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den Gefahrenort in meiner Landkarte rot anstreichen, um ihn beim nächsten Mal zu meiden, und dann weitergehen.

      Je mehr ich Gott liebe und ihn zum Mittelpunkt meines Lebens mache, desto größer wird auch der Abstand und Freiraum zwischen mir und den Dingen. Und gleichzeitig gilt: Frei sein von den Dingen, um frei zu sein für Gott. Nach und nach das loslassen, was ich in den Händen halte, um von Gott immer mehr das Leben in Fülle empfangen zu können.

      »Die Straße nach Bethlehem sehen« – Kostbare Informationen

      (Nicolas Conrads, Marie Raßmann)

      Bei den Treffen in unserer Magis-Gruppe, einer ignatianischen Austauschrunde, beginnen wir das Gebet mit einem Tagesrückblick. Viele Informationen haben uns während des vergangenen Tages erreicht – sollen wir auch diese im Rahmen des Rückblicks verkosten? Was meinen wir überhaupt, wenn wir von Informationen sprechen? Informiert zu sein gilt als erstrebenswert. Ausreichende Informationen sind wichtig für durchdachte Entscheidungen und nicht zuletzt für das Verständnis der Welt. Der Begriff der Informationsgesellschaft bringt auf den Punkt, welche Bedeutung sie für die Gesellschaft besitzen. Die technischen Entwicklungen ermöglichen es, große Datenmengen zu sammeln und zu analysieren. In der Medizin wie auch in der Werbung werden damit Angebote auf die individuelle Person zugeschnitten. Big Data ist das Stichwort – auf unsere persönlichen Daten wird im Modus der (kommerziellen) Verwertbarkeit zugegriffen. Die Informationstheorie schließlich beschreibt Information als das Neue einer Mitteilung gegenüber dem schon bekannten Inhalt. Der informative Gehalt einer Mitteilung ist umso größer, je geringer der schon bekannte Inhalt ist.

      Also nochmal zusammengefasst: Erstens, mehr Informationen sind besser! Zweitens, Informationen können zu bestimmten Zwecken verwertet werden, und drittens, ›Information‹ dient als Gegenbegriff zu Wiederholungen und Bekanntem. In diesem Verständnis sind Informationen die äußere und beschreibbare, auch operationalisierbare Seite eines Sachverhalts.

       Kann man Informationen überhaupt verkosten?

      Wie kann man also Informationen – diese im obigen Verständnis so technischen und zweckmäßigen Inhalte – verkosten? Verkostet man nicht eher das gute Gespräch mit der Schwester oder einem Freund? Doch spricht man in einem solchen Fall nicht von einer verkosteten Information, sondern von einer Begegnung, die in einem nachhallt und zu der man in der Erinnerung zurückkehrt. Gehen uns Informationen existenziell einfach zu wenig an?

      Sollen wir solche vergleichsweise äußerlichen Informationen also überhaupt verkosten? Oder ist es richtig, die Trennung zwischen trockener Information und den inneren Regungen, Gefühlen, Beziehungen zu anderen Menschen aufrechtzuerhalten?

       Die wandelnde Kraft der zu verkostenden Information

      Dass wir, die Autoren des Textes, eine andere Haltung vertreten, hat schon der Titel des Artikels verraten: Auch in Informationen steckt Köstliches! Das Verkosten kann zu drei Wandlungen führen: hinsichtlich der Information, hinsichtlich meiner Person und meines Blickes auf Gottes Präsenz in der Welt.

      Um sich erstens an die Wandlung der Informationen heranzutasten, lohnt sich ein Blick in das Exerzitienbuch von Ignatius: auf die Mühe, die Ignatius darauf verwendet, den Schauplatz der (biblischen) Betrachtungen zuzurichten. Interessanterweise parallelisiert er dabei die Betrachtung sichtbarer und unsichtbarer Gegenstände und erachtet beide als wichtig (vgl. EB 47). Bei den sichtbaren Gegenständen besteht die Zurichtung des Schauplatzes darin, »mit der Schau der Einbildung den leiblichen Ort zu sehen, an dem sich die zu betrachtende Sache befindet« (EB 47). Dieser Ort kann beispielsweise ein Tempel sein oder der Berg, auf dem Jesus sich befindet. Ignatius geht es dabei um eine detaillierte Betrachtung der äußeren Gegebenheiten: »Hier mit den inneren Augen die Straße von Nazareth nach Betlehem sehen, ermessend ihre Länge und Breite, und ob der Weg eben ist oder durch Täler und über Hügel führt. Ebenso die Stätte oder Höhle der Geburt betrachten, wie geräumig, wie eng, wie niedrig, wie hoch sie ist, und wie ihre Ausstattung war« (EB 112). Die genauen Abmessungen werden von Ignatius nicht als unbedeutend für das ›Eigentliche‹, die Betrachtung Jesu, abgetan. Vielmehr werden sie mit großer Sorgfalt behandelt und gelten als wichtige Zugänge zu ihm. Trifft Ignatius damit nicht den zentralen Punkt, dass wir Menschen das Entscheidende nicht anders erfassen können als durch die Annäherung über die Welt mit allem Äußerlichen, was zu ihr gehört? Das Verkosten gibt der Information eine neue Bedeutung. Man könnte sagen: Die Information selbst wird gewandelt. Die Straße in ihren Ausmessungen wird zu der bedeutsamen Straße, auf der Jesus gelaufen ist, die Details der Parkbank werden wichtig als der Ort, an dem ich ein wichtiges Gespräch führte, etc.

      Eine solche angeeignete Information kann zweitens auch mich wandeln. Die Aneignung von äußerlich erscheinenden Informationen wie dem Bild der Parkbank zeigt mir, an welchen ganz konkreten Platz ich in die Welt gestellt bin und wo ich meine Erfahrungen mache. Indem ich das vor der Perspektive Gottes verkoste, kann mir deutlich werden, dass ich in meinem an bestimmten Punkten in der Welt verankerten Leben von Gott getragen bin.

      Damit geht es um den dritten Punkt: Gottes Präsenz in der Welt. Ignatius nimmt mit der dargestellten Komposition des Schauplatzes die Welt in ihren verschiedenen Dimensionen ernst. Die Fleischwerdung des göttlichen Sohnes bedeutet nichts anderes: die Annahme und Erlösung der Welt durch Gott. Wenn Gott die Realität der Welt so ernst nimmt, dürfen, ja sollen wir dies auch tun. Gott lässt sich nicht nur in außergewöhnlichen Erfahrungen finden, sondern er stellt die Tiefendimension jeder Erfahrung dar, sofern wir unser Leben vor dem Horizont Gottes deuten. Das Verkosten der Welt in ihren verschiedensten Informationsgehalten ist die Einübung in ein solches Verständnis der Präsenz Gottes.

       Verkostung konkret!

      Was kann das für meine Gebetspraxis heißen, insbesondere für die Praxis des Tagesrückblicks? Damit Informationen verschiedener Art bedeutsam werden und damit auch verwandelnde, sinnstiftende Kraft entfalten können, müssen wir in mancher Hinsicht anders mit ihnen umgehen, als es in unserem Alltag oft der Fall ist. Drei Anregungen können dabei helfen:

      1. »Nicht das Vielwissen sättigt die Seele, sondern das Fühlen und Verkosten der Dinge von innen« (EB 2). Statt alles auf einmal aufnehmen zu wollen, lieber einzelne Informationen in der Tiefe verkosten. Einfach mal den Versuch wagen, einen Moment länger bei der Straße, auf der ich heute gelaufen bin, oder bei der Temperatur, die es draußen hatte, zu verweilen.

      2. Das heißt auch, dass wir uns nicht vor Wiederholungen und schon Bekanntem fürchten müssen. Der Informationsgehalt kann genau im Bekannten liegen, welches wir uns neu aneignen. Das Wiederholen schafft Bedeutung und Verstehen, führt uns ins Weite. Eine eher methodische Aussage im Exerzitienbuch lautet: »Für den sich Übenden ist es gut, dass er während der ersten Woche nichts von dem erfährt, was er in der zweiten Woche zu tun haben wird, sondern dass er in der ersten so sehr sich bemühe, das zu erlangen, was er sucht, als ob er in der zweiten Woche nichts Gutes mehr zu finden hoffte« (EB 11). Kann ich den jetzt vor mir stehenden Inhalt so betrachten, als ob ich in ihm alles Gute und Bedeutende erfahre, ohne schon auf das Nächste zu blicken?

      3. Alle meine Sinne in meinen Rückblick miteinbeziehen und damit verschiedene Zugänge zur Welt bekommen (EB 66ff. und 122ff.).

       Der Zielpunkt des Verkostens: allumfassende, weltweite Liebe

      Zum Abschluss soll mit zwei Stellen aus den Brüdern Karamasow ein Zielhorizont, ein Sehnsuchtspunkt angezeigt werden, zu dem solches Verkosten führen kann. In den Belehrungen des Starez Sossima im sechsten Buch heißt es: »Jüngling, vergiss das Gebet nicht. Jedes Mal wird in deinem Gebet, wenn es aufrichtig ist, ein neues Gefühl aufleuchten und in ihm ein neuer Gedanke, den du vorher nicht kanntest und der dich von neuem ermutigt; und du wirst erkennen, dass das Gebet eine Erziehung ist.«4 Als ein Weg dahin wird einige Sätze weiter beschrieben: »Liebet die ganze Schöpfung Gottes, das Ganze und jedes Sandkörnchen. Jedes Laubblatt und jeden Lichtstrahl Gottes. Liebet die Tiere, liebet die Pflanzen, liebet ein jegliches Ding. Wenn du ein jegliches Ding liebst, wird dir das Geheimnis Gottes in den Dingen offenbar werden. Wird es dir einmal offenbar, dann wird es dir immer wieder offenbar werden, je länger, desto mehr, Tag für Tag. Und endlich wirst du