Prof. TCM Univ. Yunnan Li Wu

TCM für Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit


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darauf, in welchem Organ der Mangel präsent ist. Herzrhythmusstörung und Schlaflosigkeit sind ein Indiz für Qi-Mangel im Herzen, während Kurzatmigkeit und Husten auf einen Mangel in der Lunge hinweisen. Bei Mattigkeit und Appetitmangel wird von einem Milz-Qi-Mangel ausgegangen, während Schreckhaftigkeit und Ängstlichkeit mit einem Gallenblasen-Qi-Mangel und Morgenmüdigkeit mit Magen-Qi-Mangel in Verbindung gebracht werden. Vermehrtes nächtliches Wasserlassen und vorzeitiger Samenerguss deuten auf einen Nieren-Qi-Mangel hin.

      Ein gestautes oder blockiertes Qi hat in der Regel Schmerzen zur Folge, da die Lebensenergie ihre Funktionen durch den gestörten Fluss nicht mehr erfüllen kann. Um dem entgegenzuwirken, muss das Qi harmonisiert werden. Typische Anzeichen für eine Qi-Blockade im Lebermeridian sind ausstrahlende Schmerzen in der rechten Oberbauchgegend, im oberen Rippenbogenbereich, und Stimmungsschwankungen. Hingegen weisen ziehende und starke Unterbauchschmerzen sowie Blähungen auf eine Qi-Stauung in der Leitbahn des Dünndarms hin.

      Darüber hinaus existieren auch Sonderformen der Stagnation (rebellierendes Qi). Hier fließt das Qi entgegen seiner üblichen Flussrichtung. Schlafstörungen und mentale Störungen sind ein Indiz für ein rebellierendes Herz-Qi, während Übelkeit und Erbrechen auf ein rebellierendes Magen-Qi hinweisen. Asthma wird mit einem rebellierenden Nieren-Qi und Husten in Kombination mit Asthma mit einem rebellierenden Lungen-Qi assoziiert. Durchfall hingegen ist häufig ein Anzeichen für ein gegenläufiges Qi der Milz.

      In der westlichen Medizin wird das Blut als »flüssiges« Gewebe betrachtet, das aus Blutplasma und Blutzellen besteht und dessen Funktionen Abwehr, Pufferung, Wärmeregulation, Sauerstofftransport und Signalübermittlung darstellen. Hier beherbergt es gleichzeitig einen materiellen sowie einen immateriellen Aspekt. Blut-Xue erfüllt energetische Funktionen und ist untrennbar mit dem Qi verbunden. Blut-Xue strömt ebenso in den Blutgefäßen wie in den Meridianen, die gleichzeitig Qi in sich führen. Da in der chinesischen Lehre die Funktion wichtiger als die anatomische Präzision ist, werden die Leitbahnen nicht streng differenziert. Blut-Xue wird mit Yin assoziiert, nährt und befeuchtet den gesamten Körper und beherbergt den Geist (Shen).

      Die Grundsubstanz wird unter Beteiligung von Magen, Milz und Herz aus Nahrung extrahiert. Dabei bildet die Milz aus der im Magen verdauten Nahrung eine klare Essenz, die vom Milz- Qi aufwärts zur Lunge befördert wird. Diese Essenz wird während des Transports in die Lunge vom Nahrungs-Qi in Blut umgewandelt. Dieser Prozess kann allerdings nur optimal ablaufen, wenn ausreichend Jing vorhanden ist. Entsprechend ist auch die Niere am Aufbau von Blut beteiligt.

      Herz, Milz und Leber stehen in einer besonderen Beziehung zu Blut-Xue. Das Herz gewährleistet eine gleichmäßige Zirkulation des Blut-Xue im Organismus, und die Milz leitet es. Überschüssiges Blut-Xue wird in der Leber gespeichert, die es kontrolliert, wenn sich der Körper im Ruhezustand befindet.

      Eine Blut-Xue-Stauung kann im Körperinneren sowie an der Körperfläche und an den an der Oberfläche sitzenden Leitbahnverläufen auftreten. Blut-Xue-Stasen (auch Blut-Xue-Stauungen) äußern sich wie Qi-Stauungen durch Schmerz. Äußerliche Blutstasen werden durch disharmonierende Faktoren verursacht. Daneben können auch ein Qi- oder Blut-Xue-Mangel verantwortlich für Blutstauungen sein. Erbrechen von Blut und ein stechender Schmerz in der Bauchregion zwischen Rippenbogen und Bauchnabel weisen auf eine Magen-Blut-Stauung hin. Liegt eine Stauung in der Leber vor, äußerst sich dies durch dunkles und zähes Menstruationsblut und stechende Schmerzen in der Oberbauchgegend im Rippenbogenbereich. Hingegen sind Palpitationen (Herzklopfen), eine purpurfarbene Verfärbung der Zunge, Schmerzen in der Herzgegend und Schlafstörungen Anzeichen für eine Herz-Blut-Stauung.

      Neben Blockaden kann auch ein Blut-Xue-Mangel die nährenden und befeuchtenden Funktionen des Blut-Xue ins Wanken bringen. In solchen Fällen kommt es zum Ausbleiben der Menstruation, übermäßig starker Menstruationsblutung, Blässe und einer blassen Zunge (Leber-Blut-Mangel). Indizien für einen Blut-Xue-Mangel im Herzen sind Vergesslichkeit, Apathie, Schlaflosigkeit sowie eine dünne Zunge.

      Der Begriff Jing umschreibt die angeborene konstitutionelle feinstoffliche Substanz des Menschen. Sie wird im Nieren-Shen gespeichert und stellt die Quelle von Yin und Yang dar. Aus diesem Grund beherbergt sie beide Gegenpole und wird nicht nur einem zugeordnet. Die Vitalessenz verkörpert die Wurzel des Lebens, und sie ist ausschlaggebend für Fortpflanzung, Entwicklung und Tod.

      Wie Qi wird auch die Vitalessenz Jing aus zwei unterschiedlichen Quellen geschöpft. Entsprechend wird zwischen dem vorgeburtlichen Jing (auch Vorhimmel-Essenz oder Xian Tian) und dem nachgeburtlichen Jing (auch Nachhimmel-Essenz oder Hou Tian) differenziert. Ersteres wird während der Zeugung aus Eizelle und Spermium gebildet. Dieses individuelle Jing begründet die einzigartige Konstitution sowie das spezifische Entwicklungspotenzial des Individuums und kann nicht erneuert werden. Das nachgeburtliche Jing setzt sich aus Nahrung und Atmung zusammen. Gemeinsam ergeben beide Anteile die gesamte Vitalessenz Jing.

      Die Funktionen von Jing variieren je nach Entwicklungsphase des Menschen. Bis zur Jugend wird die Vitalessenz für die Reifung der Organe benötigt, danach erhält es die Organfunktion und wird für die Fortpflanzung gebraucht. Im Laufe des Lebens baut sich die ursprüngliche Jing-Essenz nach und nach ab. In der Folge lassen Organfunktion und Fortpflanzungsfähigkeit mit zunehmendem Alter nach. Sobald Jing nicht mehr vorhanden ist, tritt der Tod ein.

      Generell stellt die Jing-Essenz die Basis für mentale Funktionen dar und vereint gleichermaßen Yin- sowie Yang-Funktionen. Der Yin-Aspekt des Jing bildet die Grundlage für den Aufbau von Blut, Gehirn, Mark, Knochen und Sperma. Er steuert die Wachstums-, Entwicklungs- und Fortpflanzungsprozesse. Der Yang-Aspekt fungiert als stoffliche Voraussetzung für das Nieren-Yang. Er wärmt und nährt alle anderen Organe, die dadurch ihre spezifischen Aufgaben erfüllen können. Deshalb ist Jing von großer Bedeutung für die Bereitstellung, Verteilung und Umwandlung aller Arten von Qi.

      Bei Jing-Mangel muss die Vitalessenz zusammengehalten (adstringiert) werden, da sie ihre Funktionen sonst nicht mehr erfüllen kann. In der Regel tritt ein solcher Mangel in Form von vorzeitigem Altern und einer schwachen Konstitution, Impotenz und Sterilität, Wachstumsstörungen, Knochenerkrankungen, Nieren-Schwäche und mentalen Störungen in Erscheinung.

      Die Säfte Jin-Ye sind der Lebensenergie Qi, Blut-Xue und der Vitalessenz Jing untergeordnet. Sie besitzen Yin-Qualität und vereinen alle Körperflüssigkeiten mit Ausnahme von Blut-Xue. Zu den Säften zählen demnach lediglich Inkrete, Sekrete und Exkrete sowie interstitielle Flüssigkeiten (auch Interzellularflüssigkeiten sind Körperflüssigkeiten zwischen den Zellen in den Gewebsspalten). Sie werden in leichte, klare Flüssigkeiten und in schwere, trübe Säfte klassifiziert.

      Die leichten, klaren Flüssigkeiten (Jin) repräsentieren den Yang-Aspekt. Sie wärmen, nähren und befeuchten Haut und Muskeln. Die schweren, dickflüssigen und trüben Säfte (Ye) besitzen Ying-Qualität und ernähren Organe, Gehirn, Mark, Gelenke sowie Körperöffnungen.

      Je nach Organfunktionsstörung entstehen bei einem Fülle-Zustand der Jin-Ye Ödeme in unterschiedlichen Körperarealen. Ödeme an den Beinen sind das Resultat eines Nieren-Yang-Mangels mit Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Die Niere ist hier nicht mehr in der Lage, den Wasserhaushalt zu regulieren. Ödeme im Bereich des Oberkörpers sind hingegen Ausdruck einer Schleimnässe in der Lunge bzw. einer beeinträchtigten Lungenfunktion. Das bedeutet, die Lunge sendet die Körperflüssigkeiten nicht zur Niere und verteilt diese auch nicht. Auf einen Milz-Yang-Mangel und eine damit einhergehende Beeinträchtigung der Milzfunktion weisen Ödeme in der Bauchregion hin. In diesem Fall wandelt die Milz die Nahrungssäfte nicht mehr angemessen um.

      Bei einer Degenerierung der Körpersäfte spricht man in der Traditionellen Chinesischen Medizin von Schleim. Mit Schleim assoziierte Krankheiten treten häufig auf. Beispiele hierfür sind Schleimauswurf z. B. in Verbindung mit Asthma oder Bronchitis. Hier hat sich der Schleim in der Lunge manifestiert. Epilepsie, Lähmung oder Schlaganfall sind häufig die Folge von Störungen