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Leben im Rhythmus des Kirchenjahres


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href="#u9faee1c6-7275-5a69-b486-d1557fa9112d">Heiliger Erzengel Michael (I): das Böse niederringen (Theo Beirle SJ)

      Heiliger Erzengel Michael (II): Wer ist wie Gott? (Karl Kern SJ)

      Oktober – Rosenkranz, das Jesusgebet des Westens (Theo Beirle SJ)

      Heiliger Franziskus (Theo Beirle SJ)

      Erntedank – unser tägliches Brot (Willi Lambert SJ)

      Weltmission: Weitergeben und empfangen (Bernd Franke SJ)

      November: im Dunkel helle Flecken (Veronika Jodlbauer)

      Allerheiligen – Was feiern wir an Allerheiligen? (Peter Linster SJ)

      Allerseelen (I) – Hoffnung auf die Auferstehung (Bernd Franke SJ)

      Allerseelen (II) – Gräbergang (Niall Leahy SJ)

      Vorwort

      Auf Weisung eines Gottesboten gerät der Apostel Philippus in eine ideale Situation: Wie die Apostelgeschichte (8,26–40) berichtet, trifft er auf den Kämmerer der äthiopischen Königin, der während seiner Heimfahrt von Jerusalem das Buch des Propheten Jesaja studiert. »Verstehst du auch, was du liest?«, fragt Philippus, und schon entspannt sich ein geistliches Gespräch, an dessen Ende der Kämmerer die Taufe empfängt.

      Ob die Voraussetzungen für das missionarische Christsein heute ähnlich günstig sind? Der Erfahrung von Abbruch und Rückgang religiöser Verwurzelung zum Trotz versammeln sich weiterhin viele Christen zur Feier des Gottesdienstes, vor allem sonntags, aber auch an den Werktagen. Hier wird der Glaube feiernd vollzogen, in Riten, in der Erfahrung der Gemeinschaft und in der Verkündigung der christlichen Botschaft. In gewisser Weise sprechen die Feiern für sich, aussagekräftigen Symbolen sei es gedankt. Immer wieder aber kommt die Frage auf: »Was bedeutet denn eigentlich …?« Wer mitfeiert, will meistens auch verstehen, worum es geht. Diesem Anliegen will das Buch entgegenkommen.

      Der Glaube wird gefeiert, das heißt: Wir feiern die Gegenwart des ewigen Gottes mitten in unserer Zeit. Dass Gott in die Zeit eintritt, bezeugt die Bibel als die Heilige Schrift der Christen auf jeder Seite. Und sie weiß auch darum, dass der immer größere Gott sich nicht in einem Ereignis vollkommen fassen lässt. Jeweils eine Facette zeigt Gott den Menschen; er ist ihnen in je verschiedener Weise zugewandt, eben den Momenten der Geschichte entsprechend.

      Was für die großen Zeitlinien gilt, prägt auch die christliche Feier des Glaubens. Das Jahr der Kirche kennt, rhythmisch wiederkehrend, die besonderen Festzeiten und Feiertage. Sie geben der gleichförmig hinlaufenden Zeit Struktur und Sinntiefe, ein geistliches Profil. Natürlich wiederholen sich die Zeiten und Festtage ebenfalls von Jahr zu Jahr. Manche bilden ab, was in der Natur vor sich geht, und deuten dieses Geschehen im Licht des christlichen Glaubens. In der Phase größter Dunkelheit feiern wir Weihnachten, die Geburt des göttlichen Sohnes, der unsere Finsternis erhellt. Wenn im Frühjahr die Bäume grün werden und zu blühen beginnen, nimmt das Osterfest diesen natürlichen Verlauf zum Gleichnis dafür, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist und dadurch unser Leben erneuert hat. Und ebenso wenig ist es ein Zufall, dass auch die Kirche im Monat November der Toten gedenkt: Das Sterben der Natur erinnert an unsere eigene Sterblichkeit. Gerade in diesem Monat, ähnlich aber beinahe das ganze Jahr hindurch, gedenken wir der Heiligen. Sie dienen zum Vorbild eines christlichen Lebens, und wir versichern uns der Gemeinschaft mit ihnen über die Schwelle des irdischen Daseins hinaus. Im Rhythmus des Kirchenjahres zu leben, das beinhaltet neben dem Wechsel von Alltag und Ruhe auch gewisse Zeiten des Übens, meist in der Vorbereitung auf die großen Feste. Der Advent und die Fastenzeit sind mit Blick auf diesen Zweck besonders geprägt. Christliches Brauchtum hilft, dass diese Prägung der Zeit wirklich auf uns übergeht, nicht bloß äußerlich bleibt.

      Die Texte dieses Bandes sind im Umfeld der Jesuitenkirche St. Michael in München entstanden. In den Jahren 2005 bis 2014 wurden sie, mit Ausnahme nur eines Textes, als geistliche Impulse im monatlich erscheinenden Gottesdienstanzeiger veröffentlicht, um den Lesern neben nützlichen Informationen auch ein ermunterndes, fragendes oder erläuterndes Wort für den christlichen Lebensalltag anzubieten. Was in der Kirche mit dem anliegenden geistlichen Zentrum gemeinschaftlich oder individuell erfahren wird, soll auch, der ignatianischen Tradition entsprechend, zu Hause noch verkostet werden können. Eine Auswahl solcher Beiträge wird nun mit dem Einverständnis der Autorinnen und Autoren in geringfügig angepasster Form in diesem Band vorgelegt.

      Als Herausgeber reihe ich mich mit dem Vorwort in die Schar derjenigen ein, die erklären, dass ohne das freundliche Zureden anderer das vorliegende Buch niemals entstanden sei. Ich danke den für die Reihe der Ignatianischen Impulse Verantwortlichen für die Ermutigung und Begleitung sowie den Autorinnen und Autoren der folgenden Texte für die unkomplizierte Mitarbeit.

      Dem lesenden Publikum wünsche ich, was der Titel des Buches zum Ausdruck bringt: geistliche Anregungen, um mit Freude und tieferem Verständnis dem Rhythmus des Kirchenjahres zu folgen.

       Johannes Stoffers SJ

      Zeit: Zu viel Welt für zu wenig Zeit

      Ein kurzer Satz, der es aber in sich hat, hat die Welt und unser Selbstverständnis grundlegend geändert. Er wurde 1748 von Benjamin Franklin, einem der Gründungsväter Amerikas, formuliert: Remember that time is money. »Zeit ist Geld« – dieses Motto hat der Welt und uns Menschen der Moderne Beine gemacht. Bedenken wir es hier im Licht seiner Wirkung!

      »Zeit ist Geld« – diese Maxime suggeriert eine Autonomie über die Zeit, die eine Illusion ist. Es ist immer zu viel Welt für zu wenig Zeit. Wir müssen mehr liegen lassen, als wir nutzen und verwirklichen können. Letztlich steht die christliche Zeitrechnung quer zum Anspruch dieser Zeitauffassung, die gleichsam in Geld und damit Möglichkeiten umgewandelt werden kann. Die Zeit ist uns seit der Schöpfung und seit der Geburt gratis gegeben, auf Treu und Glaube überlassen – eben auf Kredit. Unser Zeitkonto steht im Horizont einer Ewigkeitsvaluta, die uns auch befähigen kann, etwas auf sich beruhen lassen zu können. Das nicht Verwirklichte, das Erlittene und Widerfahrene, das Gelungene und auch Misslungene, das Wunderbare und das Traurige, das Schnelllebige und auch Langwierige. Goethes Faust stellte sich die Frage, ob es nicht doch einen Ausweg gebe, der Kürze und Schnelligkeit der Lebenszeit zu entrinnen – mit Hilfe des Teufels der Zeit aus der Umklammerung durch die Ewigkeit zu entkommen.

      Könnten wir unsere Zeit nicht auch, trotz und gegen das Motto »Zeit ist Geld«, gelassen als Donum Dei verstehen, als ein kleines Stück von Gottes Ewigkeit, als Ahnung seiner Unendlichkeit? Im Horizont dieser Ewigkeit hätte der gelassene Ernst Platz, unsere Lebenszeit nicht zu vertrödeln und doch etwas liegen lassen zu können.

       Hermann Breulmann SJ

      Christliche Zeit – von Christus erfüllt

      »Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding«, singt die Marschallin im Rosenkavalier. »Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts. Aber dann auf einmal, da spürt man nichts als sie: Sie ist um uns herum, sie ist auch in uns drinnen. … Und zwischen mir und dir da fließt sie wieder. Lautlos, wie eine Sanduhr.«

      Das Christentum hat das Phänomen »Zeit« dreifach geprägt: Es hat zunächst von einer Mitte, von Christus her, eine Zeitlinie geschaffen. Dadurch sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden. Aus einer wie nichts dahinfließenden, verfließenden Zeit