Firma oder Tipps und Tricks für den Karriereweg, sondern um die Frage, wie die Führungskräfte es selbst schaffen, mit sich selbst als Menschen in solch anspruchsvollen Tätigkeiten umzugehen und woraus sie leben.
Die Meditation
Jeder Tag beginnt um 7 Uhr mit einer Stunde Yoga und einer Stunde Meditation. In der Woche folgen wir in den Meditationsübungen weitgehend dem Aufbau und der Methode, die Franz Jalics SJ in seinen Kontemplativen Exerzitien beschrieben hat, allerdings ohne ein Mantra (bzw. den Namen Jesu) einzuführen. Auch wählen wir ein ganz anderes „wording“, um die Meditation Techniker(inne)n und Ingenieur(inn)en nahezubringen1. Am ersten Tag liegt der Schwerpunkt auf ersten Erfahrungen mit der Wahrnehmung des eigenen Körpers, dem sogenannten body scan. Hier werden die Meditierenden angeleitet, ihre Aufmerksamkeit auf einzelne Körperteile zu richten und so den ganzen Körper wahrzunehmen. Die 25-minütige Übung ist für die einzelnen oft sehr anstrengend und intensiv. Sie müssen erfahren, kaum in der Lage zu sein, die Aufmerksamkeit tatsächlich an den Körperstellen zu halten. Müdigkeit, viele Gedanken und Fragen, Bilder, körperliches Unwohlsein schieben sich in den Vordergrund und ziehen die Aufmerksamkeit von den jeweiligen Körperteilen ab. „Zum Herrn bzw. zur Frau der eigenen Aufmerksamkeit werden“ und diese Aufmerksamkeit systematisch zu üben, ist deswegen der erste Schritt in die Meditation. Es ist den Teilnehmer(inne)n, auch aus einem religionsfernen Kontext, unmittelbar plausibel, dass in einem Alltag, in dem alles an unserer Aufmerksamkeit zerrt, die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit dort zu halten, wo man sie selbst halten will, ausgesprochen vorteilhaft wäre. Am zweiten Tag steht die Wahrnehmung des Atmens im Vordergrund. Am dritten Tag ist der Anker, der hilft, seinen Geist in die Sammlung zu bringen und die Aufmerksamkeit zu halten, die Hände bzw. die Mitte der Handinnenflächen. Es war für uns, als wir 2013 mit den Akademien begonnen haben, überraschend zu sehen, wie fruchtbar und hilfreich diese von Franz Jalics eingeführte Meditationstechnik ist. Viele Teilnehmer(innen) bleiben die restlichen Tage dabei der Wahrnehmung der Hände oder lassen den Atem in die Hände fließen. Vom vierten bis siebten Tag ist es den Teilnehmer(inne)n selbst überlassen, mit welchem „Anker“ (Atmen oder Hände) sie meditieren möchten. Dabei führen wir über „Herr/Frau der eigenen Aufmerksamkeit werden“ zwei weitere inhaltliche Punkte ein: „Selbstwahrnehmung. Die Informationsbasis über sich selbst erweitern“ und „Innere Freiheit“. Wir machen die Teilnehmer(innen) darauf aufmerksam, dass das, was uns in der Meditation immer wieder von dem Fokus der Aufmerksamkeit und der Sammlung wegzieht, oft viel mehr über uns aussagt als alle gedanklichen Konstrukte und mühsam festgehaltenen Selbstbilder. Deswegen können die „Störungen“ in der Meditation eine große Hilfe auf dem Weg zu einer realistischen Selbsteinschätzung sein, die für Entscheidungsfindungen ein solides Fundament abgeben kann. Es geht freilich nicht darum, sich mit den „Störungen“ während der Meditation zu beschäftigen, sondern sich am Ende der Meditationseinheit einen Augenblick Zeit zu nehmen: Wie ist es mir in der Meditation ergangen? Wie bin ich mit mir selbst umgegangen? Denn auch die Art und Weise, wie man in der Meditation mit sich selbst umgeht, ob man sich beispielsweise in die Wahrnehmung zurückprügelt und sich selbst bewertet oder ob man schnell aufgibt und vor sich hin döst, sagt oft sehr viel darüber aus, wie wir auch sonst im Alltag mit uns umgehen. Die innere Freiheit entsteht dadurch, dass die Teilnehmer(innen) die Möglichkeit erleben, sich nicht mit ihren Gefühlen, aber auch nicht mit ihren Gedanken identifizieren zu müssen. Solange man die Gefühle und Gedanken wahrnehmen kann, hat man einen prinzipiellen Abstand zu ihnen. Die innere Freiheit besteht darin, eine Haltung zu sich selbst einzunehmen und sich fragen zu können, womit ich mich eigentlich identifizieren und was davon ich in Entscheidungen und Handlungen umsetzen möchte.
Die Themen der Tage
Nach dem Frühstück erhalten die Teilnehmer(innen) einen inhaltlichen Impuls, der höchstens 10 Minuten dauert und in dem die Themen des Exerzitienprozesses angesprochen werden. Wer mit den ignatianischen Exerzitien vertraut ist, wird wissen, dass sie einem bestimmten Aufbau folgen, und dass dieser Aufbau auf eine bestimmte innere Dynamik des Exerzitanten bzw. der Exerzitantin zielt. Die erste Phase (oder der erste Tag) ist die Phase des Fundaments. In dieser Phase betrachtet der/die Exerzitant(in) Texte, oft aus den Psalmen genommen, die seine/ihre Dankbarkeit gegenüber Gott und die Liebe, von der er/sie sich getragen weiß oder getragen hofft, zum Ausdruck bringen. Die Betrachtung der Liebe Gottes führt zur zweiten Phase der Exerzitien, in der die Schuld und Sündhaftigkeit des Menschen im Mittelpunkt stehen. In der dritten Phase geht es um die Berufung. Hier stehen Betrachtungen des Lebens Jesu im Vordergrund, die in dem/der Beter(in) das Verlangen wecken sollen, Jesus immer umfassender nachzufolgen und ihm gleich zu werden. Die vierte Phase ist der Passionsgeschichte und dem Tod Jesu gewidmet, in der fünften meditiert der Beter Texte zur Auferstehung Jesu und die „Betrachtungen um Liebe zu erlangen“ aus den Geistlichen Übungen des Ignatius von Loyola.
Die Impulse der Akademie bestehen nun darin, den existentiell-spirituellen Kern jeder der fünf Phasen des Exerzitienprozesses zu bewahren, aber von dem konkreten religiösen Kontext abzusehen. Am ersten Tag (erste Phase) fragen wir deswegen nach dem Fundament des eigenen Lebens: Was trägt mich eigentlich im Leben oder, anders und besser gefragt: Von was werde ich getragen? Was kommt mir durch andere Menschen, aber auch vielleicht durch Naturerfahrungen oder Erfahrungen von Schönheit, von Religion oder von Weltanschauungen, die ich habe, entgegen – ohne dass ich etwas leisten und „machen“ muss? Was trägt mich im Leben, ohne dass ich etwas festhalten und die Wirklichkeit manipulieren muss? Der zweite Tag (zweite Phase) hat Verletzungen zum Thema. Was wäre im eigenen Leben besser nicht passiert? Welche Ereignisse aus der Vergangenheit prägen mich in meinem Erleben und Verhalten heute noch? Woran arbeite ich mich noch ab? Und: Gibt es Zusammenhänge zwischen meinen Verletzungen und meinem Fundament? Am dritten Tag (dritte Phase) geht es um die Berufung, wobei wir den „Ruf“ in der Berufung als ein immer tieferes Einlassen auf sich selbst und die eigene Stimme verstehen. Die eigene Stimme immer sensibler wahrnehmen, um selbstbestimmt leben zu können – dieses Ziel liegt dem dritten Tag zugrunde. Die Übung, zu der wir auffordern, besteht darin, sich die inneren Bilder des eigenen geglückten, guten und gelingenden Lebens mit allen Sinnen vorzustellen: Wie möchte ich in 20 oder 30 Jahren leben? Lebe ich allein, in einer Partnerschaft, mit einer Familie? Lebe ich in der Stadt oder auf dem Land? Welchen Beruf übe ich aus und welchen Stellenwert hat er im Leben? Kurz: Wie wird mein Leben ausschauen, wenn es gut ist? Dieses Bild gilt es dann im zweiten Schritt zu hinterfragen: Wie hängt das innere Bild mit dem Fundament und den Verletzungen zusammen? Die zentrale Frage dabei – und eigentlich für die ganze Woche – ist: Wie sehr ruht das innere Bild meines gelungenen Lebens auf dem Fundament? Sind meine Verletzungen in das Bild integriert oder lebt das innere Bild davon, dass die Verletzungen nie mehr vorkommen dürfen? Ist meine innere Grundbewegung, dass ich getrieben bin, in meinem Leben großartige Dinge zu realisieren – das ist oft eine Bewegung weg von den Verletzungen –, oder fühle ich mich positiv von einer bestimmten Art zu leben angezogen? Am vierten Tag stehen Konflikte und Widerstände im Mittelpunkt. Mit welchen Konflikten und Widerständen muss ich rechnen, wenn ich meiner eigenen Berufung folgen will? Mit wem müsste ich vielleicht in einen Konflikt gehen, um ein besseres Gespür für meine eigene Stimme, für meine Berufung im Leben zu finden? In welchen Punkten müsste ich mir selbst gegenüber Widerstand leisten, um klarer und abgegrenzter das leben zu können, was ich leben möchte?
Vorbereitung auf den Alltag
Am fünften und sechsten Tag geht es darum, ohne große Vorsätze einen neuen Blick auf den Alltag zu wagen, indem man eine Haltung, die man in den Akademien sich selbst gegenüber erarbeitet hat, auf den Alltag überträgt. Als hilfreich hat sich dabei am fünften Tag ein Rollenspiel erwiesen. Die Teilnehmer(innen) der Akademie werden willkürlich durch Abzählen in zwei Gruppen eingeteilt, voneinander räumlich getrennt und erhalten die Aufgabe, Punkte dadurch zu sammeln, dass sie sich für eine Farbe, rot oder blau, entscheiden. Wenn beide Gruppen sich unabhängig voneinander für rot entscheiden, bekommen beide drei Punkte. Wenn eine Mannschaft blau und die andere rot wählt, bekommt die erste Mannschaft sechs Pluspunkte, die zweite drei Minuspunkte usw. Die Aufgabenstellung ist bewusst unklar: Jede Mannschaft soll so spielen, dass ein möglichst gutes Ergebnis erreicht wird. Worin das „gute Ergebnis“ besteht, wird freilich nicht gesagt. Die Pointe des Rollenspiels ist, dass innerhalb der Gruppe und am Ende zwischen beiden Gruppen häufig emotionale Situationen entstehen, in denen sich