Zunehmend stellen Betriebsprüfer z. B. fest, dass satzungsmäßige Defizite vorliegen. Der betroffene steuerbegünstigte Krankenhausträger wird hiervon häufig überrascht, nicht zuletzt auch deswegen, weil die festgestellten Defizite teilweise schon länger vorliegen, ohne dass sie bisher jemals problematisiert wurden.
Das Argument, diese (vermeintlichen) Defizite hätten doch schon z. B. im Rahmen einer früheren Außenprüfung auffallen müssen und dürften deswegen jetzt (im Rahmen einer Folgeprüfung) nicht zu Konsequenzen führen, hilft nicht weiter, weil der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung33 dem Betriebsprüfer die Möglichkeit eröffnet, für jedes Kalenderjahr eine neue Beurteilung vorzunehmen.
Eine Körperschaft kann danach nur dann steuerbegünstigt sein, wenn sie in dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt. Die spätere Erfüllung einer der (bisher fehlenden) Voraussetzungen für die Steuervergünstigung kann konsequenterweise nicht auf frühere, abgelaufene Veranlagungszeiträume zurückwirken.34
Ein häufig vorkommender Fall besteht z. B. in der Ausübung von steuerbegünstigten Tätigkeiten, die nicht in der Satzung verankert sind. Betreibt z. B. der Träger eines Krankenhauses ab einem bestimmten Zeitpunkt auch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), sollte er vor der Aufnahme dieser zusätzlichen Tätigkeit (neben der schon in der Satzung verankerten Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens) als weiteren gemeinnützigen Zweck die Förderung des Wohlfahrtswesens in seine Satzung aufzunehmen.35 Wird die Satzung nicht ergänzt, ist das MVZ – zumindest – als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 1 AO) anzusehen. U. U. droht sogar der Verlust der Steuerbegünstigung wegen dieses tatsächlich ausgeübten, aber satzungsmäßig nicht vorgesehenen Wohlfahrtsbetriebs, z. B. bei länger andauernder Verlustsituation.36
Jede Satzung ist deshalb – losgelöst von »drohenden« oder angekündigten Betriebsprüfungen – in regelmäßigen Intervallen daraufhin zu überprüfen, ob sie mit den tatsächlichen Gegebenheiten noch (vollständig) in Übereinstimmung steht.37
Die für Krankenhäuser wesentlichen (aktuellen) Entscheidungen der maßgeblichen Gerichte, insbesondere des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesfinanzhofes, werden im Rahmen dieser Veröffentlichung dargestellt und für die Praxis gewürdigt, auch und gerade im Hinblick auf ein sachgerechtes und zielgerichtetes Verhalten gegenüber den Finanzbehörden. Hierbei wird aber nicht nur auf diejenigen Urteile und Beschlüsse der Finanzgerichte zurückgegriffen, die unmittelbar für Krankenhäuser bzw. Krankenhausträger ergangen sind, sondern auch auf solche Entscheidungen, die (z. B.) steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaften ganz allgemein betreffen und damit auch gemeinnützige Krankenhausträger im Besonderen.
Die Thematik dieser Veröffentlichung ist dabei bewusst offen formuliert.
Es geht um » aktuelle steuerrechtliche Probleme von Krankenhäusern« (aller Trägerarten). Dies soll verdeutlichen, dass – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit der Darstellung der Besteuerungsfragen für Krankenhäuser – bestimmte Schwerpunkte gesetzt werden.
Diskutiert werden nachfolgend Besteuerungsfragen sowohl von privaten steuerpflichtigen Krankenhäusern bzw. Krankenhausträgern als auch Besteuerungsfragen von freigemeinnützigen Krankenhausträgern bzw. von steuerbegünstigten Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft.
Im Hinblick auf die freigemeinnützigen Krankenhausträger bzw. im Hinblick auf die steuerbegünstigten Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft ist es zweckmäßig, vor der Diskussion einzelner konkreter Probleme bei einzelnen Steuerarten das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht anzusprechen, und zwar die Fragestellungen, die derzeit besonders umstritten und/oder besonders bedeutsam sind.38 Dabei wird ein Schwerpunkt auf die Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts durch das Jahressteuergesetz 2020 – JStG 2020 – vom 21.12.202039 gelegt, soweit diese für Krankenhäuser und ihre Träger von Bedeutung sind oder sein können.
Diese Vorgehensweise, zunächst das Gemeinnützigkeitsrecht zu erörtern, ist deshalb sachgerecht, weil einzelne Vorschriften des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts auch für solche Krankenhäuser bzw. Krankenhausträger eine Rolle spielen, die den Gemeinnützigkeitsstatus überhaupt nicht innehaben oder anstreben. Es ist z. B. auf die – im Gemeinnützigkeitsrecht angesiedelte – Regelung des § 67 AO zu verweisen, die den sog. » Krankenhaus-Zweckbetrieb« betrifft und die z. B. die Grundlage für die Gewerbesteuerbefreiung privater (erwerbswirtschaftlicher), nicht gemeinnütziger Krankenhäuser ist (§ 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG).
Im Anschluss an das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht sind ertragsteuerliche Fragestellungen für die drei verschiedenen Krankenhausträgergruppen zu diskutieren, also Aspekte der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer (ggf. nebst Solidaritätszuschlag) und der Gewerbesteuer.
Grundsätzlich ist hierzu festzustellen, dass häufig wechselseitige Beziehungen zwischen Gemeinnützigkeitsrecht einerseits und ertragsteuerlicher Behandlung andererseits bestehen.
Bei den steuerbegünstigten Trägern liegt im Rahmen der ertragsteuerlichen Diskussion das Schwergewicht auf der Darstellung der Vorgehensweise bei der Beurteilung von (zusätzlichen) wirtschaftlichen Aktivitäten (im Hinblick auf etwaige Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerpflichten) und – damit unmittelbar verbunden – auf der zutreffenden gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung konkreter (zusätzlicher) wirtschaftlicher Aktivitäten. Es ist beispielhaft zu verweisen auf die Überlassung von Personal und Sachmitteln an Chefärzte für deren Privatambulanzen, auf Kooperationen mit anderen stationären oder ambulanten Erbringern heilkundlicher Leistungen oder auf die Beköstigung von Patienten, Besuchern und Mitarbeitern.
Durch ein möglichst einfaches, aber gleichwohl umfassendes Prüfungsschema soll die zutreffende steuerliche Beurteilung einzelner (derzeit besonders bedeutsamer) zusätzlicher wirtschaftlicher Aktivitäten praktisch erleichtert werden.
Daneben geht es um steuerliche Überlegungen bei der Ausgliederung einzelner Aktivitäten im medizinischen oder nicht-medizinischen Bereich (» Outsourcing«) sowie um steuerliche Fragestellungen beim Wechsel der Rechtsform eines Krankenhausträgers, insbesondere bei der Überführung von Krankenhäusern in bisher kommunaler Trägerschaft in eine private Rechtsform, z. B. in eine (steuerbegünstigte) GmbH.
Anschließend werden – wiederum ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die wesentlichen umsatzsteuerlichen Fragestellungen von Krankenhäusern bzw. Krankenhausträgern diskutiert.
Dabei spielt ganz zwangsläufig die Frage des Umfangs der Steuerbefreiung bzw. der Steuerpflicht bestimmter wirtschaftlicher Aktivitäten eines Krankenhausträgers eine zentrale Rolle, wie die Rechtsentwicklungen zur Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch Krankenhausapotheken im ambulanten Bereich40 bzw. zur – noch nicht abschließend geklärten – Abgabe von Fertigarzneimitteln im ambulanten Bereich eindrucksvoll belegen.41
Außerdem ist im Hinblick auf die Umsatzsteuerbefreiung auf mögliche Abweichungen zwischen den EU-rechtlichen Vorschriften (des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. c Mehrwertsteuersystem-Richtlinie – MwStSystRL) und den nationalen deutschen Vorschriften (des § 4 Nr. 14 UStG) einzugehen sowie auf mögliche Gestaltungsspielräume, die sich wegen dieser Unterschiede eröffnen könnten.
Bei der Abgrenzung