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Kirche der Armen?


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Ukraine in den verschiedensten Denominationen von Orthodoxen und Katholiken, die eine Einheit in dieser Frage ermöglichen könnte.

      An dieser Stelle muss zugleich erwähnt werden, welche Bemühungen gerade durch die Armut verschiedener Bevölkerungsgruppen ausgelöst wurden, eine Verbesserung der Lage zu erreichen. Ein besonderes Kapitel sind hier die Roma und Sinti, für die sich vor allem die Civil Society engagiert. Das Europäische Parlament hat zwar immer wieder versucht, bei der Bewilligung verschiedener Mittel die Bemühungen um diese Gruppe als zwingend zu verankern, aber inwieweit dies wirksam geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist allerdings zu vermuten, dass nicht allzu viel passiert ist. Ein Beispiel dafür ist die EUSDR (European Union Strategy for the Danube Region), wo von Beginn an verlangt wurde, diese Gruppen zu betreuen. Die große Schwierigkeit dabei ist, dass entweder die jeweiligen Regierungen der betroffenen Länder gar nicht willens waren, das zu tun, oder selbst sehr begrenzte Kenntnisse hatten. Die Überprüfbarkeit der Aktivitäten ist eine weitere Schwierigkeit.

      Verschiedene herausstechende und in den Medien publizierte Situationen haben zu Aktivitäten geführt, wie etwa für Straßenkinder in Bukarest, wo der österreichische Jesuit Pater Georg Sporschill sehr aktiv wurde und eine relativ wirksame Aktivität entfaltete. Diese erstreckte sich dann später ebenso auf andere Gebiete – z.B. auf Moldawien, wo ein ganzes Kinderdorf an der Grenze zu Rumänien entstand. Es gelang sogar den damaligen Staatspräsidenten bzw. seine Frau als Schutzpatronin zu gewinnen, was zumindest eine Absicherung war, denn sehr beliebt waren solche Aktivitäten in den jeweiligen Ländern nicht. Das Problem der Roma und Sinti erstreckt sich von der Slowakei, ein kleinwenig auch in Tschechien, über Rumänien, Moldawien, Bulgarien und Serbien, was nicht zuletzt durch die Wanderungen bedingt ist. Aus meiner Erfahrung kann ich nur hinzufügen, dass die einzige Möglichkeit darin besteht, Bildung an die Kinder und Jugendlichen heranzubringen, wobei es ebenso notwendig ist, dies mit staatlichen Möglichkeiten durchzusetzen, da die Tendenz, solchen Einrichtungen auszuweichen, in dieser Gruppe sehr stark verankert ist.

      Minderheiten in den einzelnen Ländern stellen ein weiteres Problem dar, doch würde es zu weit führen, das zu behandeln. Die Minderheitenlage begünstigt Marginalisierung, und diese wieder bedeutet, dass man quasi der Armut ausgeliefert ist, weil einfach die Möglichkeiten für Maßnahmen nicht existieren. Es verdient festgehalten zu werden, dass eine kompakte Sozialpolitik nicht existiert, wenngleich sie in allen Strategien zum Beitritt dieser Länder zur Europäischen Union und in der Nachbarschaftspolitik immer wieder verankert ist. Hier muss kritisch gesagt werden, dass es schlicht und einfach an Einrichtungen fehlt, die das tun. Der Versuch, das den jeweiligen Verwaltungen beizubringen, ist mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt, weil die Verwaltungen selbst geringe Kapazitäten haben. Es muss hier festgehalten werden, dass vor allem die Civil Society aus anderen Teilen Europas und der Welt an verschiedenen Orten in der Lage ist, in diesen Belangen etwas zu erreichen.

       3. Neue Armut durch Migration

      In diesen Prozess der Bewältigung der neuen Situationen, die durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Öffnung zum übrigen Europa entstanden sind, hat die Migrationswelle der letzten Jahre – Binnenwanderung, Auswanderung der Jugend und der Eliten sowie Flüchtlinge – neue Armutssituationen erzeugt. Zweifellos ist die Armut einer der zentralen Gründe für Migration, wenngleich es dann jeweils stärker Kriegssituationen, Vertreibungen und Klimaveränderungen sind, die verbunden mit der Sehnsucht, in einer besseren Welt zu leben, zu diesen Entwicklungen geführt hat. Es muss festgehalten werden, dass vielfach neue Bevölkerungsgruppen auftreten, die in Europa selbst weder gekannt werden, noch irgendwelche Partner haben. Das gilt vor allem für Afghanen, Pakistani, Tschetschenen, etc. Die durch Kriegshandlungen betroffenen Wanderungsbewegungen werden eher noch in irgendeiner Weise bewältigt, wenngleich die Ergebnisse weit weg von einer Integration und Armutsbewältigung sind. Es gibt zu diesen Bereichen sehr viele Forschungen, aber letztlich noch keine endgültigen Ergebnisse, weil die Strategien noch nicht existieren. Es entstehen aber Armutspunkte, vor allem die Lager, die von den einzelnen Staaten jeweils angelegt werden, um diese Bereiche annährend zu bewältigen. Wahrscheinlich hätte man schon früher Strategien entwickeln müssen, etwa im Hinblick auf Schwarzafrikaner, die seit geraumer Zeit nach Italien einwandern und im Straßenbild etwa als Taschenverkäufer oder Bettler durchaus bemerkbar sind. Wir sind jedenfalls weit entfernt von einer Strategie, damit fertig zu werden.

      Weniger deutlich in der Öffentlichkeit sind Ergebnisse der Wanderungsbewegungen, die schon sehr lange stattfinden, wie etwa die „Gastarbeiter“, die von Armut deswegen bedroht sind, weil sie bei den Wirtschaftsveränderungen seit 2008 (Bankenkrise, Konjunkturschwächen, etc.) meistens die ersten sind, die ihre Jobs und damit die materielle Grundlage verlieren, oder im Graubereich von Schwarzarbeit einem entsprechenden Druck ausgesetzt sind. Wir haben hier verschiedene Generationen mit unterschiedlichen Problemen, wobei teilweise beginnend mit der zweiten Generation die dritte und vierte jeweils schon gut integriert ist, wenn nicht wirtschaftliche Entwicklungen und nationalistische Tendenzen zu einer neuerlichen Marginalisierung führen. Begonnen hat es durch die „Gastarbeiter“ aus dem früheren Jugoslawien, wobei es gerade hier die südlichen Teilrepubliken waren, die viele auf die Reise schickten. Auch aus dem Norden (Slowenien, Kroatien, Serbien und später Kosovo) und aus Albanien kommend gab es solche Bewegungen. Die Albaner sind insbesondere sehr stark in die Schweiz gegangen, wo sie streckenweise bis zu 200.000 Personen ausmachten, von denen 100.000 ordentlich erfasst bzw. versorgt waren, während andere in einer Grauzone lebten mit großen Wanderungsbewegungen. Hier haben die Kriegshandlungen ihre entsprechenden Wirkungen.

      Die Armutssituation ist Resultat schlechter Arbeitsverhältnisse bzw. der finanziellen Ausstattungen, wobei mit der Zeit ebenso Marginalisierungen durch Religion, Geschlechtszugehörigkeit etc. stattgefunden haben. Überhaupt ist das Aufkommen der Religion als ein Kriterium ein neueres Element, das zu entsprechenden Spannungen führt, die nicht nur etwa die Zulassung der Burka und ähnliche Dinge erfasst, sondern auch in die Ablehnung solcher Gruppen führt. Insbesondere viele türkische Frauen haben keine Chance auf Integration, weil sie von sich aus in Gruppen unter sich bleiben, schwer Sprachen lernen und gleichzeitig von ihren Männern dazu angehalten werden, quasi nicht nach außen zu gehen. Dadurch entsteht eine soziale Armut, die man nicht unterschätzen sollte! Hier wäre ein Kapitel über Diskriminierung zu schreiben, das aber eher in die Frage der Sozialpolitik im Zusammenhang mit der Integration zu sehen ist und deutlich zeigt, dass zwar allgemein Multikulturalität offiziell hochgehalten wird, aber tatsächlich nicht leicht zu bewältigen ist, weil einfach die Kenntnisse des „Andersseins“ fehlen. Ein besonderes Thema ist hier in der Entwicklung nicht nur die Generation, die in das westliche Europa gekommen ist, sondern die Kinder und Kindeskinder mit entsprechenden Problemen der Integration. Es ist eine „Generation inbetween“, die am deutlichsten in den Vorstädten der französischen urbanen Gebiete zu bemerken ist. Hier ist dann die Entwicklung hin zu Erlösungssehnsüchten, die etwa durch IS befriedigt werden, naheliegend.

       4. Zusammenfassung

      Zur Auseinandersetzung mit der „Kirche der Armen“ gehört ebenso eine umfassende Debatte über die Armut. Die West-Ost-Unter-scheidung beinhaltet einen beachtlichen historischen Hintergrund, der eine unterschiedliche Begrifflichkeit von Armut im Laufe der Zeit als Grundlage hat. Es muss festgehalten werden, dass sich unsere heutigen „westlichen“ Diskussionen über die Frage wer arm ist, nach wie vor davon unterscheiden, was im ehemaligen Osten darunter verstanden wird. Das wirkt noch nach, so dass die Reaktionen nach wie vor unterschiedlich sind. Dass durch die Migrationsfrage und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten unserer Zeit diese Auseinandersetzung nicht nur dynamisiert wird, sondern zugleich unübersichtlicher ist, muss hier einkalkuliert werden. Im politischen Spektrum ist es ebenso nicht leicht, dazu Stellung zu nehmen, weil die Armutsfrage immer wieder in Wahlkämpfen eine entscheidende Rolle spielt, in der Darstellung und Definition aber nicht sehr genau ist. Der Spitzenkandidat der SPD im Jahr 2017, Schulz, griff zum Beispiel primär dieses Thema auf, wobei allein schon die Unterschiedlichkeit zwischen dem, was früher die Bundesrepublik und die DDR waren, die Angelegenheit auch für ihn wahrscheinlich nicht leichter machte. Gesamteuropäische Antworten sind daher ebenso schwierig, insbesondere dann, wenn die Tendenz zu gemeinsamen europäischen Aktionen immer schwächer wird. Es ist daher anzunehmen, dass zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie