung: »Keine Alleingänge und keine zurückgehaltenen Informationen. Ist das klar?«
Die drei Techniker schauten betreten zu Boden.
Der Kommissar jedoch war für solche Situationen trainiert und antwortete nach wenigen Sekunden: »Frau Oberstaatsanwalt, ich habe einen neuen Lieblingsspruch. Den kennen Sie noch nicht.«
»Und?«, blaffte sie ihn an.
Lindt bekam kleine Fältchen neben den Augenwinkeln.
»Er heißt: Lächle, du kannst sie nicht alle töten. Also, Sie sehen mich lächeln!«
Die Gesichtsfarbe der »Eisernen« wechselte schlagartig wieder auf dunkel. »An die Arbeit, marsch!«, befahl sie, war offensichtlich kurz davor, Schnappatmung zu bekommen, griff nach ihrem Smartphone und verschwand.
»Wir sind bereits mittendrin«, hob Lindt die Augenbrauen und wandte sich an die belustigt dreinblickenden Kriminaltechniker.
»Gibt es verwertbare Spuren?«
Unisono schüttelten alle drei die Köpfe. »Nachher suchen wir noch entlang der Wege, aber es ist viel zu trocken für Abdrücke von Schuhsohlen.«
»Reifenspuren?«
»Es gab vielleicht welche unten auf dem Fahrweg, aber da ist ja auch das Forstpersonal unterwegs. Wären aber ohnehin durch unsere eigenen Wagen überlagert. Können wir also komplett vergessen. Nach Fingerabdrücken und DNA haben wir selbstverständlich gesucht. An dem Eisengeländer im Becken, auf den Mauersteinen, in der Hütte.«
»Handy, Papiere, Schlüssel?«
»Fehlanzeige, nichts dergleichen«, antwortete einer der Techniker. »Alles, was wir haben, befindet sich eingetütet in unserer Kiste. Ist allerdings nicht viel.«
Dann sah er den Kommissar an: »Entschuldigung, wenn ich frage: Wieso musste extra der Oskar Lindt aus Karlsruhe kommen, um den Fall hier zu übernehmen?«
Diese Frage hatte Lindt erwartet. »Gab die Frau Oberstaatsanwalt dazu keine Erklärung ab?«
»Nein, sie hat einen Anruf bekommen und danach sofort und ohne weitere Kommentare unsere eigenen Ermittler komplett nach Hause geschickt. Nur der Streifendienst durfte bleiben, um Spaziergänger fernzuhalten, und wir natürlich.«
»Dann fragen wir sie doch am besten selbst. Ah, sie telefoniert noch«, meinte Lindt und sandte einen auffordernden Blick in Richtung der Juristin.
»Dauert wohl länger, das Gespräch, also werde ich was dazu sagen. Aber vorweg möchte ich wissen: War der Kollege,