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Leben im Rhythmus des Kirchenjahres


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für alle Mal die Verantwortung für seine Lebenszeit. Und schließlich wird im Glauben immer wieder die Erinnerung an ein »Ewiges Fest« wachgehalten. Dieses Fest ist das Ziel aller Zeit, und es umfängt unsere Zeit. Gedenken, Vergegenwärtigung und Erwartung, dieser Dreiklang durchzieht unser Kirchenjahr. Der Kirchenvater Origenes meinte, die Einsetzung einzelner Feiertage sei nur für die »Anfangenden«, die noch nicht fähig seien, das »Ewige Fest« zu feiern.

      Was können wir uns wünschen? Dass wir die Zeit bestehen, die Zeichen der Zeit verstehen, dass unser Leben – immer wieder – zum Fest wird. Und wie? Indem Christus immer mehr unsere pulsierende Mitte wird. Da spürt man auf einmal nichts als IHN und seine geheimnisvolle Gegenwart. ER ist in uns drinnen. ER ist mitten unter uns. Sein GEIST fließt hin und her in jeder echten Begegnung. Die dahineilende Zeit wandelt sich zur erfüllten Zeit. Das Jahr wird zum Jahr des Heils.

       Karl Kern SJ

      Sonntag: Der Tag des Herrn

      Es ist Sonntag, draußen scheint die Sonne. Was tun wir an diesem Tag? Ist der Sonntag für uns ein Tag der Erholung, an dem wir endlich mal Zeit für uns haben? Oder ist mehr der Gemeinschaftsaspekt im Vordergrund, sei es in der Familie, mit Freunden, in der Eucharistiefeier?

      In alter Tradition wird der Sonntag »Tag des Herrn« genannt. Doch was macht einen Tag zum »Tag des Herrn«? Unser Sonntag steht sowohl in christlicher als auch in jüdischer Tradition.

      Als Christen feiern wir die Auferstehung Jesu Christi, die nach den Evangelien »am ersten Tag der Woche« stattfand. Gleichzeitig erleben wir den Sonntag als Teil des Wochenendes. Er gilt auch gesetzlich als letzter, also siebter Tag der Woche. Das lässt uns anknüpfen an die jüdische Tradition des Sabbat. »Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig«, so lesen wir im Schöpfungsbericht (Gen 2,3).

      Also ein Tag vollkommener Ruhe. Jesus bricht das auf, denn er heilt am Sabbat, und das nicht nur einmal. »Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat« (Mk 2,27). Welch eine Interpretation von »Tag des Herrn«: Gott ist für uns da, nicht wir für ihn!

      In diesem Bewusstsein dürfen wir den Sonntag leben. An diesem einen Tag sollen und dürfen wir das »Machen« aus der Hand geben und Gott die Initiative überlassen. Also ein »Tag des Herrn«. Mögen wir den Mut haben, Gott diese Initiative zuzugestehen!

       Veronika Jodlbauer

      Advent (I) – oder: Was auf uns zukommt!

      Das Ausrufezeichen ist wichtig! Verleitet doch die Stimmung unserer Tage oft eher zu einem bangen Fragen: Was wohl auf uns zukommt? Was wohl werden wird? Nicht ohne Grund angesichts täglicher Katastrophen und schier unlösbarer Probleme. Dennoch, der Glaube setzt ein Ausrufezeichen, kein Fragezeichen! Advent! Wir haben etwas zu erwarten, es wird tatsächlich Rettung geschehen. Nicht, weil unsereinem plötzlich die großen Lösungen einfielen, nein, weil ein Anderer, Gott selbst, in unsere menschlichen Begrenztheiten kommen will. Seine Gegenwart wird Horizonte öffnen und Verkrampftes heilen. So ist es verheißen.

      Eine große Botschaft der Hoffnung und der Zukunft! Sie befreit uns aber nicht so ohne weiteres aus unseren Ängsten und Sorgen. So trostvoll Advent daran erinnert, dass wir wirklich Heilendes erwarten dürfen, so sehr spüren wir in der Zeit vor Weihnachten, wie mühsam es sein kann, Erwartung wirklich zu leben: Weil wir besetzt sind von so vielem, weil eine Fülle von Eindrücken uns die Luft nimmt, weil Druck und Hektik nicht zur Ruhe kommen lassen.

      Da lohnt es sich, auf die liturgischen Texte im Advent zu hören, auf die Themen, die sie aufgreifen, auf die Personen, die sie vorstellen, auf die Visionen, denen sie nachgehen. Wo sie uns berühren, werden sie uns öffnen und bereit machen für das, was auf uns zukommt. Und nicht zuletzt die Musik wird solche Aufmerksamkeit und Wachheit wecken helfen. Sie lädt ein, sich dem Fest der Menschwerdung zu nähern: Auch heute hörend auf die Rufer in der Wüste oder in den Lobpreis Mariens einstimmend, der unser Leben ändern kann: Groß preist meine Seele den Herrn – voll »Freude im Herrn« in ausgelassener Besinnlichkeit der Erwartung nachspürend –, um schließlich vor den Toren Bethlehems zu stehen, wo der Stern Jakobs aufgehen wird. Auch für uns!

       Bernd Franke SJ

      Advent (II) – O Heiland,

      reiß die Himmel auf!

      In diesen Wochen singen wir wieder das alte Adventslied »O Heiland, reiß die Himmel auf«. Die Bilder, die es gebraucht, finden sich schon bei Jesaja (63,19; 45,8); die Sprache des Liedes aber steigert sie zu einem wiederholten und drängenden Rufen:

      O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab, vom Himmel lauf! Reiß ab vom Himmel Tür und Tor, reiß ab, wo Schloss und Riegel vor. O Gott, den Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ. Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.

      Gedichtet hat dieses Lied der Jesuit Friedrich von Spee 1622 in Paderborn. Es gibt die Erfahrung seines Lebens und seiner Zeit wieder. Im Land wütete der Dreißigjährige Krieg. Spee erlebte die bittere Not der Menschen, einmal wurde er selbst überfallen und schwer verwundet. In besonderer Weise erfuhr Spee menschliches Elend, als er den Opfern des Hexenwahns begegnete. Er stand ihnen bei, begleitete sie oft bis zur Hinrichtung, erhob seine Stimme in einer Streitschrift und wäre deswegen fast aus seinem Orden ausgeschlossen worden. 1635, noch nicht 45-jährig, starb Spee an einem epidemischen Fieber, das er sich bei der Pflege kranker Soldaten geholt hatte.

      Lied und Geschick des Friedrich von Spee erinnern uns daran, wie sehr wir selbst und unsere Welt noch immer ausschauen nach Heil und Erlösung. Aber wissen wir, was »Heil« ist und woher es kommt? Sind wir Menschen nicht manches Mal versucht zu sagen: Wir selbst müssen es machen?

      Aber Heil kommt letztlich nicht vom Menschen, es kommt »von oben«, von dem, der über uns Menschen ist. Der Advent macht es uns bewusst, und darum müssen und dürfen wir rufen, wie es unser Lied tut.

       Theo Beirle SJ

      Advent (III) –

      Da kommt noch etwas auf uns zu

      Schwerter zu Pflugscharen! (Jes 2,1–5). Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie fest! Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! (Jes 35,1–6). Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe (Röm 13,11).

      Die biblischen Texte zum Advent sind voller umstürzlerischer Dynamik, voller Aufbruch, voller Visionen einer neuen, nahen Zukunft. Mal ehrlich: Warten wir auf Gott? Oder worauf warten wir? Auf einen neuen Frühling der Kirche? Oder haben wir unsere Erwartungen und Wünsche schon abgelegt, weggeräumt, abgestellt und aufgegeben?

      Advent meint kein »so tun als ob«, und am Ende ist doch alles wie immer, wie in jedem Jahr. Sondern: Da kommt noch etwas auf uns zu, da ereignet sich etwas, da passiert noch etwas – und es lohnt sich zu warten, aufmerksam, gespannt, offen, frei …

      Christen und Christinnen warten nicht auf irgendetwas, sondern auf »jemanden«, darauf, dass Gott spürbar wird, heilend, befreiend, belebend – ganz konkret. Warten heißt dann: Ich setze auf mehr als auf mich, mein Tun, mein Denken, meine Macht. Ich warte darauf, dass noch etwas kommt, was meinen Horizont weit übersteigt.

      Und wie? Seit Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, führt kein Weg zu Gott am Menschen vorbei. Advent übt den Perspektivenwechsel: Vom Haben-, Besitzen- und Gelten-Wollen zum Teilen, Loslassen, Annehmen; von der Gleichgültigkeit zur Achtsamkeit, von der Egozentrik zur Solidarität. Das sind keine frommen Utopien für Tagträumer. Wer die Perspektive wechselt, verändert die Machtverhältnisse. Mögen wir adventliche Menschen werden: frei, verletzlich, mutig, echt.

      »Niemand besitzt Gott so, dass er nicht mehr auf ihn warten müsste. Und doch kann niemand